Eine Krippenszene zeigt das Stahlwerk Azovstal in Mariupol auf dem Petersplatz im Vatikan.
Rauchzeichen

Robert Mucha, Meike Kocholl, Weihnachten: Was diese Woche wichtig wird

Sind Sie noch nicht in Weihnachtsstimmung? Dann kommen Sie am Dienstagabend zu einem Last-Minute-Briefing in die Paulus-Akademie. Eine weitere Möglichkeit: Die neue Resilienz-App «Resilyou» der HSG-Absolventin Meike Kocholl. In Zürich stehen Veganer vor Gericht. Und zwischen Linz und Rom kocht die Gerüchteküche, wer Nachfolger von Luis Ladaria werden soll.

Raphael Rauch

Der Schnee hat geholfen, um in Weihnachtsstimmung zu kommen. Doch nun blühen uns grüne Weihnachten. So oder so: Kommen Sie doch am Dienstagabend in die Paulus-Akademie, wo der Neutestament-Experte Robert Mucha mit mir über «Stille Nacht mit lauter Botschaft: Weihnachten rundum verstehen» spricht. Der Eintritt ist frei – hier können Sie sich anmelden.

Advents-Countdown mit Exegese und Resilienz

Robert Mucha ist in der Schweizer Theologie kein Unbekannter. Er war Doktorand an der LMU München, wo auch die Schweizer Theologen Franz-Xaver Bischof und Stephan Leimgruber lehrten. Und er war Bürogspänli der mittlerweile in Freiburg lehrenden Exegetin Gudrun Nassauer – auch wenn man das Wort Bürogspänli in Monaco di Baviera natürlich nicht kennt.

Meike Kocholl hat die App "Resilyou" entwickelt.
Meike Kocholl hat die App "Resilyou" entwickelt.

Wenn Sie Resilienz spontan mehr anspricht als Exegese, empfehle ich Ihnen wärmstens die neue Gratis-App «Resilyou». Die HSG-Absolventin Meike Kocholl hat diese im Auftrag der reformierten Landeskirche St. Gallen entwickelt. Die App funktioniert sehr intuitiv und lädt zum Beispiel dazu ein, mit jemandem zusammen täglich die Frage zu beantworten, was einen glücklich gemacht hat. 

«Und Friede auf Erden»

Die St. Galler Reformierten sind zu dieser App zu beglückwünschen. Während andere Reformierte behaupten, «Less noise – more conversation» zu betreiben, lösen die St. Galler genau dieses Versprechen ein. Nach kath.ch ist «Resilyou» meine neue Lieblingsapp. Wir werden berichten.

Die Heilige Familie
Die Heilige Familie

Das Lukas-Evangelium verspricht uns am Heiligen Abend: «Ehre sei Gott in der Höhe / und Friede auf Erden / den Menschen seines Wohlgefallens.» Die Sehnsucht nach einem Friedensfürsten ist gross – und scheint zugleich utopisch. Trotzdem gilt es, optimistisch zu bleiben, und Weihnachten dort zu suchen, wo die Schwachen, Schutzlosen und Verletzlichen unserer Solidarität bedürfen.

«Dort, wo die Not ist, ist der Mittelpunkt der Welt»

Der Bischof von Feldkirch, Benno Elbs, sagte zu mir am Rande des Ad-limina-Besuchs in Rom: «Der jüdische Autor Elie Wiesel hat gesagt: ‘Dort, wo die Not ist, ist der Mittelpunkt der Welt.’ Wir müssen die Orte der Not zum Mittelpunkt der Welt machen. Jesus würde vielleicht im Caritas-Café in Feldkirch auf die Welt kommen. Dort sind die Menschen, die obdachlos, drogenabhängig und arbeitslos sind.» 

Papst Franziskus.
Papst Franziskus.

Ich werde mit der «Resilyou»-Resilienz-App der Frage nachgehen, wo für mich der Mittelpunkt der Welt ist. Einen wunderbaren Ort durfte ich letzte Woche kennen lernen: Das Caritas-Baby-Hospital in Bethlehem. Der CEO ist ein echter Jesus – mehr dazu hier.

