Thierry Moosbrugger (rechts) hat Tom Ryser (Mitte) zum Theater "Jesus Christ Superstar" befragt
Schweiz

Die Existenz der Fachstelle katholisch bl.bs steht auf dem Spiel

Basel, 20.5.17 (kath.ch) Die in Basel situierte kirchliche Fachstelle katholisch bl.bs ist in ihrer Existenz bedroht. Die römisch-katholische Landeskirche Baselland hat am Donnerstag die Kündigung des Vertrags bekannt gegeben. Sie begründet dies mit Umstrukturierungen aufgrund der Pastoralraumbildung und mit anderen Bedürfnissen auf dem Land. Einige involvierte kirchliche Stellen fühlen sich übergangen, wie Reaktionen zeigen.

Die Kündigung des Vertrags bedeutet das Aus für die Fachstelle bl.bs – sofern nicht doch noch eine Lösung gefunden wird. «Wir können die Fachstelle nicht alleine weiterführen, und zwar primär aus finanziellen Gründen», erklärt Christian Griss, Kirchenratspräsident der römisch-katholischen Kirche Basel-Stadt gegenüber kath.ch. Für die betroffenen Mitarbeitenden würden aber Lösungen gesucht. Die beiden Kantonalkirchen sind bisher für die Finanzierung der Fachstelle verantwortlich.

Die Landeskirchenrat Baselland wollte seinen Vertrag bezüglich der Fachstelle bl.bs bereits per Ende 2017 kündigen. Auf Wunsch des Kirchenrats der römisch-katholischen Kirche Basel-Stadt verlängerte er die Kündigungsfrist auf den 30. Juni 2018.

Ein Jahr Zeit für Lösungen

«Nun haben wir genau ein Jahr Zeit, um Lösungen zu finden», erklärt Martin Kohler, Verwalter und Informationsbeauftragter der Landeskirche Baselland. Der Entscheid sei im Hinblick auf die Pastoralraumbildung gefallen, die in eineinhalb Jahren vollbracht sein soll, so Kohler.

Die Pfarreien in der Stadt Basel sollen bis dahin in einem Pastoralraum zusammengefasst sein, in Baselland in sieben Pastoralräumen. Die bisher von der Fachstelle realisierten Angebote sollen neu «auf die Bedürfnisse der neuen Pastoralräume und Seelsorgeeinheiten mit dezentral organisierten Kirchenstrukturen ausgerichtet werden», heisst es in der Mitteilung der Landeskirche Baselland.

Sehr unterschiedliche Kantone

Man wolle die Angebote «nicht streichen», sondern auf die Bedürfnisse der Katholikinnen und Katholiken im Kanton Basel-Landschaft ausrichten, erklärt Kohler. Die Bedürfnisse auf dem Land seien anders als in der Stadt. Ziel der Vertragskündigung ist gemäss dem Informationsbeauftragten: «Wir möchten unseren Verhandlungsspielraum erweitern.»

Der Kirchenratspräsident von Basel-Stadt ist vom Entscheid der Baselbieter Kirche an der gemeinsamen Sitzung vom Donnerstag «überrascht worden», wie Griss gegenüber kath.ch sagt. Doch er könne die Beweggründe verstehen. Basel-Stadt und Basel-Landschaft seien sehr verschiedene Kantone, die in vielen Bereichen unterschiedliche Bedürfnisse hätten, auch in der Diakonie. Griss erwähnt die Seelsorge im Tabubereich (Sita), die einem städtischen Bedürfnis entspreche. Die Sita ist eine Projektstelle der Römisch-Katholischen Landeskirchen Baselland und Basel-Stadt und als solche in die Fachstelle katholisch bl.bs eingegliedert.

Kritik am Entscheid

Die Mitarbeitenden der Fachstelle sind am Freitagmorgen über die Vertragskündigung informiert worden. Der Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit, Thierry Moosbrugger, hält sich auf Anfrage an ein Schweigeabkommen. Die Fachstelle selbst kritisiert den Entscheid auf ihrer Facebook-Seite mit dem Hinweis: Der Landeskirchenrat Baselland habe bei diesem Entscheid «explizit sämtliche pastoralen basellandschaftlichen und basel-städtischen Gremien ebenso wie den Bischofsvertreter ausgeschlossen, welche diese bikantonale, themenübergreifende und innovative Stelle ermöglicht hatten».

Auch das Dekanat Basel-Stadt und die Pastoralkonferenz Basel-Landschaft zeigten sich in ihrem Mail vom 19. Mai an die Seelsorgenden alles andere als erfreut. «Wir sind empört und schockiert über das Vorgehen», schrieben deren Vertreter Hanspeter Lichtin und Monika Hungerbühler, wie kath.ch nachlesen konnte. Und sie kritisierten, von der Entscheidungsfindung in dieser Sache ebenso ausgeschlossen worden zu sein wie Bischofsvikar Christoph Sterkman, der zur Zeit in Israel weile. Auch die Steuergruppe der Fachstelle, die für deren Ausrichtung verantwortlich ist, hatte gemäss Lichtin und Hungerbühler «keine Ahnung und war nicht in den Entscheid involviert».

In die Zukunft führende Konzepte

Fachstelle katholisch bl.bs wurde im Januar 2013 und als unbefristete kirchliche Stelle in Betrieb genommen. Gemäss ihrem «Pastoralen Konzept» soll die Fachstelle «prophetisch-kritisch kirchliche Argumente in die gesellschaftliche Diskussion tragen und die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in kirchlichen Institutionen für gesellschaftliche Strömungen und Auseinandersetzungen sensibilisieren». Dies soll sie insbesondere in den Bereichen Bildung, Diakonie, Spiritualität und Öffentlichkeitsarbeit realisieren. In allen Bereichen werden von ihr neue, in die Zukunft führende Konzepte erwartet.

Thierry Moosbrugger (rechts) hat Tom Ryser (Mitte) zum Theater «Jesus Christ Superstar» befragt | © Hans Merrouche
20. Mai 2017 | 10:58
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