Der Priester Heinz Angehrn.
Rauchzeichen

Heinz Angehrn, Bischof Paul Hinder, Bischof Joseph Bonnemain: Was diese Woche wichtig wird

Der Priester Heinz Angehrn outet sich als schwul und prangert die Sexualmoral der Kirche an. In Bahrain herrscht Feststimmung: Bischof Paul Hinder empfängt Papst Franziskus. Mit dabei: Kurienkardinal Kurt Koch in weisser Soutane. Und Bischof Joseph Bonnemain hält vor Spitaldirektoren eine Rede. 

Raphael Rauch

Wegen Allerheiligen und Allerseelen gibt’s dieses Rauchzeichen erst am Freitag. Auch wenn das Wochenende naht, gibt’s viel anzukündigen.

«Unheilige Mütter» als Coming-out

Die brisanteste Nachricht der Woche ist ein kleines Büchlein von Heinz Angehrn mit dem Titel: «Unheilige Mütter». Heinz Angehrn ist Priester des Bistums St. Gallen und Mitglied der Redaktionskommission der Schweizerischen Kirchenzeitung.

Heinz Angehrn im Tessin.
Heinz Angehrn im Tessin.

Als schwuler Mann war für ihn der Priesterberuf eine bequeme Exit-Strategie: «Ja was will denn ein junger schwuler Mensch anderes hören, als dass es ein Wert sei, ohne Frau, ohne Heterosexualität und ohne ihr logisches Ergebnis, die Kinder, leben zu dürfen, und das noch quasi im privilegierten Status.» 

Kurt Koch? «Kettenrauchend», «nicht traurig und depressiv wie später als Bischof»

Im Buch beschreibt er, wie er sich sexuell von jungen Männern angezogen fühlte. Trotzdem sei er stark genug gewesen, 16-jährigen Adonissen zu widerstehen. Der erste Mann, den er geküsst hat, wurde sein Lebenspartner: der Arzt Ueli, mit dem er inzwischen im Tessin lebt.

Ein Ölbild in Solothurn erinnert an den früheren Bischof von Basel, Kurt Koch (1996–2010).
Ein Ölbild in Solothurn erinnert an den früheren Bischof von Basel, Kurt Koch (1996–2010).

Heinz Angehrn hat in Luzern studiert. Kurt Koch beschreibt er so: «kettenrauchend und tief in die Nächte hineinarbeitend», … «vital und interessiert, nicht traurig und depressiv wie später als Bischof».

«Eine Tunte edelster Sorte»

Das Buch will auf Voyeurismus verzichten – enthält aber doch so manchen Klatsch und Tratsch. Über einen ehemaligen St. Galler Generalvikar und einen ehemaligen Schulleiter schreibt Heinz Angehrn: Sie «waren sadistische Potentaten, die ihre Sexualität mit solchem Auftreten kompensierten». 

Heinz Angehrn im Tessin.
Heinz Angehrn im Tessin.

Einen ehemaligen Stiftsbibliothekar von St. Gallen nennt er «eine Tunte edelster Sorte, von seinem Neffen Thomas Hürlimann trefflich geschildert». Heinz Angehrn berichtet von «berühmten Saufgelagen», von denen katholische Pfarrhäuser viel berichten könnten. Und von nervigen Müttern: «Von der Jugendarbeit zur ödesten Pfarrei-Seelsorge mit Kleinkindern und Müttervereinen, mit Diskussionen über Apéro-Gebäck und die korrekte Liederauswahl in Rorategottesdiensten.» 

Suizidgedanken

Schonungslos gesteht Heinz Angehrn, er habe Suizid begehen wollen: «Der Weg war gar nicht mehr weit, die Armeepistole samt Munition mit an den Waldrand zu nehmen, ein Blatt mit einer Entschuldigung auf das Pult zu legen und endlich abzutreten. Das geschah genauso.» 

Heinz Angehrn im Tessin
Heinz Angehrn im Tessin

Geholfen haben ihm eine Therapie und ein Outing im kleinen Kreis: «Bischof Ivo Fürer instruierte mich säuberlich, wie ich mich verhalten solle, damit ich trotzdem bleiben dürfe.» 

Kritik an der Priesterweihe

Seine eigene Priesterweihe sieht Heinz Angehrn kritisch: Durch das Weihesakrament solle «ein neuer Mensch geschaffen» werden. Der bisherige Mensch werde umgewandelt, «dass er von nun an ‘in persona Christi’ handeln könne». 

