Bischof Felix Gmür
Schweiz

Bistum Basel: Wird die vatikanische Untersuchung auf Felix Gmür ausgeweitet?

Bischof Joseph Maria Bonnemain untersucht Vorwürfe gegen vier amtierende Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz. Aktuell nicht untersucht werden die Vertuschungsvorwürfe gegen Felix Gmür. RKZ-Generalsekretär Urs Brosi schliesst nicht aus, dass sich dies in Zukunft ändern könnte.

Annalena Müller

Seit Mitte August kommen die Schweizer Bischöfe nicht mehr aus den Schlagzeilen. Zunächst stürzte der «Beobachter» den Basler Vorzeigebischof Felix Gmür (57) vom Podest. Ihm wird Vertuschung im Fall «Nussbaumer» vorgeworfen. Am 12. September nahm der bis anhin gute Ruf des St. Galler Bischofs Markus Büchel (74) Schaden. Die Missbrauchsvorstudie wirft Büchel vor: Er habe es versäumt, einen Missbrauchstäter, den sein Vorgänger Ivo Fürer geschützt hat, aus der Seelsorge zu entfernen.

Zweierlei Mass

Zwischen den beiden Enthüllungen sorgte der «SonntagsBlick» für ein weiteres Erdbeben. Dieser berichtete Anfang September, dass Papst Franziskus den Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain (75) im Juni als Sonderermittler eingesetzt hat. Bonnemain leitet seither eine Voruntersuchung gegen vier aktive Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz (SBK).

Der Churer Bischof Joseph Bonnemain
Der Churer Bischof Joseph Bonnemain

Allerdings: Weder Büchel noch Gmür sind Teil dieser Untersuchung. Im Fall Gmür könnte sich das in Zukunft ändern. Die RKZ hält sich den Gang nach Rom offen.

Was heisst «Vertuschung»?

Die Medien schreiben viel von Vertuschung und Vertuschungsvorwürfen gegen Schweizer Bischöfe. Was genau mit Vertuschung gemeint ist, scheint hingegen nicht jedem klar. Selbst Felix Gmür gibt sich diesbezüglich unsicher. Zumindest stellt er die Frage Eva Meienberg, die ihn für das Aargauer Pfarrblatt «Horizonte» interviewte. Meienberg erklärt es dem Bischof. Vertuschung ist: «Wenn man etwas nicht meldet, was man melden sollte.»

Bischof Felix Gmür vom Bistum Basel
Bischof Felix Gmür vom Bistum Basel

Natürlich ist das nicht die einzige Form von Vertuschung. Auch das Nicht-Einleiten von Voruntersuchungen oder das Nicht-Nachgehen von Meldungen bei den Fachgremien würden als Vertuschung zählen. Aber: Vertuschung ist nicht kumulativ. Für den Vertuschungsverdacht reicht eine Form des bischöflichen Nicht-Agierens, wenn das Kirchenrecht bischöfliches Agieren vorschreibt.

Voruntersuchung – wer und wer nicht?

Joseph Maria Bonnemain ermittelt auf Befehl Roms akutell gegen die amtierenden Bischöfe Alain de Raemy (64), Charles Morerod (61) und Jean-Marie Lovey (73). Nicht auf Bonnemains Liste: Markus Büchel und Felix Gmür. Während Büchel «seinen» Vertuschungs-Vorwurf von seinem Vorgänger Ivo Fürer geerbt hat, sieht es im Bistum Basel anders aus. Hier steht Felix Gmür selbst unter Vertuschungsverdacht.

SBK-Generalsekretär Davide Pesenti will sich nicht einmischen.
SBK-Generalsekretär Davide Pesenti will sich nicht einmischen.

Auf der Ermittlungsliste von Bischof Bonnemain stehen nur diejenigen Personen, die Nicolas Betticher (62) in seinem Schreiben an den Vatikan im Mai dieses Jahres nannte. Naturgemäss gehört die Causa Gmür nicht dazu, denn der Fall «Nussbaumer» wurde erst im August publik. Aber seither schlägt der Fall auch wegen des abwehrenden Verhaltens von Bischof Gmür regelmässig Wellen.

Die Missbrauchsbetroffene Vreni Peterer sagte diese Woche ein gemeinsames Interview mit dem Bischof ab und fand auf der Podiumsdiskussion an der Paulus-Akademie am Montag klare Worte. Und auch Gmür selbst äussert sich immer wieder – im Podcast «Laut + Leis», beim SRF in der Rundschau und im Tagesgespräch sowie im Interview mit «Horizonte». Fehler sieht er bei sich nur wenige und er laviert lieber, als sich für die Weitergabe vertraulicher Daten an einen mutmasslichen Täter zu entschuldigen.

Rom entscheidet – aber SBK und RKZ könnten nachhelfen

Kath.ch hat bei der SBK und der RKZ angefragt, ob man dort in Erwägung ziehe, den Auftrag an Bischof Bonnemain zu erweitern. Denn warum sollten nur diejenigen Fälle, die ein Kleriker angezeigt hat, untersucht werden, und diejenigen, welche von der Presse aufgedeckt wurden, nicht?

Für die RKZ ist der Gang nach Rom durchaus denkbar.
Für die RKZ ist der Gang nach Rom durchaus denkbar.

SBK-Generalsekretär Davide Pesenti (40) verweist in seiner Antwort darauf, dass «diese Voruntersuchung Kompetenz vom Heiligen Stuhl» sei. Ähnlich äussert sich zunächst der RKZ-Generalsekretär Urs Brosi am Telefon. Man könne den Auftrag nicht selbstständig erweitern, da eine Untersuchung gegen einen Bischof kirchenrechtlich nur vom Papst bestimmt werden könne.

Gang nach Rom momentan kein Thema

kath.ch hakt nach: muss man also auf einen weiteren Whistleblower warten? Oder wäre es in der aktuellen Misstrauenskrise ein guter Schritt, wenn RKZ und SBK selbst um die Ausdehnung der Untersuchung bitten würden? Ein solches Handeln wäre zum einen fair, weil dann alle Bischöfe gleichbehandelt würden. Und zum anderen wäre es ein proaktiver Schritt, der zeigen würde, dass man es ernst meint und dass man alle Verdachtsfälle gleichwertig untersuchen lässt.

Urs Brosi stimmte dieser Einschätzung prinzipiell zu. Da das Bistum Basel den Vorschlag des Aargauer Kirchenratspräsidenten Luc Humbel für eine administrative Untersuchung des Falls Nussbaumer abgelehnt hatte, wollte der Generalsekretär nicht ausschliessen, dass im Rahmen des laufenden Konsultationsverfahrens seitens der kantonalkirchlichen Körperschaften die Forderung auf den Tisch komme, den Vatikan um eine Berücksichtigung auch dieses Falls zu bitten. Das Präsidium der RKZ konzentriere sich aber zunächst darauf, eine externe Fachperson, welche Bonnemain bei seiner Untersuchung unterstützen solle, zu beauftragen. Für alle Personen gilt die Unschuldsvermutung.


Bischof Felix Gmür | © Bernard Hallet
29. September 2023 | 17:40
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!