Der Oltner Journalist Werner de Schepper vor der Klosterkirche.
Schweiz

Werner de Schepper: «Das Kloster war eine Oase mitten in der Stadt»

Viele wichtige Momente im Leben des Journalisten Werner De Schepper haben sich in der Oltner Klosterkirche zugetragen. In die Stille der Klosterkirche hat er sich auch zurückgezogen, um seine Abschiedsworte zu schreiben. Das Kloster und seine Bewohner waren ihm Begleiter in allen Lebensabschnitten. «Ich werde die Kapuziner unglaublich vermissen», schreibt De Schepper.

Werner De Schepper*

«Ich sitze – vermutlich ein letztes Mal – in der Kirche des Kapuzinerklosters. Draussen stehen drei Crack-Drögeler an der Pforte – bald ist wohl auch dieser Flucht-Ort für die Randständigen ein Nicht-Ort. Drinnen ist es ruhig. Das Kloster war eine Oase mitten in der Stadt – und ich danke den Kapuzinern, die mich und meine Familie ein Leben lang begleitet haben. 

Ort der Ruhefindung

Hier ging ich auf Anraten meines Vaters als Jugendlicher zur Beichte, weil der Kapuziner, der sie abnahm, praktisch taub war. Darum konnte ich ihm immer alles anvertrauen. Hier ging ich zur Ruhefindung immer um 6.30 Uhr in die Frühmesse, wenn eine Prüfung oder schwierige Entscheidungen anstanden. Und das passierte oft genug.

Klosterkirche Olten in der Weihnachtszeit.
Klosterkirche Olten in der Weihnachtszeit.

Hier ging ich mit meinem Schulkollegen Christian zu Bruder Werner – und beschloss am Ende des Gymnasiums als Postulant ins Kloster Altdorf zu gehen. Nach sechs Wochen wusste ich, dass der zölibatäre Weg nicht mein Weg war, aber die Kapuziner von Olten blieben meine Wegbegleiter.

Vater-Sohn Momente

Sie waren bei meiner Hochzeit dabei, bei der Taufe meiner ersten beiden Kinder und bei unzähligen Familienfesten. Hier ging ich mit meinem Vater zur Stärkung hin, als ich ihm sagte, dass ich mich neu verliebt hatte und darum die Scheidung anstehe.

Mit seinem Vater an Silvester im Kloster Wein trinken: Das gehört zu den schönen Erinnerungen.
Mit seinem Vater an Silvester im Kloster Wein trinken: Das gehört zu den schönen Erinnerungen.

Hier ging ich auch jedes Jahr um elf Uhr mit meinem Vater an Silvester eine Flasche Wein trinken. Meist mussten wir uns am Nachmittag dann erst mal zur Ruhe legen…

Klosterkirche

Hier im Klostergarten und im Ratskeller feierte ich mit den Kapuzinern, mit der Familie und meinen besten Freunden und Freundinnen sowie den KollegInnen vom Boulevardblatt «Blick» meinen 40. Geburtstag. Und hier feierten wir 2016 in einer vollen Kirche den Trauergottesdienst für meinen Vater, nachdem er ein paar Wochen vorher – obwohl dement – noch einmal den Wunsch hatte, mit mir in die Klosterkirche zu gehen. Was wir auch taten. Und ich jetzt leider zum letzten Mal tue.

Draussen sind die Drögeler wieder gegangen. Sie haben Suppe und Brot bekommen. Ich werde die Kapuziner, die ihre stille Spiritualität mit der lauten Stadt mit Frohsinn teilten, unglaublich vermissen.»

*Werner De Schepper schrieb den Beitrag am 16. Januar in der Klosterkirche. De Schepper wuchs im liberal-katholischen Milieu in Olten auf. Er arbeitete für TeleBärn, die Aargauer Zeitung und hatte Führungsposten bei Ringier inne. Ab dem 1. April wird er als Blattmacher zum Bieler Tagblatt wechseln. (am)

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Serie: Oltner nehmen Abschied von ihren Kapuzinern

24.01. Pedro Lenz: «Ich werde jeden einzelnen Kapuziner vermissen, wenn sie nicht mehr da sind»

25.01. Werner de Schepper: «Das Kloster war eine Oase mitten in der Stadt»

26.01. Tatjana Disteli: «Das Kloster Olten ist ein Mahnmal der Freundlichkeit und Nächstenliebe»

27.01. Roger Lang: «Ein unvorstellbarer Verlust, dass das Kloster Olten ohne die Kapuziner sein wird»

28.01. Martin Wey: «Kapuzinerkloster Olten – der Kraftort unserer Stadt!»


Der Oltner Journalist Werner de Schepper vor der Klosterkirche. | © zVg
25. Januar 2024 | 12:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
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