Bischof Georg Bätzing und ZDF-Star Dunja Hayali in Stuttgart.
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ZDF-Star Dunja Hayali: «Der grösste Bedenkenträger sitzt im Vatikan – und das ist der Papst»

Queer, katholisch, Ministrantin – passt das zusammen? Ja, sagt ZDF-Moderatorin Dunja Hayali auf dem Katholikentag in Stuttgart. Sie fordert von Papst Franziskus mehr Mut zu Reformen: «Die Kirche braucht weniger Verbote und mehr Freiheit.»

Raphael Rauch

Sie waren katholische Ministrantin und queer – passt das zusammen?

Dunja Hayali*: Warum nicht? Wenn man die Botschaft Jesu vernünftig deutet, geht es um Liebe, Nächstenliebe, ums füreinander Dasein. Das hat nichts mit dem Geschlecht zu tun oder damit, welchen Menschen ich liebe. Aber damit hat die Kirche offensichtlich ein Problem und das bekommt sie auch zu spüren – in öffentlichen, zurecht geführten Diskussionen. 

Mit Regenbogen-Fahne: die Elisabethenkirche in Basel.
Mit Regenbogen-Fahne: die Elisabethenkirche in Basel.

Sie haben auf dem Katholikentag eine Diskussion mit Reformkräften moderiert. Hat die Kirche den Schuss gehört – oder ist sie nicht reformierbar? 

Hayali: So pauschal kann man das nicht sagen. Es gibt Bischöfe, die den Schuss gehört haben und aufgewacht sind. Sie haben Interesse an Reformen und würden sie auch gerne umsetzen. Und dann gibt es natürlich auch Bedenkenträger – hier bei uns in Deutschland. Aber einer der grössten Bedenkenträger sitzt im Vatikan – und das ist der Papst. Und das ist natürlich bedauerlich. 

Fratelli tutti: Mit einer Friedenstaube gedenkt Papst Franziskus 2021 der Kriegsopfer in Mossul.
Fratelli tutti: Mit einer Friedenstaube gedenkt Papst Franziskus 2021 der Kriegsopfer in Mossul.

Papst Franziskus ist letztes Jahr in den Irak gereist. Hat Sie das besonders berührt, weil Ihre Familie aus dem Irak stammt?

Hayali: Der Irak ist die Heimat meiner Eltern und wir sind Christen. Entsprechend ist meine Familie verfolgt worden. Noch heute ist das für meine Familie eine schmerzhafte Erfahrung. Natürlich hat mich die Reise des Papstes berührt. Das war ein starkes Zeichen. Aber das alleine reicht halt nicht. Man kann solche Zeichen setzen – aber die Veränderungen müssen an anderer Stelle passieren, weil die Kirche sonst wirklich einen massiven Bedeutungsverlust erleidet. Und das in Zeiten, wo die Kirche eigentlich eine wichtige Aufgabe hätte.

Sie haben in Stuttgart gesagt, Sie würden gerne den Papst interviewen. Auf welche Frage würden Sie den Papst festnageln?

Hayali: Das weiss ich nicht. Aber ich würde meine Interviews genauso führen, wie ich sie immer führe: nämlich zugewandt, aber kritisch und vor allen Dingen fair.

Welches Thema würden Sie auf jeden Fall ansprechen?

Hayali: Die ganzen Reformprozesse, die auch Thema des Synodalen Weges sind: die Verteilung von Macht und Kontrolle, die nicht nur bei den Männern liegen darf. Die Akzeptanz von Menschen, die andere Lebensmodelle bevorzugen, weil sie die einfach leben. Und natürlich ist der Zölibat ein wichtiges Thema. Die Kirche braucht weniger Verbote und mehr Freiheit.

Sind Sie noch Mitglied der katholischen Kirche?

Hayali: Nein, ich bin aus privaten Gründen vor sehr langer Zeit ausgetreten. Das heisst aber nicht, dass ich keinen Glauben habe.

* Dunja Hayali (47) ist ZDF-Moderatorin. Sie ist Tochter irakischer Christen aus Mossul. Sie wuchs als praktizierende Katholikin auf und diente in jungen Jahren als Ministrantin.


Bischof Georg Bätzing und ZDF-Star Dunja Hayali in Stuttgart. | © Raphael Rauch
26. Mai 2022 | 17:19
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