Benno Elbs, Bischof von Feldkirch
International

Bischof Benno Elbs will nicht das Erzbistum Vaduz leiten

Der Bischof von Feldkirch, Benno Elbs (62), war diese Woche beim Ad-limina-Besuch in Rom. Ein Gespräch über Martin Werlen, die Frauenfrage – und wo Jesus im Jahr 2022 auf die Welt käme. Gläubige in Liechtenstein, die am synodalen Prozess teilnehmen wollen, sollten sich an Nuntius Martin Krebs wenden. 

Raphael Rauch

Sie waren diese Woche in Rom. Wenn Sie den Ad-limina-Besuch 2022 mit Ihrem letzten im Jahr 2014 vergleichen: Was ist anders?

Bischof Benno Elbs*: Auch beim letzten Mal war schon Papst Franziskus Papst, aber ganz neu sozusagen. Ich spüre nun einen Kulturwandel in der Art und Weise des Dialogs. In den Dikasterien sind wir mit Wertschätzung und Respekt empfangen worden. Es gibt eine Haltung des offenen Wortes. Wir sollen die Dinge sagen, die uns auf dem Herzen liegen. Der Umgang miteinander, der Dialog, das Gespräch finde ich sehr positiv. Es hat eine Entwicklung stattgefunden: Die Dikasterien empfinden sich als Dienststellen für uns Bischöfe. Das finde ich sehr positiv und dafür bin ich auch dankbar.

Die österreichischen Bischöfe bei Papst Franziskus.
Die österreichischen Bischöfe bei Papst Franziskus.

Gab es beim Ad-limina-Besuch auch einen Rüffel – zum Beispiel für Ihre Haltung pro «Segen für alle»?

Elbs: Es hat aus meiner Sicht keinen Rüffel gegeben, aber es gibt natürlich Meinungsunterschiede zu verschiedenen Themen. Und beim «Segen für alle» gibt’s eine Meinungsverschiedenheit zwischen uns und der Glaubenskongregation. Aber das war kein Rüffel, sondern ein Austausch der Argumente. Und das gehört zur Synodalität der Kirche. Man darf nicht nur davon reden, dass man aufeinander hört, auf den Geist Gottes hört und sich gegenseitig wertschätzt. Sondern das muss dann auch bei konkreten Themen praktiziert werden. Und jeder weiss, dass ein Dialog und eine theologische Auseinandersetzung viel Zeit brauchen, viel Zuwendung und auch Geduld. 

Kardinal Christoph Schönborn in Rom.
Kardinal Christoph Schönborn in Rom.

Im synodalen Prozess kritisieren viele die Diskriminierung von Frauen in der katholischen Kirche. War die Frauenfrage Thema beim Ad-limina-Besuch?

Elbs: Alle Fragen, die bei uns im nationalen synodalen Papier enthalten sind, waren Thema. Und dazu gehört natürlich auch das Frauenthema.

Und welches Echo gab’s in Rom?

Elbs: Wir haben in der Glaubenskongregation über die Frauenfrage gesprochen. Wir haben die Argumente ausgetauscht, die dafür und die dagegensprechen. Wir haben auch über die Würde der Frau gesprochen. In Europa geht’s hier vor allem um die Frauen- und Ämterfrage. In Afrika geht’s mehr um die Würde der Frau in der Gesellschaft.

Benno Elbs, Bischof von Feldkirch und Administrator von Vaduz
Benno Elbs, Bischof von Feldkirch und Administrator von Vaduz

Haben Sie in Rom was Neues gelernt?

Elbs: Was ich vorher nicht so im Fokus hatte: Im synodalen Prozess geht’s wesentlich um die Art des Dialogs, der Kommunikation, des Umgangs miteinander – und weniger um die inhaltlichen Themen. Und darum liegt der Schwerpunkt in der Frage: Wie gehen wir gemeinsam weiter?

Martin Werlen
Martin Werlen

Einer Ihrer grössten Fans ist der ehemalige Abt von Einsiedeln, Pater Martin Werlen.

Elbs: Das freut mich sehr (lacht). Pater Martin ist ja bei uns in St. Gerold. Ich schätze seine Arbeit sehr.

Martin Werlen lobt Sie mit den Worten: «Der Bischof von Feldkirch erlaubt einzelnen Pfarreien, etwas auszuprobieren. Und er lässt das begleiten. Dadurch entstehen Freiräume, ohne dass es dann gleich heisst: Das ist ein Präzedenzfall – was die dürfen, das können auch wir.» Auf welches Pilotprojekt sind Sie besonders stolz?

Elbs: Wir haben ähnlich wie im Bistum St. Gallen das Firmalter heraufgesetzt. Es ist besser, die jungen Menschen erst später zu firmen. Und ich schätze St. Gerold als innovativen Ort, wo Neues entsteht. Das ist eine richtige Perle. Ich bin der Abtei Einsiedeln sehr dankbar, dass sie die Propstei renoviert und hervorragende Leute hinschickt: Jetzt ist Pater Martin Werlen da, davor war Pater Kolumban Reichlin da, der jetzt ja Kaplan der Schweizergarde in Rom ist. St. Gerold ist ein Ort, wo Menschen in Dialog mit Kunst und Theologie treten – ein spiritueller Ort.

