Pedro Lenz
Schweiz

Pedro Lenz: «Ich werde jeden einzelnen Kapuziner vermissen, wenn sie nicht mehr da sind»

Für den Schriftsteller Pedro Lenz war es ein Luxus, «ein lebendiges Kloster in der Stadt zu haben». Der Weggang der Kapuziner aus Olten schmerzt Lenz persönlich. Dass jetzt schon von Interessensgruppen um das Gebäude gebuhlt wird, findet er «respektlos gegenüber den Brüdern, die bis Ostern noch dort leben und wirken.»

Pedro Lenz*

«Ein lebendiges Kloster in der Stadt zu haben war und ist für mich ein Luxus. Das Kloster unterscheidet sich ja von der Pfarrei dadurch, dass es ohne mein Zutun existiert. In der Pfarrei bin ich als Pfarreimitglied dazu aufgerufen, mich einzubringen. Im Kloster darf ich einfach Gast sein.

Die selbstlosesten Gastgeber Oltens

Die Klosterbrüder sind die selbstlosesten Gastgeber Oltens. Sie freuen sich, wenn ich bei ihnen bin, aber sie erwarten nichts von mir. Am Klostergottesdienst darf ich teilnehmen, aber wenn ich nicht da bin, ist es auch in Ordnung. Gehe ich durch die Stadt und begegne einem Klosterbruder, wird mir warm ums Herz. Einer von ihnen hat zusammen mit unserer Pfarreileiterin zwei meiner Kinder getauft. Ich werde jeden einzelnen Kapuziner vermissen, wenn sie nicht mehr da sind.

Bruder Werner Gallati und  Bruder Josef Bründler beim Silvester-Fondue
Bruder Werner Gallati und Bruder Josef Bründler beim Silvester-Fondue

Mich schmerzt es, in der Zeitung zu lesen, wie verschiedene Interessengruppen jetzt schon darüber diskutieren, was aus dem Kloster werden soll, wenn die Kapuziner nicht mehr da sind. Dieses Buhlen um das Kloster ist respektlos gegenüber den Brüdern, die bis Ostern noch dort leben und wirken.

Ohne die Gastgeber wird das Kloster nie mehr so sein wie zuvor

Das Kloster als Gebäude wird zwar nach der Schliessung Teil der Stadt bleiben. Aber mich persönlich wird es nicht mehr gross interessieren. Mich haben vor allem die Kapuziner interessiert. Dass sie einen wunderbaren Garten haben, den sie oft für die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt geöffnet haben, stimmt auch. Aber jeder Besuch im Klostergarten war für mich vor allem deswegen speziell, weil ich in den Genuss der klösterlichen Gastfreundschaft kam. Ohne die Gastgeber wird das Kloster nie mehr so sein wie zuvor.

Kapuzinerkloster Olten
Kapuzinerkloster Olten

Wir könnten endlos darüber spekulieren, warum viele Klostergemeinschaften bei uns keinen Nachwuchs mehr haben und aufgelöst werden müssen. Bestimmt gibt es viele gescheite Erklärungsansätze dafür. Aber jede Erklärung ändert nichts an der Tatsache, dass ich als Katholik und als Einwohner von Olten den Weggang der Kapuziner zutiefst bedaure.

*Pedro Lenz (58) ist ein Schweizer Schriftsteller, der in Mundart schreibt und vorträgt. Geboren und aufgewachsen ist er in Langenthal BE als Kind eines Ostschweizer Vaters und einer Spanischen Mutter. Lenz lebt mit seiner Familie in Olten. (am)

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Serie: Oltner nehmen Abschied von ihren Kapuzinern

24.01. Pedro Lenz: «Ich werde jeden einzelnen Kapuziner vermissen, wenn sie nicht mehr da sind»

25.01. Werner de Schepper: «Das Kloster war eine Oase mitten in der Stadt»

26.01. Tatjana Disteli: «Das Kloster Olten ist ein Mahnmal der Freundlichkeit und Nächstenliebe»

27.01. Roger Lang: «Es ist ein unvorstellbarer Verlust, dass das Kloster Olten ohne die Kapuziner sein wird»

28.01. Martin Wey: «Kapuzinerkloster Olten – der Kraftort unserer Stadt!»


Pedro Lenz | © Vera Rüttimann
24. Januar 2024 | 12:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
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