Rauchzeichen
Joseph Bonnemain, René Brülhart, Franz Xaver Bischof: Was diese Woche wichtig wird
Das Massaker von Butscha bewegt die EU zu weiteren Sanktionen gegen Russland – zieht die Schweiz mit? Joseph Bonnemain, der «Meister im Ausweichen», muss diese Woche Farbe bekennen. Im Vatikan steht der Finanzexperte René Brülhart vor Gericht. Und St. Gallen feiert sein Bistumsjubiläum.
Raphael Rauch
Es gäbe viel zu sagen über Franziskus’ Malta-Reise. Etwa über die herzliche Begegnung mit dem Franziskaner Dionysius Mintoff, der 1971 ein Friedens-Labor gegründet hat und sich um Geflüchtete kümmert. Dionysius Mintoff gilt auch als «Spiritus Rector» der franziskanischen Friedensarbeit bei den Vereinten Nationen in Genf und New York – eine Arbeit, die in Zeiten wie diesen wichtiger denn je ist.
Womit wir beim Massaker von Butscha wären. Verstörende Bilder gehen um die Welt. Sie rufen Erinnerungen an andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit wach.
Kyrill erinnert die russischen Soldaten an ihren Eid
Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. zeigte sich am Sonntag jedoch wieder einmal unbeeindruckt. Zwar sagte er, man müsse alles dafür tun, um das Blutvergiessen zu stoppen. Er erinnerte die russischen Soldaten aber zugleich an ihren Eid, «unser Leben für unsere Freunde hinzugeben, wie es das Wort des Allmächtigen besagt».
Nach den Bildern aus Butscha hat die EU weitere Sanktionen gegen Russland angekündigt. Noch sind keine Details bekannt. Doch schon jetzt stellt sich die Frage, warum die Schweiz nicht mehr macht, um den Druck auf Putin zu erhöhen.
Bonnemain in Barcelona
Bischof Joseph Bonnemain war, wie seinem Facebook-Account zu entnehmen ist, ein paar Tage Sonne tanken – und zwar in seiner Geburtsstadt Barcelona. Er flanierte auf den Ramblas, machte ein Foto vom «Cafe Zurich» – und besuchte die Kathedrale.
Die Kraft kann der Bischof von Chur wohl gebrauchen, hat er heute und morgen schliesslich die wichtigsten Medienkonferenzen seines bisherigen Episkopats vor sich. Heute ist in Lausanne der Auftakt des Pilotprojekts «Sexuelle Ausbeutung im Umfeld der katholischen Kirche in der Schweiz».
Pilotprojekt mit «Oral History»?
Mit Spannung wird erwartet, wie das Pilotprojekt genau abgesteckt wird, wie die Forschenden der Universität Zürich konkret unterstützt werden – und wie diese sich zum Thema «Oral History» verhalten.
«Früher war es gang und gäbe, heikle Gespräche nur mündlich zu führen. Von daher liefern die Akten nur einen Teil der Wahrheit. Ich hoffe, dass die Studie auch Methoden der ‘Oral history’ einsetzt und zum Beispiel die Personalchefs und Generalvikare interviewt», sagte schon letztes Jahr der ehemalige Generalvikar des Bistums Lausanne, Genf und Freiburg, Nicolas Betticher. Er steht mit seinem Wissen den Forschenden zur Verfügung – doch werden sie es abrufen?
Karin Iten fordert von Bischof Bonnemain Veränderung
Am Dienstag folgt die Vorstellung des neuen Verhaltenskodex des Bistums Chur. Spätestens dann wird es Bischof Joseph Bonnemain wohl nicht mehr gelingen, ein «Meister im Ausweichen» zu sein – diese Beschreibung stammt von SRF-Religionsredaktorin Nicole Freudiger. Am Dienstag muss der Bischof Farbe bekennen.
Die Präventionsbeauftragte des Bistums Chur, Karin Iten, hat in der Zürcher Paulus-Akademie klar gesagt, dass der Verhaltenskodex die gängige kirchliche Personalpolitik herausfordert: «Das Intimleben geht die Arbeitgeberin Kirche nichts an. Es ist beschämend und grenzverletzend, am Arbeitsplatz darüber Auskunft geben zu müssen. Zum Beispiel, ob ein Priester zölibatär lebt oder nicht. Oder ob eine Seelsorgerin geschieden oder lesbisch ist», sagte Karin Iten im März.
Pfarrer Mario Pinggera: Bonnemain «muss sich entscheiden»
Letzten Freitag hat Pfarrer Mario Pinggera nachgelegt: «Für mich ist klar: Joseph muss sich entscheiden. Entweder er will den Verhaltenskodex. Oder er will ihn nicht. Wenn er ihn unterschreibt, darf kein Generalvikar oder sonst wer mehr nach der Lebensform fragen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ein bischöflicher Auftrag etwas mit dem Schlafzimmer zu tun hat.»
Wird Bischof Joseph Bonnemain eine offizielle Zeitenwende im Bistum Chur einläuten – und sich vielleicht an Kardinal Marx orientieren? Wird er wieder Ausweichen in Form eines «Wir müssen jeden Fall einzeln anschauen»? Oder pfeift er seine Präventionsbeauftragte zurück? Und was sagen die Kantonalkirchen, die ebenfalls hinter dem Verhaltenskodex stehen? Wir werden berichten.
