Minifest 2017 in Luzern
Schweiz

Ein Blick auf 2017 jenseits von Ranft und Reformation

Zürich, 27.12.17 (kath.ch) Die beiden grossen Jubiläen – 600 Jahre Niklaus von Flüe und 500 Jahre Reformation – prägten dieses Jahr die Schlagzeilen kirchlicher Medien. Darüber hinaus beschäftigten angekündigte und verschobene Rücktritte, Genderfragen und die Jugend die Redaktion und die Leserschaft von kath.ch. Ein thematischer Rückblick ohne Anspruch auf Objektivität.

Sylvia Stam

Die Jugend hat 2017 das erste und das letzte Wort: Am 31. Dezember 2016 wurde in Riga bekannt, dass das internationale Taizétreffen zum Jahreswechsel 2017/2018 in Basel stattfinden würde. Seit Monaten laufen die Vorbereitungen für das Treffen, das dieser Tage über die Bühne geht. 20’000 Menschen werden erwartet, rund 100’000 Personen sind insgesamt involviert.

Minifest 2017 in Luzern | © Georges Scherrer

Zeitgleich findet zum Jahreswechsel die «Explo 17» statt, ein freikirchlicher Grossevent, an welchem auch Gottfried Locher, Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds (SEK), und der Basler Bischof Felix Gmür einen Auftritt haben werden. Am gleichen Ort, nämlich in der Messehalle Luzern, fand dieses Jahr auch das Minifest statt, bei dem einzigartigerweise auch Mädchen für zehn Minuten Schweizergardistinnen werden konnten. Rund 8000 mehrheitlich junge Besucherinnen und Besucher zog das vielfältige Programm an.

«Papst Franziskus wirkte nett und sympathisch.»

Sternsinger vor ihrem Auftritt bei der SBK | © Vera Rüttimann

Am 1. Januar dieses Jahres feierte erstmals eine Gruppe Schweizer Sternsinger eine Messe mit dem Papst in Rom. Franziskus wirke «nett und sympathisch», sagte Sternsingerin Carole Zäch (12) aus Oberriet dazu gegenüber kath.ch. Auch am Neujahrstag 2018 wird eine Schweizer Delegation, diesmal aus dem aargauischen Leibstadt, das neue Jahr beim Papst in Rom beginnen. Eröffnet wurde die diesjährige Sternsingeraktion anfangs Dezember durch eine Gruppe aus dem luzernischen Gettnau, welche die Schweizer Bischöfe an ihrer Vollversammlung in Engelberg mit ihrem Gesang beglückte.

Dass die Jugend auch 2018 ein wichtiges Thema der Kirche bleibt, dafür sorgt die Jugendsynode, die vom 3. Oktober bis zum 28. Oktober 2018 im Vatikan stattfinden wird. Noch bis Ende dieses Jahres können Jugendliche zwischen 16 und 29 Jahren an der Umfrage zur Synode teilnehmen.

Gendercomic und «Genderismus»

Gender ist in der katholischen Kirche ein umstrittenes Thema, das auch im zu Ende gehenden Jahr für Schlagzeilen sorgte. Während feministische Theologinnen in einem Comic Aufklärungsarbeit zu leisten versuchten, wetterte die deutsche Autorin Birgit Kelle im Auftrag des Churer Bischofs Vitus Huonder gegen den «Genderismus». Das Schreiben zum Menschenrechtstag rief zahlreiche Kritiker auf den Plan.

Comic in «Let’s talk about gender» | © Kati Rickenbach

Die in Deutschland eingeführte «Ehe für alle» führte auch hierzulande zu Diskussionen in kirchlichen Kreisen. Eine Umfrage zeigte allerdings auch, dass ein solches Begehren durchaus mehrheitsfähig sein könnte. Eine eigene Seelsorge für Menschen «mit anderer sexueller Orientierung» führte das Bistum Basel im Mai ein: Die Regenbogenpastoral richtet sich an Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transpersonen und Intersexuelle. Trotz dieser Offenheit zeigten dieses Jahr mehrere Fälle, dass sich die Kirchen mit der Anstellung Homosexueller auf allen Ebenen immer noch schwer tun.

Amtsverlängerung und angekündigter Rücktritt

Am 21. April wurde der Churer Bischof Vitus Huonder 75 Jahre alt und reichte deshalb beim Papst seinen Rücktritt ein. Über seine Nachfolge war im Vorfeld heftig spekuliert worden. Gross war die Überraschung, als der Papst die Amtszeit Huonders um zwei Jahre verlängerte.

Bistum Zürich Benno Schnüriger, Präsident des Synodalrats der Katholischen Kirche im Kanton Zürich| © Arnold Landtwing

Seinen Rücktritt angekündigt hat dieses Jahr auch Benno Schnüriger, seit 2007 Synodalratspräsident der katholischen Kirche im Kanton Zürich. Er will im März 2018 aus persönlichen Gründen von diesem Amt zurückzutreten.