Der Kirche erteilt er drei konkrete Ratschläge: 

  1. «Seid ehrlich und transparent, redet nichts besser und schöner, als es ist. Der Preis, den viele Priester für die Zumutung des Pflichtzölibats bezahlt haben und bezahlen, ist ein zu hoher.
  2. Schaut Euch die Menschen genau an, die zu Euch kommen wollen. Stellt die notwendigen Fragen und scheut die Antworten nicht.
  3. Und entschuldigt Euch bei allen Opfern des von Euch geschaffenen Systems: seien es Männer oder Frauen, seien es Laien oder Kleriker. Viele sind Opfer und nicht Täter.»

Wer mehr über das Büchlein wissen will, erfährt in Heinz Angehrns Blogbeitrag mehr.

Papst Franziskus in Bahrain

Der Schweizer Kapuziner-Bischof Paul Hinder (80) hat seit gestern hohen Besuch: Papst Franziskus weilt in Bahrain. «Es ist ein Anliegen des Papstes, weitere Brücken zur islamischen Welt zu bauen. Es geht sowohl um den theologischen Dialog, aber auch um praktische Friedensarbeit, um Gerechtigkeit und um die Sorge für das gemeinsame Haus», sagt Paul Hinder im Interview mit kath.ch. Zusammen mit dem König von Bahrain ist er Franziskus’ Gastgeber.

Offizieller Empfang für Papst Franziskus auf dem Luftwaffenstützpunkt Sakhir in Awali (Bahrain) am 3. November 2022.
Offizieller Empfang für Papst Franziskus auf dem Luftwaffenstützpunkt Sakhir in Awali (Bahrain) am 3. November 2022.

Wer behauptet, die Schweizergarde vertrete keine Schweizer Interessen, sollte bis Sonntag ganz genau beobachten, worum es in Bahrain geht. Papst Franziskus leistet Friedensarbeit, wie sie auch die Schweiz unterstützt. Mit dem Schutz des Heiligen Vaters dienen die Gardisten also nicht nur vatikanischen Interessen, sondern auch einer universalen Friedenspolitik.

Tony Jossen, ehemaliger Vize-Kommandant der Schweizergarde, im Gardemuseum in Naters VS.
Tony Jossen, ehemaliger Vize-Kommandant der Schweizergarde, im Gardemuseum in Naters VS.

Dies sieht auch der Walliser Tony Jossen so. Im kath.ch-Interview erinnert der ehemalige Vize-Kommandant der Schweizergarde daran, wie Papst Johannes Paul II. die Sowjets in die Schranken wies – und wohl Blutvergiessen verhinderte.

«Sister Äct» mit einem echten Theologen

Seit gestern Abend läuft das Musical «Sister Äct» in Zürich. Der gleichnamige US-Erfolgsfilm mit Whoopi Goldberg wird auf Mundart adaptiert. Die Schauspielerin und Sängerin Sandra Studer spielt die Mutter Oberin und hat sich unter anderem von Priorin Irene Gassmann vom Kloster Fahr coachen lassen. 

Fredy Kuttipurathu (links) in "Sister Äct".
Fredy Kuttipurathu (links) in "Sister Äct".

Auf der Bühne steht sogar ein echter Theologe: Fredy Kuttipurathu (32) arbeitet in Zürich als Spitalseelsorger – und spielt bei «Sister Äct» einen Gangster. Er gehört also zu den Bösewichten, die das Showgirl Deloris Van Cartier umbringen wollen, weil sie Zeugin eines Mordes wurde. «Auch ein Gangster ist schlussendlich ein Mensch, den das Leben zu diesem Punkt gebracht hat», sagt der Theologe.

Theater zum Schöpfungsmythos in Chur

Wer nicht nach Zürich fahren will, kommt dieses Wochenende in Chur kulturell auf seine Kosten. Zwei Doktoranden der Theologischen Hochschule Chur haben ein Stück über den babylonischen Schöpfungsmythos geschrieben. Mehr dazu hier.

Theologe und Theater-Mann: René Schaberger (links).
Theologe und Theater-Mann: René Schaberger (links).