Kundgebung für den Frieden

Der Berner Pfarrer Nicolas Betticher organisiert am Mittwoch um 19 Uhr auf dem Berner Thunplatz mit Mitstreiterinnen und Mistreitern eine Kundgebung für den Frieden in der Ukraine. «Der Thunplatz befindet sich genau zwischen der russischen und der ukrainischen Botschaft», sagt Nicolas Betticher zu kath.ch. «Unser Aufruf wird nicht nur spirituell sein, sondern auch politisch.» Mehr dazu hier.

Nicolas Betticher.
Nicolas Betticher.

Ein spiritueller Hoffnungsschimmer dürften zurzeit die Chanukka-Kerzen sein, die bis zum 26. Dezember abends leuchten. Der Rabbiner von Kiew sagte im kath.ch-Interview: «In diesem Jahr bedeutet uns Chanukka mehr als sonst. Wir leben mitten im Krieg. Chanukka erinnert an den Sieg des jüdischen Volkes. Wir Jüdinnen und Juden in der Ukraine möchten in Freiheit leben und beten für einen Sieg der Ukraine.»

Chanukka in Zeiten von Krieg und Mangelware

Dabei ist Chanukka in Kriegszeiten durchaus eine logistische Herausforderung: «Wir haben mit Lieferengpässen zu kämpfen. Kerzen sind sehr, sehr teuer. Und auch die Lebensmittelpreise sind sehr hoch. Wir haben oft keinen Strom, kein Wasser. Nicht alle können Kerzen zuhause anzünden. Aber wir tragen Chanukka-Kerzen in unseren Herzen, in unserer Seele», sagt Rabbiner Jonathan Markovitch.

Bruder Klaus in Einsiedeln.
Bruder Klaus in Einsiedeln.

Der «Förderverein Niklaus von Flüe und Dorothee Wyss» lädt am Donnerstag zu einer Friedenswanderung ein. Diese beginnt beim Rathaus auf dem Dorfplatz in Stans. Das Datum erinnert an die legendäre Nacht vom 21./22. Dezember 1481. Damals konnte «dank dem Rat von Bruder Klaus Friede werden», teilt der Verein mit. «Seine Botschaft einte die zerstrittenen Männer an der Tagsatzung.» Franz Enderli, ehemaliger Obwaldner Bildungsdirektor und Präsident des Fördervereins, leitet die Friedenswanderung gemeinsam mit dem Luzerner Theologen Christoph Schmid. Mehr dazu hier

Veganer vor Gericht

Ebenfalls am Donnerstag steht ein Veganer vor Gericht, der einen Gottesdienst gestört hatte, um gegen die Fleischindustrie zu demonstrieren. Was ich schade finde: Die englische Mission, die die Veganerinnen und Veganer angezeigt hatte, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Warum so selbstgefällig? «Weck die tote Christenheit aus dem Schlaf der Sicherheit» – hiermit sei an das Interview mit dem Biologen und Theologen Rainer Hagencord erinnert.

Protest der Veganer in der Kirche St. Anton in Zürich: Renato Werndli mit dem Plakat "Live vegan!" hinter dem Hochzeitspaar.
Protest der Veganer in der Kirche St. Anton in Zürich: Renato Werndli mit dem Plakat "Live vegan!" hinter dem Hochzeitspaar.

Und dann steht auch schon Weihnachten vor der Tür. Wie sieht das SRF-Religionsprogramm an Weihnachten aus? SRF überträgt am Heiligen Abend eine Familien-Weihnachstfeier live aus der Kirche St. Andreas in Gossau SG – ab 17 Uhr im Radio und im Fernsehen (jeweils SRF1). Ebenfalls aus Gossau SG wird die Christmette übertragen – Beginn ist um 22:30 Uhr, zu sehen live im Fernsehen (SRF1) und im Radio auf SRF2 Kultur. Bereits um 20 Uhr spricht Pfarrer Ruedi Heim das «Wort zum Sonntag» – und zwar über den leeren Platz an der Krippe. 

«Urbi et Orbi»

Am ersten Weihnachtsfeiertag spendet Papst Franziskus traditionell um 12 Uhr den Weihnachtssegen «Urbi et Orbi» aus Rom – das SRF-Fernsehen überträgt live (SRF1).

Der Petersplatz in Rom.
Der Petersplatz in Rom.

