Bischof Charles Morerod
Schweiz

Bischofskonferenz-Präsident Charles Morerod will mit Natalie Rickli reden

Freiburg i. Ü., 8.9.16 (kath.ch) Unter den Schweizer Katholiken gibt es verschiedene Meinungen zu einem Burkaverbot. Aus diesem Grund sieht die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) davon ab, eine Empfehlung zu einem Verbot abzugeben, sagt SBK-Präsident Charles Morerod im Interview mit kath.ch. Morerod kündigt zudem ein Gebet für die Missbrauchs-Opfer an, das im Dezember in Sitten stattfindet. Mit SVP-Nationalrätin Natalie Rickli, die aus der kirchlichen Körperschaft ausgetreten ist, will er das Gespräch suchen.

Georges Scherrer

Wie stellt sich die Schweizer Bischofskonferenz zu einem Burkaverbot?

Charles Morerod: Die Bischöfe halten klar fest, dass das Tragen von religiösen Zeichen möglich sein muss. Wir wollen natürlich nicht, dass alle religiösen Zeichen verboten werden. Für die Polizei muss es aber möglich sein, aus Sicherheitsgründen die Gesichter der Menschen zu sehen. Mehr haben wir in unserer Mitteilung nicht zum Ausdruck gebracht.

Dürfen in der Schweiz Frauen mit einer Burka in der Öffentlichkeit auftreten?

Morerod: Ich füge dem, was in der Mitteilung steht, nichts hinzu. In der Schweiz gibt es wahrscheinlich verschiedene Meinungen zu dieser Frage, und das ist auch normal. Wir denken nicht, dass unser Glaube genau vorschreibt, ob wir Ja oder Nein sagen sollen. Die Katholiken haben in dieser Sache verschiedene Meinungen.

Für eine Volksinitiative, die in der Schweiz das Tragen der Burka verbieten will, werden zurzeit Unterschriften gesammelt. Die Bischöfe sagen in ihrer Mitteilung, diese bringe eine zunehmende Verunsicherung zum Ausdruck…

Morerod: Viele Leute haben Angst. Die Schweiz könnte für die Zukunft aber auch eine Gesellschaft anstreben, in welcher genau das Gegenteil von dem verwirklicht wird, was die Initiative will. Mit dieser für unsere Zukunft wichtigen Frage müssen wir uns beschäftigen. Man muss aber sehen, dass die Unsicherheit die Lancierung der Initiative gefördert hat. Wir hören ziemlich oft, dass die Leute sagen: Man muss etwas tun.

Mit welchen anderen Mitteln als einem politischen Vorstoss wie die Volksinitiative könnte diese Verunsicherung angegangen werden?

Morerod: Ich bin der Auffassung, wir müssen die Anderen besser kennen lernen. Das würde viel helfen. Die Vorstellungen über den Anderen entsprechen nie jenen Erfahrungen, welche man mit ihnen in der direkten Begegnung macht.

Unter grosser Medienaufmerksamkeit ist Anfang September die bekannte SVP-Nationalrätin Natalie Rickli aus der katholischen Körperschaft ausgetreten, bleibt aber, wie der Churer Bischof Vitus Huonder in den Medien betonte, Mitglied der katholischen Kirche. Wie stellt sich die SBK zu dieser Sachlage?

Morerod: Natalie Rickli hat das Recht, dies zu tun. Wir können das nicht verurteilen. Das Bundesgericht stützt die vorliegende Sachlage: Man kann aus der kirchlichen Körperschaft austreten und dabei Mitglied der katholischen Kirche bleiben. Natalie Rickli hat sich persönlich an mich gewandt. Ich werde mit ihr reden und auch mit dem Direktor des Katholischen Medienzentrums in Zürich, Charles Martig, der mit einem Blogeintrag den Austritt ausgelöst hat. Ich möchte mir selber über die ganze Geschichte eine Meinung bilden. Die Aussagen Martigs in seinem Blog können nicht als Haltung der Kirche verstanden werden. Das sind zwei Paar Schuhe.

Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI deckt die Verballhornung der Hostie durch das Duo Giacobbo/Müller in einer Satiresendung des Schweizer Fernsehens SRF. Die Hostie sei kein wesentlicher Glaubensinhalt, urteilte die UBI. Teilen Sie diese Einschätzung?

Morerod: Überhaupt nicht. Es ist an uns Katholiken zu sagen, was der Inhalt unseres Glaubens ist. Eines ist gewiss: Wenn Jesus Christus in einem Sakrament anwesend ist, dann ist das für uns wichtig.

Es wäre schön, wenn die UBI in einem solchen Fall uns als Betroffene anhören würde. Bei solchen Entscheiden frage ich mich immer wieder: Wie würde die UBI im Fall einer Glaubensangelegenheit einer anderen Religionsgemeinschaft entscheiden? Es scheint etwas einfacher zu sein, ein solches Urteil wie jenes zur Hostie im Fall der katholischen Kirche zu fällen. Wir verhalten uns ja ruhig.

Sie engagieren sich persönlich für einen Konvertiten und lenken so die Aufmerksamkeit auf das Schicksal von Asylsuchenden. War Ihr Engagement auch ein Thema an der Sitzung der SBK?

Morerod: Im informellen Teil war es ein Thema. Andere Bischöfe haben dann auch gesagt, wie sie sich in diesem Bereich engagieren.

Welches war für Sie das Thema, das Sie an der zurückliegenden Sitzung der SBK am meisten berührt hat?

Morerod: Die Begegnung mit dem Rat des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) und verschiedenen Theologen. Wir haben über das bevorstehende Reformationsgedenkjahr gesprochen. Die Katholiken beteiligen sich an einigen Festakten. Mir ist es wichtig, dass wir, wie es Papst Johannes Paul II. auf seiner Schweizer Reise schon 1984 anregte, die Geschichte der Reformation zusammen aufzuarbeiten. Heute ist dieses Zusammengehen möglich. Eine gemeinsame Vision der Kirchen wäre erstrebenswert. Wir begrüssen es darum, dass wir die Vertreter des SEK treffen konnten.

An der zurückliegenden ordentlichen Sitzung der SBK war die Statistik zu sexuellen Übergriffen traktandiert. Gibt es Neuigkeiten?

Morerod: An unserer nächsten Sitzung im Dezember werden wir ausführlich über das Thema reden und zwar aus folgendem Grund: Im Dezember ist ein Gebet in Sitten für die Missbrauchs-Opfer vorgesehen. Wir werden rechtzeitig die Medien über diesen Anlass informieren. Dann wird sich auch die Gelegenheit bieten, um über diese Statistik zu reden.

 

Bischof Charles Morerod | © CES
8. September 2016 | 16:24
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