Wolfgang Haas ist noch Erzbischof von Vaduz.
Wolfgang Haas ist noch Erzbischof von Vaduz.

14 Kilometer von Feldkirch entfernt liegt Vaduz. Erzbischof Wolfgang Haas weigert sich, einen synodalen Prozess im Erzbistum Vaduz zu gestalten. Was können die Gläubigen in Liechtenstein machen? 

Elbs: Das ist eine schwierige Frage. Den Liechtensteinerinnen und Liechtensteinern, die ich kenne, ist die Kirche wichtig. Wenn sie Anliegen haben, sollten sie sich an den Nuntius in Bern wenden. Ich habe Erzbischof Martin Krebs kennengelernt. Er ist ein Mensch, mit dem man gut reden kann. Ich bin überzeugt: Er wird das berücksichtigen, was an ihn herangetragen wird.

Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein und Martin Krebs, Botschafter des Heiligen Stuhls, 2021
Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein und Martin Krebs, Botschafter des Heiligen Stuhls, 2021

Könnten Sie sich vorstellen, das Erzbistum Vaduz von Feldkirch aus zu leiten – in Personalunion, also «in persona episcopi», wie es in Italien öfter der Fall ist?

Elbs: Es gibt ein lustiges Lied aus meiner Pfadfinder-Zeit, wo wir Vorarlberger Liechtenstein übernehmen. Aber das liegt im Bereich des Kabaretts. Von daher lautet meine Antwort auf Ihre Frage: Nein. 

Charlotte Küng-Bless setzt sich im Bistum St. Gallen für Reformen ein.
Charlotte Küng-Bless setzt sich im Bistum St. Gallen für Reformen ein.

Im Nachbarbistum St. Gallen dürfen Laiinnen und Laien taufen, im Bistum Basel sogar trauen. Könnten Sie sich das auch vorstellen?

Elbs: Das ist prinzipiell kein Thema, weil das Entscheidende ist die pastorale Notwendigkeit. Und da haben wir in Vorarlberg schon noch eine andere Situation als in der Schweiz.

Eine Krippenszene zeigt das Stahlwerk Azovstal in Mariupol auf dem Petersplatz im Vatikan.
Eine Krippenszene zeigt das Stahlwerk Azovstal in Mariupol auf dem Petersplatz im Vatikan.

Wo würde Jesus im Jahr 2022 auf die Welt kommen?

Elbs: Der jüdische Autor Elie Wiesel hat gesagt: «Dort, wo die Not ist, ist der Mittelpunkt der Welt.» Wir müssen die Orte der Not zum Mittelpunkt der Welt machen. Jesus würde vielleicht im Caritas-Café in Feldkirch auf die Welt kommen. Dort sind die Menschen, die obdachlos, drogenabhängig und arbeitslos sind. 

Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat ein Geschenk für Papst Franziskus.
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat ein Geschenk für Papst Franziskus.

Welche Orte der Not fallen Ihnen noch ein?

Elbs: Ich werde nächste Woche ins Gefängnis gehen, um Menschen vor Weihnachten zu besuchen. In Gefängnissen geht’s um Not, Schuld, Umgang mit Schuld. Was auch nicht vergessen werden darf: Viele Menschen haben psychische Probleme, gerade nach der Pandemie. Ich bin selber ja auch Psychotherapeut. Deswegen sind Krankenhäuser, wo psychisch Kranke Menschen Halt finden, sehr wichtig. Und mir fallen die Asylheime ein. Was mich persönlich sehr berührt, sind die Menschen aus der Ukraine. Die Frauen sind mit ihren Kindern bei uns – und die Ehemänner und Väter liegen in den Schützengräben. Die Gespräche mit den ukrainischen Familien sind herzzerreissend – das ist kaum auszuhalten. 

Schwester Monika Hüppi und eine Mitengagierte beim Bodensee-Friedensweg in Bregenz.
Schwester Monika Hüppi und eine Mitengagierte beim Bodensee-Friedensweg in Bregenz.

Stört Sie, dass Weihnachten ein Konsumfest geworden ist?

Elbs: Vorarlberg und die Schweiz sind reiche Regionen. Aber trotzdem gibt’s hier grosse Not. Der Neurowissenschaftler Manfred Spitzer sagt, dass die Einsamkeit ein Hauptproblem für die Zukunft unserer Welt sein wird. Ich denke an die vielen Sozialzentren bei uns, wo alte Menschen sind, die vielleicht keinen Besuch bekommen und bereits während der Corona-Pandemie grosse Einsamkeit erfahren haben. Solch ein Ort der Einsamkeit wäre auch ein Ort, wo Jesus heute auf die Welt kommen würde.