René Brülhart vor Gericht
Am Dienstag steht René Brülhart in Rom vor Gericht – die vatikanische Justiz wirft ihm Amtsmissbrauch vor. Verglichen mit den anderen Angeklagten rund um die Vatikan-Finanzaffäre, darunter Kardinal Giovanni Angelo Becciu, wirkt die Anklageschrift bei René Brülhart fast schon ein wenig blass.
Es geht nicht um Geld für eine «diplomatische Beraterin» aus Sardinien, die das Geld für Luxus-Handtaschen brauchte. Bei René Brülhart geht es «nur» um Amtsmissbrauch. Was genau darunter zu verstehen ist – die Anklageschrift gibt darüber nichts her. Vielleicht wissen wir am Dienstag mehr.
Diskussion in der Paulus-Akademie
Am Dienstagabend kommen Renata Asal-Steger, Franziska Driessen-Reding und Walter Kirchschläger in der Zürcher Paulus-Akademie zusammen. Nicht zu einer Podiumsdiskussion, sondern zu einem Gespräch in Lounge-Atmosphäre, also in direkter Interaktion mit den Gästen.
Das Thema lautet: «Wie aus ‘Laien’ Kirche wird: Als Getaufte gemeinsam auf dem Weg.» Dieses Anliegen beschäftigt den emeritierten Neutestamentler Walter Kirchschläger ebenso wie die Präsidentinnen der Luzerner und der Zürcher Kantonalkirche, Renata Asal-Steger und Franziska Driessen-Reding.
Simon Peng-Keller diskutiert zum Kinofilm «(Im)mortels»
Leider kollidiert dieser Termin mit einem anderen schönen Termin: Der Premiere, pardon, «Vorpremiere» des Films «(Im)mortels». Der Film stellt die Frage: Gibt es ein Leben nach dem Tod? Die Regisseurin Lila Ribi begleitete zehn Jahre lang ihre Grossmutter Greti bis zu ihrem Tod. Über den Film diskutiert meine Kollegin Natalie Fritz mit Simon Peng-Keller, Professor für Spiritual Care an der Universität Zürich. Mehr dazu hier.
Am Donnerstag ist die Näfelser Fahrt, die an die Schlacht bei Näfels und den Konflikt zwischen den Habsburgern und den Eidgenossen erinnert. Auf der Gästeliste steht auch der Bischof von Chur, Joseph Bonnemain. Vielleicht wird er auch gleich als Troubleshooter eingesetzt – denn in Näfels rumort es.
Streit in Näfels
Als ehemaliger Bischofsvikar für die Beziehungen zu den staatskirchenrechtlichen Organisationen dürfte Bonnemain der aktuelle Konflikt zwischen der langjährigen Kirchenpflegepräsidentin Daniela Galatti, ihren Kollegen im Kirchenrat und dem Priester Stanislav Weglarzy nicht kalt lassen. Ist die Wahl des Pfarrers am Samstagabend nun rechtmässig oder nicht? Und was sagt der Brückenbauer Joseph Bonnemain dazu? Wir werden berichten.
Das Bistum St. Gallen ist in Feststimmung. Zwar muss sich das Bistum einen neuen Kanzler suchen. Doch sonst hat das Bistum viel zu feiern: 175 Jahre. Das Bistum hat einen Image-Film, der erfrischend, locker und trotzdem politisch daherkommt – wenn man ihn bis zum Ende anschaut:
Mit Spannung wird das Festreferat von Franz Xaver Bischof erwartet. Der St. Galler Theologe ist emeritierter Kirchenhistoriker der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er hat als Experte beim Synodalen Weg in Deutschland teilgenommen – zum Thema Macht und Gewaltenteilung. Das weltweit einzigartige St. Galler Bischofswahlrecht könnte ein Vorbild für den synodalen Prozess sein. Auch hierzu werden wir berichten.
Palmsonntag und die Sehnsucht nach dem «Friedenskönig»
Am Sonntag ist schon Palmsonntag – der erste Palmsonntag ohne Einschränkungen seit Beginn der Corona-Pandemie. Wegen des Krieges in der Ukraine kommen wohl sehr politische Kartage auf uns. Joseph Ratzinger deutete Jesu Einzug in Jerusalem auf dem Esel als Gegenbild zu den Kriegswagen: Jesus, der ohnmächtige «Friedenskönig», als Kontrapunkt zu den mächtigen Kriegstreibern – er ist gefragter denn je. Jacqueline Keunes Gedicht «Abel aus Charkiw» müssen wir leider um das Massaker von Butscha ergänzen.
Einen guten Start in die Woche wünscht Ihnen
Ihr
Raphael Rauch
4. April, 17 Uhr: In einer ersten Version hatte ich Kanzler und Offizial verwechselt. Richtig ist: Das Bistum St. Gallen sucht einen neuen Kanzler – als Nachfolger für Claudius Luterbacher, der zum Kanton St. Gallen wechselt.
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