Die einseitige Kündigung des Vertrags der bikantonalen Fachstelle katholisch bl.bs durch Baselland wirbelte dieses Jahr viel Staub auf und führte zu einem Protestrücktritt aus dem Landeskirchenrat Baselland.

Enthüllungsbuch und Traumakonferenz

Im Februar sorgte ein Buch über sexuellen Missbrauch für Schlagzeilen. In der Autobiografie «Pater, ich vergebe Euch», im Original auf Französisch, seit August auch auf Deutsch erhältlich, schildert der ehemalige Ministrant Daniel Pittet den jahrelangen sexuellen Missbrauch durch einen Kapuziner.

Enthüllungsbuch von Daniel Pittet | © Sylvia Stam

Im November trat die Schweizer Bischofskonferenz als Sponsorin an einer Konferenz für Traumatherapeuten auf und war dort auch mit einem eigenen Stand vertreten. Martin Werlen, Alt-Abt von Einsiedeln, und der Basler Bischof Felix Gmür referierten zudem an der Tagung.

An ihrer Vollversammlung entschieden die Schweizer Bischöfe zudem, den Fonds für Genugtuung für verjährte Fälle um weitere 300’000 Franken aufzustocken.

USR III, Rentenreform und No Billag

Kirchliche Akteure nahmen 2018 mehrmals Stellung zu Abstimmungen. So wehrten sich Kirchenvertreter gegen die Unternehmenssteuerreform (URS III), welche im Februar vom Stimmvolk verworfen wurde. Vergeblich kämpfte der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) für die Rentenreform, von der sich der SKF Vorteile für die Frauen erhoffte. Die Stimmbevölkerung schickte die Vorlage im September bachab.

Am 4. März 2018 wird über die No-Billag-Initiative abgestimmt. Schon jetzt läuft die Debatte dazu heiss. Die SBK ebenso wie die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (RKZ) warnen vor einer Annahme der Initiative. Sie sorgen sich um den Schutz der sprachregionalen Minderheiten und sehen den nationalen Zusammenhalt gefährdet.

Ebenfalls zur Abstimmung kommen wird ein nationales Burkaverbot. Die Initiative wurde im September eingereicht. Der Bundesrat hat sich dagegen ausgesprochen und einen indirekten Gegenvorschlag vorgelegt. Nach dem Tessin hat sich dieses Jahr der Kanton St. Gallen für ein kantonales Verbot ausgesprochen. Die linken Jungparteien des Kantons St. Gallen haben allerdings das Referendum dagegen ergriffen.

Das Ringen mit der Versuchung

Ausgelöst durch eine Initiative der französischen Bischöfe wurde in den letzten Monaten eine heftige Debatte um die sechste Bitte im Vaterunser vom Zaun gerissen. Die Zeile «Und führe uns nicht in Versuchung» wurde im Französischen abgeändert. Statt «Et ne nous soumets pas à la tentation» (wörtlich: Und unterwirf uns nicht der Versuchung)  heisst es in Frankreich seit dem 1. Dezember «Ne nous laisse pas entrer en tentation» (wörtlich: Und lass uns nicht in die Versuchung eintreten). Während die Reformierten in der Westschweiz über eine Zustimmung zu dieser Variante diskutieren, hat der Papst die Frage aufgeworfen, ob Gott überhaupt in Versuchung führen könne. Freude über diese mediale Aufmerksamkeit für das christliche Gebet zeigte der Liturgiker Peter Spichtig.

Die beiden grossen Jubiläen

keine Zweitverwendung! - Sonst nachfragen, bezahlen Gottfried Locher und Felix Gmür an der ökumenischen Gedenkfeier | © Sibylle Kathriner

In kirchlichen Medien dominierend waren dieses Jahr die beiden grossen Jubiläen 600 Jahre Niklaus von Flüe und 500 Jahre Reformation. Unvergessen bleiben etwa die Entschuldigungen und die Umarmung von SEK-Ratspräsident Gottfried Locher und dem Basler Bischof Felix Gmür am 1. April in Zug. Die Reformationsausstellung in Wittenberg blieb allerdings trotz des ökumenisch geführten Schweizer Pavillons hinter den Erwartungen zurück.

Als voller Erfolg dürfen demgegenüber zahlreiche Projekte des Trägervereins «Mehr Ranft» zum 600. Geburtstag von Niklaus von Flüe gewertet werden. Zu nennen wären hier etwa der Staatsakt vom 30. April mit der eindrücklichen Rede des Germanisten Peter von Matt, das Visionsgedenkspiel, welches über 11’000 Besucher anlockte, sowie das mobile Erlebnis, welches den Eremiten in zahlreiche Schweizer Städte brachte.


 

Minifest 2017 in Luzern | © Georges Scherrer
27. Dezember 2017 | 12:02
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