Teilnehmende der nationalen synodalen Versammlung in Einsiedeln.
Rauchzeichen

Synodale Versammlung, Manfred Belok, Pfingsten: Was diese Woche wichtig wird

Auf dem Katholikentag in Stuttgart wird klar: Deutschland ist auf Impulse aus der Schweiz angewiesen. Heute kommt in Einsiedeln die nationale synodale Versammlung zusammen. Papst Franziskus betet am Dienstag für die Ukraine. Manfred Belok hält seine Abschiedsvorlesung. Und bald sind 50 Tage nach Ostern: Pfingsten.

Raphael Rauch

«Mir ist peinlich, wie langsam die Schweiz ist», sagt Pfadi-Mann Thomas Boutellier (42). Er gehört zu den Schweizerinnen und Schweizern, die am Katholikentag in Stuttgart teilgenommen haben und beeindruckt sind von einer lauten, vielstimmigen, reformfreudigen Kirche.

Meinrad Furrer kritisiert Bischof Bonnemain

Die Kirche in der Schweiz ist teilweise sehr, sehr langsam. Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, möchte das Kirchenrecht im Rahmen des Partikularrechts ändern, damit die sexuelle Orientierung bei Anstellungen keine Rolle mehr spielt. Diesen Mut bringen die Schweizer Bischöfe bislang nicht auf. Noch nicht.

Der katholische Seelsorger Meinrad Furrer spricht am Internationalen Tag gegen Homo-,Bi-, Inter- und Transphobie in der Jüdischen Liberalen Gemeinde Or Chadasch in Zürich.
Der katholische Seelsorger Meinrad Furrer spricht am Internationalen Tag gegen Homo-,Bi-, Inter- und Transphobie in der Jüdischen Liberalen Gemeinde Or Chadasch in Zürich.

«Mich schmerzt es, wie mir und vielen anderen abgesprochen wird, dass wir unser Leben kohärent mit der Frohbotschaft zu leben gewillt sind», schreibt der schwule Theologe Meinrad Furrer über die Kündigung der Zürcher Spitalseelsorgerin Veronika Jehle. Eine klare Kritik an Bischof Joseph Bonnemain, der nicht müde wird, an diese Kohärenz zu erinnern – ohne kohärent darzulegen, was er unter Kohärenz versteht.

Veronika Jehles Abschiedsbrief  

Diese kann es nicht mehr mit ihrem Gewissen vereinbaren, die diskriminierenden Strukturen der Kirche zu unterstützen, und hat Bischof Joseph Bonnemain einen Abschiedsbrief geschrieben.

Veronika Jehle
Veronika Jehle

Es gibt aber auch Punkte, in denen die Schweiz dem grossen Kanton seit Jahrzehnten voraus ist. Der Katholikentag macht deutlich, dass Schweizer Best-Practice-Beispiele dringend bekannt gemacht werden müssen – denn die Schweiz hat der Weltkirche viel zu sagen.

Laiinnen und Laien können taufen – das gefällt manchen Diakonen nicht

Zum Beispiel über die Möglichkeit, dass auch Laiinnen und Laien taufen und trauen können. Anfang Juni wird Melanie Malitius (45) als erste Laiin in Deutschland ein Kind taufen. Im Bistum Basel und im Bistum St. Gallen ist diese Praxis schon länger üblich, in Teilen des Bistums Chur ebenfalls. 

Dorothee Becker leitet eine Kommunionfeier in der Kirche St. Franziskus, Riehen.
Dorothee Becker leitet eine Kommunionfeier in der Kirche St. Franziskus, Riehen.

Doch wenn Laiinnen und Laien taufen und trauen dürfen, ist die «invidia clericalis» nicht weit. Manche Diakone in Deutschland sind «not amused» über die neuen Möglichkeiten ihrer ungeweihten Kolleginnen und Kollegen. Wir haken nach.

Daniel Kosch berichtet über Bischofsernennungen in der Schweiz

Auch der Generalsekretär der Römisch-katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ), Daniel Kosch, machte die Erfahrung, dass die Deutschschweiz bei Bischofsernennungen vergleichsweise partizipativ unterwegs ist. Auch hier kann die Schweiz der Weltkirche Impulse geben.

Daniel Kosch
Daniel Kosch

«Die katholische Kirche in der Schweiz hat Erfahrungen mit beidem: mit Mitwirkungsrechten bei der Bischofswahl und mit der Erfahrung, was für Folgen deren Missachtung haben kann, wie dies im Fall Haas der Fall war», sagte Daniel Kosch in Stuttgart. 