Dieser Tage ist Schwester Teresa Zukic in der Schweiz. Am heutigen Freitag ist sie in Bottighofen, wo sie einen Vortrag zum Thema «Wer nicht geniesst ist ungeniessbar» hält. Es gehe darum, das Leben zu geniessen, den Tag bewusst zu erleben und jeden Augenblick auszukosten. «Kurz: Lebensfreude als Geschenk in den alltäglichen Herausforderungen zu finden», heisst es in der Ankündigung. Mehr dazu hier.

«Woche der Religionen»

Diese Woche beginnt die «Woche der Religionen». In der Schweiz gibt es spannende Veranstaltungen. Etwa eine «Andacht nach Quäkerart», in der der Pazifismus Thema ist. In Zeiten von Putins Angriffskrieg wirken pazifistische Ideen naiv. Warum halten die Quäkerinnen und Quäker dennoch daran fest? Am Sonntag, 6. November, erfahren wir mehr.

Bischof Joseph Bonnemain
Bischof Joseph Bonnemain

Bischof Joseph Bonnemain betreibt etwas Geschichtsklitterung, wenn er in seiner Allerheiligen-Predigt behauptet: «Ungeduld bringt Häretiker hervor, Geduld hingegen Heilige.» Die Heiligen hätten bestimmt nie vollends die Nerven verloren.

Daniel Kosch kritisiert Bischof Joseph Bonnemain

Der Neutestamentler Daniel Kosch kontert: Die Bischöfe sollten wahrnehmen, «dass es in den Scharen der Heiligen auch Ungeduldige gab, die – wie Jesus oder Paulus – Kleinglauben, Hartherzigkeit und das Vergraben von Talenten energisch kritisierten und darauf aufmerksam machten, dass man den rechten Zeitpunkt zum Handeln auch verpassen oder verschlafen kann?»

Daniel Kosch, RKZ-Generalsekretär
Daniel Kosch, RKZ-Generalsekretär

Am Freitag tritt der Bischof von Chur bei einem Kongress der Schweizer Spitaldirektorinnen und Spitaldirektoren in Luzern auf. Er hält ein Referat zum Thema «Das ich-freie Ich: Solide Basis der Gegenwart und Hoffnung für die Zukunft». Für den promovierten Mediziner und Kurzzeit-Chirurgen wird der Kongress ein Heimspiel. Als langjähriger Spitalseelsorger dürfte sich Bonnemain unter Ärztinnen und Ärzten wohler fühlen als unter so manchen Domherren.

Trauer in Südkorea

Die Schnelllebigkeit des Nachrichtengeschäfts hat die Tragödie von Südkorea längst verblassen lassen. Nach der Massenpanik mit mehr als 150 Toten während Halloween-Partys in Seoul fordern die katholischen Bischöfe in Südkorea eine eingehende Untersuchung zur Ermittlung der Ursache des Unglücks.

Die Pfarrei Peter und Paul in Zürich.
Die Pfarrei Peter und Paul in Zürich.

Auch die südkoreanische Community in der Schweiz steht unter Schock. Am Sonntag gibt es einen gemeinsamen Gottesdienst von spanischer und südkoreanischer Gemeinschaft in der Pfarrei St. Peter und Paul in Zürich. Am Altar wird Antonio Lee stehen, der in Bonstetten ZH als Pfarrer tätig ist. Er ist der einzige Priester aus Südkorea in der Schweiz. Herzliches Beileid!

Trauer um den portugiesischen Generalkonsul

Unser Beileid gilt auch der portugiesischen Community in Zürich. Sie trauert um Generalkonsul Paulo Maia e Silva, der nach langer Krankheit im Alter von 52 Jahren gestorben ist. Am Sonntag, 6. November, findet um 17.30 Uhr in der Kirche St. Felix und Regula in Zürich eine Gedenkmesse statt.

Flagge auf Halbmast: das portugiesische Generalkonsulat in Zürich.
Flagge auf Halbmast: das portugiesische Generalkonsulat in Zürich.

Ich wünsche Ihnen ein wunderschönes Wochenende!

Was wird nächste Woche wichtig – ausser der Woche der Religionen? Ich freue mich über Ihren Input an rauchzeichen@kath.ch.

Herzlich

Ihr

Raphael Rauch


Der Priester Heinz Angehrn. | © Beate Laurenti
4. November 2022 | 09:53
Lesezeit: ca. 6 Min.
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