Sexueller Missbrauch
Schweiz

Schweizer Kapuziner korrigieren Informationen zum Fall «Allaz»

Luzern, 1.3.17 (kath.ch) Sowohl Ephrem Bucher als auch Mauro Jöhri haben, als sie Provinzial der Schweizer Kapuziner waren, ihrem pädophilen Mitbruder Joël Allaz verboten, in der Seelsorge tätig zu sein. Dies teilte der aktuelle Provinzial, Agostino Del Pietro, auf Anfrage von kath.ch mit. Damit präzisiert er frühere Aussagen des Ordens. Wann die Kommission, die den Fall «Allaz» juristisch aufarbeiten soll, tätig wird, konnte Del Pietro noch nicht bekannt geben.

Mit der Versetzung von Allaz im Jahr 1989 nach Frankreich sei der Provinzial von Frankreich ordensrechtlich für den Kapuziner zuständig geworden, schreibt Del Pietro. Dort habe ihn Ephrem Bucher, seit 2001 Provinzial der Schweizer Kapuziner, besucht, weil er sich gewissermassen moralisch für den Schweizer Mitbruder verantwortlich gefühlt habe.

Zuerst Pastoralverbot, dann Berufsverbot

Der Besuch habe «ungefähr» im Jahr 2002 stattgefunden. Damals habe Bucher Allaz verboten, pastoral tätig zu sein. Das Pastoralverbot sei auch nach Rom an die Generalkurie der Kapuziner gemeldet worden, schreibt Del Pietro weiter. Denn kurz darauf sei vom damaligen Generalminister der Kapuziner, John Dennis Corriveau, die Anweisung gekommen, Allaz müsse von allen Funktionen ausgeschlossen werden. 2004 sei das Verbot bei einem weiteren Besuch von Bucher in Frankreich wiederholt und bekräftigt worden. Bucher war von 2001 bis 2004 und von 2007 bis 2013 Provinzial.

Mit der Rückkehr von Allaz 2005 in die Schweiz, die der Provinzial von Frankreich gefordert habe, sei Mauro Jöhri kirchenrechtlich für den pädophilen Mitbruder zuständig geworden, so Del Pietro weiter. Jöhri, seit 2005 Leiter der Schweizer Kapuzinerprovinz, habe das Pastoralverbot Anfang 2006 erneuert. Zugleich habe er Allaz verboten, «die Messe zu lesen» und weitere klosterinterne Vorsichtsmassnahmen getroffen. Damit wurde das Verbot seelsorgerlicher Tätigkeiten auf ein Berufsverbot ausgeweitet.

Der Bündner Kapuziner war bereits von 1995 bis 2001 Provinzial und später nochmals von 2005 bis 2006. Jöhri habe erst viel später Kenntnis von der Versetzung erhalten, die sein Vorgänger Gervais Aeby 1989 angeordnet hatte, teilte Del Pietro am 25. Februar in einer Chronik mit, nachdem Jöhri medial unter Druck geraten war.

Sexuelle Übergriffe bis 1995

Seit 2005 sind laut Del Pietro keine weiteren Übergriffe von Allaz bekannt geworden. «Die letzten bekannten Fälle, für die Jöel in Frankreich verurteilt wurde, geschahen 1992, 1994 und 1995.» Der Provinzial korrigierte damit eine Aussage von Bucher, der zunächst gegenüber «kath.ch» gesagt hatte, der letzte Übergriff sei 1992 passiert.

Die Kapuziner haben am 13. Februar angekündigt, den Fall «Allaz» durch eine unabhängige juristische Instanz untersuchen zu lassen. Damit sind sie erst ganz am Anfang.

Untersuchungskommission steht noch nicht

Man sei dabei, eine neutrale Untersuchungskommission zusammenzustellen, schreibt Del Pietro. Dies sei nicht ganz einfach. Bislang habe man «keine festen Zusagen» von potentiellen Mitgliedern. Noch offen sei zudem, wie lange die Untersuchung dauern werde.

Del Pietro machte gleichzeitig auf eine frühere Untersuchung durch eine Untersuchungsrichterin des Kantons Freiburg aufmerksam, die ihre Ergebnisse nach achtmonatiger Arbeit im Herbst 2008 an einer Medienkonferenz präsentiert hatte. Eine neue Kommission könne auf diesen Ergebnissen aufbauen, so der Provinzial.

Seit vorletzter Woche befinden sich die Schweizer Kapuziner im Fokus der Öffentlichkeit. Am 16. Februar erschien das Buch des Freiburgers Daniel Pittet mit dem Titel «Mon Père, je vous pardonne». Darin beschreibt der engagierte Katholik unter anderem, wie er während vier Jahren von Joël Allaz sexuell missbraucht wurde. Das Vorwort zum Buch schrieb Papst Franziskus. (bal)


Sexueller Missbrauch | © Andrea Krogmann
1. März 2017 | 16:11
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