Erinnerung an das Schweizer Hochgebet

«Aufgrund dieser Erfahrungen hat die RKZ 1992 einen Expertenbericht veröffentlicht, der bis heute nicht an Aktualität eingebüsst hat: Er plädiert für ortskirchliche Mitwirkungsrechte unter Einbezug des Kirchenvolkes, des Konsultorenkollegiums (Domkapitels), des diözesanen Pastoralrats, des Priesterrates und der Bischofskonferenz. Und er legt Wert auf ein transparentes Verfahren und Begründungspflicht für den Fall, dass Rom eine Wahl nicht bestätigt.» Solange solche Mitwirkungsrechte nicht kirchenrechtlich oder konkordatär verankert sind, sind die bisherigen Mitwirkungsrechte des Domkapitels (Chur), der staatskirchenrechtlichen Organe (St. Gallen) und der staatlichen Instanzen (Basel) aktiv.

Erzbischof von Vaduz, Wolfgang Haas.
Erzbischof von Vaduz, Wolfgang Haas.

Ein anderes Beispiel, wo die Schweiz der Weltkirche Impulse geben könnte, ist das Schweizer Hochgebet. Es fristet mittlerweile zwar auch in der Schweiz ein Schattendasein. Aber dass sich die Gläubigen eine lebendige Liturgie wünschen – auch das war ein zentrales Anliegen in Stuttgart. Und das Schweizer Hochgebet wurde in Stuttgart explizit erwähnt.

Philippa Rath kommt nach Zürich

Konkrete Änderungen dauern auch in Deutschland viel zu lange – darin waren sich die Reformkatholikinnen und Reformkatholiken in Stuttgart einig. Die Ordensfrau Philippa Rath sprach von bröckelnden Ängsten und sich öffnenden Türen. «Das ist alles ein Zeichen, dass der Betonklotz Kirche ins Wanken geraten ist», betonte sie. Die «Buntheit» müsse im Alltag und der Gesamtstruktur der Kirche gelebt werden – was einen tiefgreifenden Bewusstseinswandel brauche. Dazu dürfe der Druck der Basis auf die Bischöfe nicht nachlassen.

Wer Philippa Rath persönlich kennen lernen möchte, hat dazu am 27. Juni Gelegenheit: Paulus-Akademie und kath.ch laden sie zu einer Diskussion nach Zürich ein: «Weil Gott Frauen ins Amt will! Auf dem Weg zu einer geschwisterlichen Kirche». Herzlich willkommen!

Im Folgenden die prägnantesten Zitate des Katholikentags zum Nachlesen:

Best of Katholikentag

Bischof Georg Bätzing und ZDF-Star Dunja Hayali in Stuttgart.
Bischof Georg Bätzing und ZDF-Star Dunja Hayali in Stuttgart.

«Es gibt Bischöfe, die den Schuss gehört haben und aufgewacht sind. Sie haben Interesse an Reformen und würden sie auch gerne umsetzen. Und dann gibt es natürlich auch Bedenkenträger – hier bei uns in Deutschland. Aber einer der grössten Bedenkenträger sitzt im Vatikan – und das ist der Papst.»

ZDF-Star Dunja Hayali im kath.ch-Interview.

Irme Stetter-Karp ist Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)
Irme Stetter-Karp ist Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)

«Ich bin ein freier Mensch. Ich arbeite nicht in der katholischen Kirche.»

ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp in einer ZDF-Diskussion auf die Bitte der Moderatorin um eine ehrliche Antwort – und den Hinweis, der Papst schaue gerade nicht zu.

Schwester Philippa Rath, Benediktinerin der Abtei Sankt Hildegard in Rüdesheim-Eibingen, am Rednerpult im Frankfurter Dom
Schwester Philippa Rath, Benediktinerin der Abtei Sankt Hildegard in Rüdesheim-Eibingen, am Rednerpult im Frankfurter Dom

«Zur Priesterinnenweihe, da bin ich sportlich unterwegs. Ich rechne etwa mit einem Zeithorizont von 20 Jahren. Ob dann allerdings noch Frauen da sein werden, die bereit sind, sich weihen zu lassen, ist eine andere Frage.»

Ordensfrau Philippa Rath

Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), 2020
Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), 2020

«In der Situation, wo wir jetzt sind, betrügen wir viele Menschen um eine Brücke zu Gott. Und das ist das, woran ich leide. Ich schöpfe daraus die Kraft, alles zu tun, was in meiner Macht steht, es zu ändern.»

Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, in einer ZDF-Diskussion vom Katholikentag.

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf

«Es kann nicht angehen, dass plötzlich Menschen, die für eine pazifistische Linie stehen, als fünfte Kolonne Moskaus dastehen. Eine solche Wortwahl ist verheerend.»

Der Präsident der katholischen Friedensbewegung Pax Christi, Bischof Peter Kohlgraf aus Mainz, bei einem Podium über Kriegsdienstverweigerung.

Johannes zu Eltz, Stadtdekan von Frankfurt am Main, kritisierte Hochmut, Heuchelei und Herzenshärte in der katholischen Kirche.
Johannes zu Eltz, Stadtdekan von Frankfurt am Main, kritisierte Hochmut, Heuchelei und Herzenshärte in der katholischen Kirche.

«Die Behauptung, Strukturfragen hätten nichts mit Glaubensfragen zu tun, ist eine reine Immunisierungsstrategie der Machtbesitzer in der Kirche.»

Frankfurts Stadtdekan Johannes zu Eltz auf der Stuttgarter Bühne des Katholischen Medienhauses in Bonn.

«Ich finde es immer schwierig zu sagen, die Welt sei aus den Fugen, weil ich mich nicht erinnern kann, wann die Welt mal in den Fugen war.»

Schriftstellerin Nora Bossong

Heute kommen in Einsiedeln Katholikinnen und Katholiken aus der ganzen Schweiz zusammen, um im Rahmen des synodalen Prozesses einen nationalen Bericht zu verabschieden. Dieser geht dann nach Rom und wird Grundlage für spätere Diskussionen – sowohl auf europäischer Ebene wie auf Ebene der Weltkirche.

Ausschluss von Frauen und queerer Menschen Thema in Einsiedeln

Ein Blick in den Entwurf des Berichts zeigt: Die unterschiedlichen Anliegen der Gläubigen wurden nicht verwässert. Während trotz vielfacher Sex-Skandale das Bistum Lugano zum Thema Sexualmoral schweigt, spricht der nationale Bericht durchaus Klartext.

Teilnehmende der nationalen synodalen Versammlung in Einsiedeln.
Teilnehmende der nationalen synodalen Versammlung in Einsiedeln.

Der Entwurf des nationalen Synodenberichts kritisiert unter anderem den Ausschluss von Frauen und queerer Menschen. «Die offene oder indirekte Zurückweisung oder Abwertung von Menschengruppen widerspricht einer synodalen Kirche ebenso wie der Verheissung des Evangeliums», heisst es in dem Bericht. Die Sexualmoral und die Lehre der Kirche müssten «überarbeitet und die pastoralen Angebote der Kirche entsprechend verändert werden».

Pontifikalamt mit Bischof Felix Gmür

Heute geht’s um 8.30 Uhr mit einem Pontifikalamt in Einsiedeln los, dem Bischof Felix Gmür vorsteht. Die «Allianz Gleichwürdig Katholisch» hat angekündigt, eine Spontan-Aktion in Einsiedeln zu veranstalten. «Wir werden vor Ort sein und den Freundinnen und Freunden der Synodalität den roten Teppich ausrollen», teilt Geschäftsführerin Mentari Baumann mit.

Kardinal Sodano begleitete Papst Johannes Paul II. 2004 nach Bern.
Kardinal Sodano begleitete Papst Johannes Paul II. 2004 nach Bern.

Am Dienstag findet im Vatikan das Requiem für Kardinal Angelo Sodano statt. Unter den Trauernden ist auch Kurienkardinal Kurt Koch. Sodano war ein Spitzendiplomat der alten Schule. Aus Schweizer Sicht hat er die Haas-Krise mitzuverantworten. Entsprechend verhalten fielen die Kondolenz-Botschaften in der Schweiz aus. 

«So dano, nur Schaden»

Der Kapuziner Walter Ludin erinnert an eine Anekdote aus Lateinamerika: An einer Konferenz der lateinamerikanischen Bischöfe vertrat Sodano in Santo Domingo den Vatikan. «Die Brasilianer sprachen seinen Namen auf brasilianisch aus: so dano, nur Schaden», sagt Walter Ludin.