Wenig weihnachtlich geht’s gerade im Erzbistum Vaduz zu. Erzbischof Wolfgang Haas scheint auf ein «Finale furioso» zuzusteuern – anders ist sein Affront gegenüber den Abgeordneten nicht zu erklären. 

Der Nuntius will nicht intervenieren

Zurecht schreibt Regierungschef Daniel Risch in einem Brief an den umstrittenen Erzbischof: «Dass die katholische Kirche in Liechtenstein als Landeskirche gemäss Verfassung offensichtlich das Trennende vor das Verbindende stellt, bedauere ich sehr. Gleichermassen wie Sie nicht mit allen Entscheiden der Politik einverstanden sind, mag die Politik nicht mit allen Entscheiden der Kirche einverstanden sein. Eine Gesellschaft, die massgeblich auf christlichen Werten aufbaut, in der die Nächstenliebe einen zentralen Stellenwert einnimmt, sollte aber gerade auch solche unterschiedlichen Positionen aushalten können.»

Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein und Martin Krebs, Botschafter des Heiligen Stuhls, 2021
Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein und Martin Krebs, Botschafter des Heiligen Stuhls, 2021

Verwunderlich ist die Reaktion des zuständigen Nuntius Martin Krebs. «Ich sehe keine Grundlage dafür, dass der Heilige Stuhl interveniert», lässt er das «Liechtensteiner Vaterland» wissen, und demonstriert damit eine Unart der katholischen Kirche: das Delegieren von Verantwortung. Niemand fühlt sich zuständig.

Karl-Josef Rauber hätte gehandelt

Wenn sich die Beziehungen zwischen Vaduz und dem Heiligen Stuhl verschlechtern – provoziert durch Erzbischof Wolfgang Haas –, dann sollte das dem zuständigen Nuntius nicht egal sein. Dem früheren Nuntius Karl-Josef Rauber jedenfalls wäre es nicht egal gewesen. Wenn das Ärgernis Wolfgang Haas nicht auf dem kleinen Dienstweg in Bern gelöst werden kann, dann muss es also der grosse Dienstweg tun: mit direkter Intervention beim Staatssekretariat in Rom. Botschafter Prinz Stephan, übernehmen Sie!

Kardinal Karl-Josef Rauber im April 2021. Früher war er Nuntius in Bern.
Kardinal Karl-Josef Rauber im April 2021. Früher war er Nuntius in Bern.

An dieser Stelle sei daran erinnert, was Papst Franziskus den österreichischen Bischöfen mit auf den Weg gab: «Seid Hirten! Seid bei den Menschen!» Bei Wolfgang Haas mag alles zu spät sein – aber vielleicht reflektiert Erzbischof Martin Krebs über die Weihnachtstage sein Hirtenamt?

Die Gerüchteküche brodelt: Heiner Wilmer als Nachfolger von Luis Ladaria?

An dieser Stelle sei bereits ein Neujahrswunsch für 2023 angebracht: dass der Bischof von Hildesheim, Heiner Wilmer, tatsächlich Nachfolger von Luis Ladaria an der Spitze der Glaubenskongregation wird. Dieses Gerücht jedenfalls ist zwischen Linz und Rom «talk of the town». Auch ein Wilmer macht keinen Sommer – wäre aber ein starkes Signal pro «Synodaler Weg» und eine Abkehr von Ladarias «Ich lächle alles weg»-Politik. Wir bleiben dran.

Papst Franziskus empfängt Heiner Wilmer, Bischof von Hildesheim, am 17. Oktober 2022 im Vatikan.
Papst Franziskus empfängt Heiner Wilmer, Bischof von Hildesheim, am 17. Oktober 2022 im Vatikan.

«Ehre sei Gott in der Höhe / und Friede auf Erden / den Menschen seines Wohlgefallens»: Hoffen wir, dass das Evangelium vom Heiligen Abend Wirklichkeit wird – und leisten wir alle einen Beitrag dazu.

Ich wünsche Ihnen einen guten Advents-Endspurt. Falls wir uns am Dienstagabend nicht in der Paulus-Akademie sehen: auf bald!

Herzliche Grüsse und frohe Weihnachten

Ihr

Raphael Rauch


Eine Krippenszene zeigt das Stahlwerk Azovstal in Mariupol auf dem Petersplatz im Vatikan. | © KNA
19. Dezember 2022 | 18:27
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