Ausgetrocknete Böden und Kein regen: In Afrika machen sich Hungersnöte breit.
Ausgetrocknete Böden und Kein regen: In Afrika machen sich Hungersnöte breit.

Sie sind in der österreichischen Bischofskonferenz für das Caritas-Ressort zuständig. Was bedeutet Ihnen dieses Amt?

Elbs: Ein Anliegen, das für mich ganz wichtig ist, ist der Umgang mit den Armen. Wir haben in einigen Dikasterien über das Thema Asyl und den Umgang mit Flüchtenden geredet. Eine Erneuerung der Kirche geschieht dort, wo wir uns ganz entschieden wieder der Not der Menschen zuwenden. Das ist ja das, was Jesus getan hat: Menschen aufgerichtet, ihnen neue Perspektive, neue Hoffnung gegeben. Und mit diesem Anliegen rennen wir bei Papst Franziskus offene Türen ein. Das ist ja auch sein grosses Anliegen.

Archivbild von 2018: Sebastian Kurz und Papst Franziskus.
Archivbild von 2018: Sebastian Kurz und Papst Franziskus.

Der frühere Bundeskanzler Sebastian Kurz hat den Pro-Migrations-Kurs von Kardinal Christoph Schönborn scharf kritisiert. Hierzu sind auch brisante Chat-Protokolle aufgetaucht. Wie belastend haben Sie den Streit empfunden?

Elbs: Das habe ich nie als belastend oder als Streit empfunden. Wir haben als Bischöfe immer eine klare Position vertreten, die wir natürlich aus der Heiligen Schrift für uns so sehen. Und natürlich haben die Politikerinnen und Politiker die Verantwortung und die Möglichkeiten auszuloten, wie das gestaltet wird. Und dass es da Diskussionen gibt, ist normal. Bei uns in Vorarlberg übernimmt die Kirche den Grossteil der Betreuung von Geflüchteten – jetzt vor allem der Menschen aus der Ukraine. Da gibt es eine hervorragende Zusammenarbeit zwischen den politischen Instanzen.

Von links Vinzenz Wohlwend, Abt von Wettingen-Mehrerau, und Benno Elbs, Bischof von Feldkirch.
Von links Vinzenz Wohlwend, Abt von Wettingen-Mehrerau, und Benno Elbs, Bischof von Feldkirch.

Welches Brauchtum aus Vorarlberg schätzen Sie an Weihnachten besonders?

Elbs: Ich freue mich sehr auf die Christmette. Ich freue mich auch auf den Brauch des Christbaumlobens: Man besucht Freundinnen, Freunde und Bekannte, lobt den Christbaum und bekommt einen Schnaps. Und ein wunderschöner Brauch ist natürlich das Schenken. Weil Schenken heisst, dass ich jemandem, den ich liebe, Aufmerksamkeit gebe. Und das ist das, was wir als Gesellschaft besonders brauchen: Zuwendung, das Aufrichten des anderen Menschen, diese Wertschätzung. Und das kommt in Geschenken, die man mit Liebe aussucht, zum Ausdruck. 

Benno Elbs, Bischof von Feldkirch, beim Requiem für den Walliser Nuntius Peter Stephan Zurbriggen.
Benno Elbs, Bischof von Feldkirch, beim Requiem für den Walliser Nuntius Peter Stephan Zurbriggen.

Über welches Geschenk würden Sie sich freuen?

Elbs: Über Bücher – ich lese sehr, sehr gern. Was mich auch sehr freut ist, wenn mich jemand privat zum Essen oder auf einen Spaziergang einlädt und wir nicht über die Arbeit sprechen, sondern über Fussball, Skifahren oder was ganz anderes.

Ein Geschenk von Papst Franziskus: Das Brustkreuz von Benno Elbs, Bischof von Feldkirch, mit dem Motiv des guten Hirten. .
Ein Geschenk von Papst Franziskus: Das Brustkreuz von Benno Elbs, Bischof von Feldkirch, mit dem Motiv des guten Hirten. .

Was hat’s mit Ihrem Brustkreuz auf sich?

Elbs: Es ist das Brustkreuz, das auch Papst Franziskus trägt. Er hat es mir geschenkt, als ich nach Rom zum Einführungskurs für die neuen Bischöfe kam. Ich war der erste deutschsprachige Bischof, den er ernannt hat. Das verbindet uns besonders, denke ich. Mir gefällt das Kreuz, weil der Papst immer wieder zu uns Bischöfen sagt: «Seid Hirten! Seid bei den Menschen!» Von daher passt das Bild vom guten Hirten, der auf seinen Schultern das verlorene Schaf zurückbringt – geleitet vom Heiligen Geist.

* Benno Elbs (62) ist Bischof von Feldkirch.


Benno Elbs, Bischof von Feldkirch | © Raphael Rauch
17. Dezember 2022 | 13:38
Lesezeit: ca. 7 Min.
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