Der Kapuziner Walter Ludin
Der Kapuziner Walter Ludin

Martin Kopp erinnert daran, dass Sodano unbedingt an Wolfgang Haas als Bischof von Chur festhalten wollte. Kardinal Sodano verband mit dem Walliser Kardinal Heinrich Schwery eine besondere Form der Männerfreundschaft: «Sodano konnte Schwery nicht ausstehen», sagt der Walliser Priester Paul Martone. «Sie hatten unterschiedliche Vorstellungen über kirchliche Leitung.»

Gebet für die Ukraine

Zum Ende des Marienmonats Mai findet am Dienstag im Vatikan ein Rosenkranz-Gebet statt. Papst Franziskus teilte mit, er wolle der Welt, die unter dem Konflikt in der Ukraine leidet und durch die Gewalt der vielen noch aktiven Kriegsschauplätze tief verwundet ist, ein Zeichen der Hoffnung geben.

Papst Franziskus betet für die Ukraine.
Papst Franziskus betet für die Ukraine.

Das Gebet zum Abschluss des Marienmonats Mai wird am 31. Mai um 18 Uhr im Livestream über die Kanäle des Vatikans übertragen.

Ukrainischer Bischof in der Schweiz

Seit Samstag ist der für die Schweiz zuständige Bischof der ukrainisch griechisch-katholischen Kirche in der Schweiz, genauer: der Apostolische Administrator der Eparchie Saint Vladimir le Grand de Paris.

Er ist Gast der Vollversammlung der Schweizer Bischofskonferenz in Einsiedeln. Am Mittwoch, 1. Juni, wird er zudem eine Vesper in Bern und am Donnerstag, 2. Juni, einen Gottesdienst in Zürich feiern.

«Platinum Jubilee»

Von Donnerstag bis Sonntag ist Grossbritannien und das ganze Commonwealth in Feststimmung. Die Briten rechnen mit vier Tagen Ausnahmezustand. Der Grund heisst «Platinum Jubilee». Elizabeth II. ist 70 Jahre lang Königin.

Queen Elizabeth - hier mit Mary McAleese.
Queen Elizabeth - hier mit Mary McAleese.

Mit tausenden Strassenfesten wollen die Menschen in Grossbritannien landesweit das 70. Thronjubiläum ihrer Queen feiern. Mit der Krone hat Elizabeth auch einen religiösen Hut auf: Sie ist offizielles Oberhaupt der «Church of England» und trägt den Titel «Defender of the faith», Verteidigerin des Glaubens. Wir haken nach, wie die Anglikanerinnen und Anglikaner in der Schweiz das «Platinum Jubilee» begehen.

Abschied von Manfred Belok

Am Donnerstag lädt die Theologische Hochschule Chur zur Abschiedsvorlesung des Pastoraltheologen Manfred Belok ein. «Glaube und Struktur: Zwei Brennpunkte einer pastoraltheologischen Ellipse» heisst der Vortrag, mit dem Manfred Belok «Au revoir» sagt. Beginn ist um 17 Uhr. Hier geht’s zum Anmeldeformular

Manfred Belok, Professor für Pastoraltheologie und Homiletik an der Theologischen Hochschule Chur
Manfred Belok, Professor für Pastoraltheologie und Homiletik an der Theologischen Hochschule Chur

Am Sonntag wird in Greifensee ein Buch vorgestellt, dessen Mitherausgeber Manfred Belok ist. In Reformdebatten fällt immer wieder ein Satz von Hans Küng: «Selber handeln – zu viele klagen und murren über Rom und die Bischöfe, ohne selber etwas zu tun.» Also Selbstermächtigung der freien Christenmenschen – und nicht darauf warten, bis Männer mit Mitra sich bewegen.

«Wir haben einfach gemacht!»

In Greifensee wird nicht gewartet, sondern gehandelt. Am Pfingstsonntag findet um 10.30 Uhr die Vernissage des Pfarreibuches «Wir haben einfach gemacht!» statt. Es geht um ein mehrjähriges Projekt, an dem über 80 Menschen mitgewirkt haben. Herausgeber des Buches sind Hella Sodies und Manfred Belok.

Ich wünsche Ihnen ein frohes Pfingstfest!

Was wird nächste Woche wichtig? Ich freue mich über Ihren Input an rauchzeichen@kath.ch.

Einen guten Start in eine synodale Woche wünscht Ihnen

Ihr

Raphael Rauch


Teilnehmende der nationalen synodalen Versammlung in Einsiedeln.
30. Mai 2022 | 08:04
Lesezeit: ca. 8 Min.
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