Eine zusammengewürfelte Gruppe von vier jungen Menschen teilt sich ein Ferienhaus an der Ostsee. Derweil alle mit sich, den anderen und der Erfüllung ihrer Wünsche beschäftigt sind, nähert sich ein Waldbrand immer schneller. Christian Petzolds «Roter Himmel» erzählt grandios von intensiven Gefühlen und dem unerwarteten Ende der Unschuld.

Silvan Maximilian Hohl

Plötzlich bleibt das Auto von Leon und Felix stehen. Der Motorschaden zwingt sie, sich durch die Büsche zu schlagen. Bei ihrem Ferienhaus nahe der Ostsee angekommen, bemerken sie, dass sie ihr Domizil mit der am Küstenort jobbenden Nadja und dem Rettungsschwimmer Devid teilen müssen.

Junge Menschen kreisen um sich selbst

Während Felix, Nadja und Devid ihre Zeit mit Schwimmen, Jobben und Kochen verbringen, versucht Leon erfolglos, seinen zweiten Roman fertigzustellen. Immer wieder überfliegen ohrenbetäubend lärmende Löschhelikopter das kleine Ferienhäuschen. Der Waldbrand in der Nähe scheint die vier jedoch nicht zu kümmern. Vielmehr sind sie mit sich, einander, ihren Wünschen, Zielen und Hoffnungen beschäftigt.

«Roter Himmel» handelt von der Suche nach der eigenen Erfüllung im Leben und der Gefahr, diese vor lauter Fokussierung auf sich selbst zu verlieren. Leon, der zwanghaft versucht, ein Meisterwerk über das Leben zu schreiben und dabei sein Eigenes missachtet.

Bis es Asche regnet

Während Nadja, Felix und Devid miteinander sich und die Welt erkunden, möchte Leon sich von ihnen abkoppeln. Der sich nähernde Waldbrand scheint wie eine Parabel: Durch die Fokussierung auf sich selbst, blendet die Gruppe das Offensichtliche aus – bis es Asche regnet.

Christian Petzolds Film schaut sich an, wie sich ein guter Roman lesen lässt. Die einfachen, aber starken Bilder, die witzig-intelligenten Dialoge, die tiefschürfenden Figuren und der fast vollständige Verzicht auf Filmmusik machen den Film zu einem Erlebnis, das frei von Manipulation, dafür von grosser Empathie geprägt ist.

«Roter Himmel», Deutschland 2023; Regie: Christian Petzold; Mit: Thomas Schubert, Paula Beer, Langston Uibel, Enno Trebs, Matthias Brandt; Verleih: https://www.filmcoopi.ch; Homepage: https://www.filmcoopi.ch/movie/roter-himmel

Ab 25. Mai im Kino

weitere Filmtipps

weitere Filmtipps

Lebenslange Mission für die Ärmsten: Abbé Pierre

Abbé Pierre hat sich wie kein anderer in Frankreich für die Ärmsten der Gesellschaft eingesetzt. Der streitbare Priester mit Bart und Béret hat nach dem Zweiten Weltkrieg vor den Toren Paris die Emmaus-Bewegung gegründet. Diese ist zu einer internationalen Organisation angewachsen, die heute auf vier Kontinenten gegen Armut kämpft.

Suche nach persönlicher Freiheit: «Banel & Adama»

Adama und Banel lieben sich und wollen die Dorfgemeinschaft verlassen. Doch das Dorf und selbst die Natur scheint sich gegen den Plan des Paares verschrieben zu haben. Eine Tragödie griechischen Ausmasses in der Kulisse eines senegalesischen Dorfes.

Über allem schwebt die Hoffnung: «Prisoners of Fate»

Afghanische und iranische Flüchtlinge erzählen in einem Asylzentrum von ihrem Alltag in der Schweiz. Der Regisseur Mehdi Sahebi flüchtete selbst als 20-Jähriger aus dem Iran in die Schweiz. Dadurch ist eine ganz besondere Nähe zu seinen Protagonistinnen und Protagonisten entstanden, die auch in uns Verständnis und Empathie weckt.

Kämpfer gegen den Genozid an den Jenischen – «Lubo»

Ein Vater ist in «Lubo» auf der Suche nach seinen zwangsversorgten Kindern. Der Film erzählt ein tieftrauriges Kapitel der Schweizergeschichte. Jahrzehntelang zerstörte die Organisation «Pro Juventute» mit ihrer rassenhygienischen Aktion «Kinder der Landstrasse» tausende jenische Familien.

Alle Filmtipps

---

Jetzt für kath.ch spenden

Scannen Sie den QR-Code mit der TWINT-App

Bestätigen Sie den Betrag und die Spende