Bischofsstab
Schweiz

Wer wird wohl neuer Bischof in Chur? – Kirchenvertreter nennen Namen

Zürich, 23.4.17 (kath.ch) Wer könnte Nachfolger von Bischof Vitus Huonder werden, der am Freitag Papst Franziskus seinen Rücktritt angeboten hat? kath.ch hat bei einigen Personen im katholischen Milieu nachgefragt. Längst nicht alle wollten sich jedoch an dem «Ratespiel» um den künftigen Churer Oberhirten beteiligen.

Barbara Ludwig

Franz Stampfli aus Zürich nannte ohne Umschweife, welche Männer er für potentielle Kandidaten für das Amt des Bischofs von Chur hält. Als dienstältestes Mitglied des Churer Domkapitels gehört der Priester dem Gremium an, das aus einer vom Vatikan erstellten Liste mit drei Kandidaten den künftigen Bischof wählen wird.

Als Kandidaten für eine Übergangszeit geeignet seien der gegenwärtige Generalminister der Kapuziner, Mauro Jöhri (69), und Domherr Joseph Maria Bonnemain (68), Offizial im Bistum Chur und Mitglied des «Opus Dei». Stampfli bezeichnete beide als «gute Priester und Seelsorger», die mit der Situation in der Diözese Chur vertraut seien. Ein Vorteil sei zudem, dass sie aufgrund ihres Alters «nicht allzu lange» Bischof sein würden.

Stampfli votiert für Äbte

Als potentielle Kandidaten für eine «längerfristige Lösung» sieht Stampfli zwei Benediktineräbte, und zwar Abt Urban Federer (48) vom Kloster Einsiedeln und Abt Christian Meyer (50) vom Kloster Engelberg. Diözesanpriester haben aus Sicht von Stampfli «keine Chancen». «Entweder sind sie dem Nuntius zu links oder mir zu rechts», stellte er fest.

Hugo Gehring, Dekan des Dekanates Winterthur, hält den Pfarrer von Unteriberg SZ, Roland Graf, für den «wahrscheinlichsten Kandidaten». Als Sekretär des Churer Priesterkreises, der auch dem Domkapitel angehört, dürfte dieser ganz hinter der noch amtierenden Churer Bistumsleitung stehen.

«Ich glaube, das wichtigste Kriterium für den Nuntius und die Bischofskongregation in Rom ist, dass die kirchliche Linie von Bischof Vitus Huonder in der Schweizer Bischofskonferenz weitergeht», begründete Gehring seine Einschätzung. Zudem komme als Bischof nur jemand in Frage, der Martin Grichting als Generalvikar im Amt belässt. Dies wäre bei Graf der Fall. Zudem stimme bei Graf, geboren 1961, der Jahrgang.

De Raemy als Favorit «von Chur nahestehenden Kreisen»?

Eine «gewisse Möglichkeit» räumt Gehring auch dem Westschweizer Weihbischof Alain de Raemy (58) ein. Denn die aufgezählten Kriterien träfen auch bei dem ehemaligen Kaplan der Päpstlichen Schweizergarde zu. Gehring selber wäre mit Graf oder de Raemy als neuem Bischof von Chur nicht glücklich. Denn beide Kandidaten würden nach seiner Einschätzung «die Polarisierung und Spaltung im Bistum Chur, die Geringachtung des Berufstandes der Pastoralassistentinnen und – assistenten sowie die Ablehnung des ‘dualen Systems’  fortsetzen».

Graf und de Raemy zählten zu den Geistlichen, die «von Chur nahestehenden Kreisen» immer wieder als mögliche Kandidaten genannt werden, sagte auch Martin Kopp, Generalvikar für die Urschweiz, gegenüber kath.ch. Weiter gehören Generalvikar Martin Grichting und Andreas Fuchs, Generalvikar für Graubünden, laut Kopp zu den in diesen Kreisen gehandelten Kandidaten. De Raemy würden am meisten Chancen eingeräumt.

Kopp und Inderbitzin schweigen

Kopp weigerte sich aber, Persönlichkeiten zu nennen, die er selber für valable Kandidaten hält. «Ich könnte Kandidaten nennen, verzichte aber darauf, weil ich weiss, dass sie ‘abgeschlachtet’ würden.» Denn eine Namensnennung seinerseits würde als Kontra-Indikation betrachtet, erklärte Kopp. Das Auftreten des Churer Bistumssprechers Giuseppe Gracia als anonymer Informant in Medienberichten zum Missbrauchsfall Joël Allaz zeigt laut Kopp, dass das Risiko real ist.

Auch Werner Inderbitzin, Präsident des Kirchenvorstandes der Römisch-katholischen Kantonalkirche Schwyz, wahrt Zurückhaltung. Er werde seine Kandidaten dem Nuntius persönlich mitteilen. «Öffentlich möchte ich keine Namen nennen, das ist mir zu heikel. Es könnte kontraproduktiv sein», begründete er seine Haltung.

Bräuchte es einen «Superman», den es nicht gibt?

Daniel Krieg, Dekan des Dekanates Uri, gestand, dass er sich «ziemlich den Kopf zerbrochen» habe und dennoch keine Namen nennen könne. «Denn in der jetzigen Phase bräuchten wir einen Bischof, der gleichsam ein ‘Superman’ sein müsste», sagte der Dekan. Dem künftigen Bischof von Chur falle die schwierige Aufgabe zu, das Bistum zu befrieden, was angesichts der bestehenden Gräben nahezu eine «Herkulesaufgabe» darstelle.

Urs Gaupp, Präsident des Corpus Catholicum der Katholischen Landeskirche Graubünden, gab sich zugeknöpft. Er überlasse die Nachfolge gerne den zuständigen Instanzen, dem Bistum, dem Nuntius und dem Vatikan. «Ich habe volles Vertrauen, dass die zuständigen und verantwortlichen Personen die richtige Wahl treffen für das Bistum Chur.»

Auch Martin Iten, bei der katholischen Medienplattform Fisherman.FM für Marketing und Design zuständig, möchte nicht spekulieren. Aus Bescheidenheit – der junge Katholik traut sich nicht zu, aus seiner «mickrigen Perspektive» in einer solch komplexen Lage ein Urteil zu bilden – und «weil ich ein riesiges Vertrauen in Papst Franziskus und – ein noch grösseres – in den Heiligen Geist habe», teilte er mit. Iten engagiert sich auch in der ARGE Weltjugendtag.

Nicht betroffene und nicht involvierte Institutionen

Daniel Kosch, Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ), möchte sich «an diesem Ratespiel» nicht beteiligen, antwortete er auf die Anfrage von kath.ch. «Als gesamtschweizerische Einrichtung arbeitet die RKZ mit der Schweizer Bischofskonferenz zusammen und äussert sich nur dann zu Fragen, die die Bistümer betreffen, wenn sie davon konkret mitbetroffen ist.»

Auch Benno Schnüriger, der Präsident des Synodalrates der Katholischen Kirche im Kanton Zürich, «beteiligt sich nicht an Spekulationen über mögliche Kandidaten für das Bischofsamt», wie er auf Anfrage ausrichten lässt. Die Körperschaft sei nicht in den Wahlprozess involviert.

Bischofsstab | © KNA
23. April 2017 | 06:30
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!