Beat Hug, Projektleiter Trägerverein 600 Jahre Niklaus von Flüe
Schweiz

«Niklaus von Flües Botschaft hat über das Gedenkjahr hinaus Bestand»

Flüeli-Ranft, 17.11.17 (kath.ch) Das Gedenkjahr zum 600. Geburtstag von Niklaus von Flüe ist offiziell zu Ende. Elf Kernprojekte organisierte der Trägerverein, über 200 Mitmachprojekte koordinierte er. Projektleiter Beat Hug zieht eine positive Bilanz: Die Botschaft von Niklaus von Flüe hat auf vielfältige Weise zahlreiche Menschen erreicht und berührt, ohne den Kraftort in der Ranftschlucht  zu überfordern.

Sylvia Stam

Der Trägerverein wollte die Botschaft von Niklaus von Flüe in die Welt tragen, hiess es vor einem Jahr. Ist Ihnen das gelungen?

Beat Hug: Ja, das ist uns gelungen. Das Leitmotiv «Mehr Ranft» war uns von Anfang an ein Kompass. Es ist eine Reduzierung der Botschaft von Niklaus von Flüe: Er steht für Gemeinsinn, Toleranz, Eigenverantwortung, Genügsamkeit. Natürlich ist es wichtig, die Ranftschlucht vor Ort zu besuchen, aber das Leitmotiv hat über den Ort hinaus grosse Verbreitung gefunden.

Wir haben bewusst auf Grossveranstaltungen verzichtet.

Mehr Bescheidenheit, mehr Einfachheit, mehr Stille und Konzentration auf das Wesentliche, so formulierte Franz Enderli die Botschaft. Stehen 11 Kernprojekte und 200 Mitmachprojekte nicht im Widerspruch dazu?

Hug: Nein. Die Kernprojekte waren bescheiden in der Haltung. Wir haben bewusst auf Grossveranstaltungen und Massenprojekte verzichtet und stattdessen auf viele kleinere Veranstaltungen gesetzt, die wir örtlich und zeitlich über das ganze Jahr verteilt haben. Natürlich ist das eine Gratwanderung. Ich glaube trotzdem, dass Ruhe und der Fokus auf das Wesentliche erhalten blieben.

Wir wollten den Ranft als Kraftort nicht überfordern.

Wir haben Sorge getragen zu Niklaus von Flües Lebens- und Wirkungsort Flüeli-Ranft und auch zu Sachseln. Wir haben versucht, Menschen zu erreichen, aber gleichzeitig unser Möglichstes getan, den Ranft als authentischen Ruhe- und Kraftort nicht zu überfordern. Das haben wir geschafft und ich meine, das hätte Niklaus von Flüe auch entsprochen.

Sie haben auf Diversität gesetzt, um den Ranft zu entlasten. Dennoch bleibt der Eindruck von quantitativ vielen Veranstaltungen.

Hug: Quantitativ ja, aber wir haben mit diesem dezentralen Ansatz jedes Mal andere Leute angesprochen: Es gab kirchliche Feiern oder Zugänge über die Kunst. Die Veranstaltungen blieben in einem fokussierten Rahmen.

Haben Sie mit den Projekten Leute erreicht, die Niklaus von Flüe noch nicht kannten?

Hug: Wir haben auch ganz neue Bevölkerungskreise erreicht. Ich denke an das Projekt «Jugend erklärt Niklaus von Flüe», bei dem wir über hundert Schulklassen besucht haben. Die Schülerinnen und Schüler sind so auf eine neue historische Figur gestossen. Auch mit dem «Mobilen Erlebnis Niklaus von Flüe unterwegs» haben wir Leute erreicht, die keinerlei Vorwissen hatten. Auch die Tatsache, dass unser Gedenkbuch bereits in dritter Auflage erschienen ist, zeugt von einer grossen Verbreitung.

Viele wurden Zeugen einer historischen Annäherung der beiden Landeskirchen.

Gab es besondere Reaktionen auf einzelne Projekte?

Hug: Schöne Reaktionen gab es beispielsweise beim Nationalen Ökumenischen Gedenktag am 1. April in Zug, wo viele Menschen Zeugen wurden von einer historischen Annäherung der römisch-katholischen und der evangelisch-reformierten Landeskirche. Das gegenseitige Schuldbekenntnis war tief berührend und konnte so nicht erwartet werden.

Auch auf den Staatsakt am 30. April mit der Festrede von Peter von Matt haben wir viele positive Reaktionen aus der ganzen Schweiz erhalten.

Gab es auch negative Reaktionen?

Hug: Das Sujet der Sonderbriefmarke hat nicht allen gefallen. Der Künstler hat eine moderne Form der Darstellung gewählt, das trifft nicht jeden Geschmack. Es gab Rückmeldungen, man hätte Bruder Klaus so darstellen können, wie man ihn von Portraits kennt, die zu seinen Lebzeiten gemalt wurden.

Dorothee von Flüe sei die Entdeckung des Gedenkjahres, hiess es an Ihrer Medienkonferenz vom Mittwoch. Brauchte es das Gedenkjahr, um sie zu entdecken?

Hug: Ich glaube, es brauchte die heutige Zeit dazu. Vor nicht allzu langer Zeit hatten Frauen in der Geschichte und in der Gesellschaft nicht dieselbe Rolle wie heute. Für den Trägerverein war klar, dass man ein Gedenken daher anders bestreiten muss als vor 100 Jahren. Wir wollten hervorheben, dass es ohne Dorothee Wyss keinen Niklaus von Flüe gibt. Allerdings weiss man leider nur sehr wenig über sie. Im Jubiläumsbuch ist immerhin die bislang grösste Textsammlung zu Dorothee zusammengetragen worden.

        

Das Jubiläumsjahr ist vorbei – was bleibt?

Hug: Viele Menschen haben neue Facetten von Niklaus von Flüe kennen lernen können. Dies war auch dadurch möglich, dass wir ihn nicht auf seine letzten 20 Lebensjahre als «Bruder Klaus» oder auf den katholischen Landesheiligen reduziert haben. Wir haben ihn stattdessen als Persönlichkeit unabhängig von den Konfessionen gezeigt. Dies wird bleiben und ebenso die Netzwerke, die entstanden sind, etwa unter Kunstschaffenden. Die Werte, die er verkörpert, haben zudem einen zeitlosen Bestand über das Gedenkjahr hinaus.

Das Visionsgedenkspiel hat mich selber sehr berührt.

Welches Projekt bleibt Ihnen persönlich besonders in Erinnerung?

Hug: Das Visionsgedenkspiel hat mich selber sehr berührt. Es hat aufgefordert darüber nachzudenken, was man vom Leben und Wirken des Niklaus von Flüe für sich persönlich mitnimmt. Auch das «Mobile Erlebnis» hatte einen solch radikalen, experimentellen Ansatz, der zum Nachdenken anregte. Berührt hat mich auch, wie viele Menschen mit eigenen Initiativen einen aktiven Beitrag zu diesem Jubiläumsjahr geleistet haben. Allein bei unseren Kernprojekten haben rund 1000 Personen mitgeholfen. Dazu kommt die Unterstützung von Kirchen, Stiftungen, Privaten, Bund und den Kantonen. All ihnen gilt mein Dank.

Ihr Auftrag als Projektleiter des Jubiläumsjahrs endet nun. Was sind Ihre Zukunftspläne?

Hug: Das werde ich mir in den nächsten Monaten überlegen. Ich wusste von Anfang an, dass ich eine befristete Stelle antrat und habe die Tätigkeit als unglaubliche Bereicherung erlebt. Nach diesen vier Jahren hat mich das Thema so geprägt, dass ich Obwalden, Niklaus von Flüe und der Bruder Klausen-Stiftung in irgendeiner Form sicher verbunden bleiben werde, wenn auch nicht mehr beruflich, dann mit Sicherheit weiterhin privat.


 

 

Beat Hug, Projektleiter Trägerverein 600 Jahre Niklaus von Flüe | © Sibylle Kathriner, Trägerverein 600 Jahre Niklaus von Flüe
17. November 2017 | 08:00
Lesezeit: ca. 4 Min.
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Trägerverein «600 Jahre Niklaus von Flüe»

Die staatlichen und kirchlichen Behörden des Kantons Obwalden haben gemeinsam den Trägerverein «600 Jahre Niklaus von Flüe» gegründet. Ziel war es, im Jubiläumsjahr Leben und Wirken Niklaus von Flües einer breiten Bevölkerung nahe zu bringen. Nach Ende des Gedenkjahres löst sich der Verein im kommenden Frühjahr auf. Die erarbeiteten Inhalte und Kontakte gehen in die seit 1945 bestehende Bruder-Klausen-Stiftung über, die das Erbe von Niklaus von Flüe und Dorothee Wyss auch in Zukunft nachhaltig verbreiten wird. Die Website mehr-ranft.ch wird ebenfalls von der Stiftung übernommen. Als Erinnerung ans Visionsgedenkspiel setzen die Verantwortlichen im Frühling am Standort, wo der Holzpavillon für das Visionsgedenkspiel stand, eine Eiche. Die verschlossene Kupferkugel mit den Botschaften der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projekts «Niklaus von Flüe – Unterwegs» an die Nachwelt findet voraussichtlich im kommenden Jahr in Flüeli-Ranft einen definitiven Standort. In 100 Jahren – zum Gedenken «700 Jahre Niklaus von Flüe» – soll sie geöffnet werden. (sys)