Papst Franziskus im italienischen Fernsehen.
Rauchzeichen

Papst Franziskus, Benedikt XVI., Synodaler Prozess: Was diese Woche wichtig wird

Papst Franziskus sammelt in einer italienischen Talkshow Sympathie-Punkte: «Der Klerikalismus ist eine Perversion der Kirche.» Benedikt XVI. dürfte sich diese Woche erneut zum Münchner Missbrauchsgutachten äussern. Die Bistümer Chur und St. Gallen informieren über den synodalen Prozess.

Raphael Rauch

Ein Papst in einer Talk-Show: Es ist purer Zufall, dass Franziskus’ historischer Auftritt im italienischen Fernsehen in einen Zeitraum fällt, in dem die Welt auf eine Erklärung seines Vorgängers zum Münchner Missbrauchskomplex wartet. Das Schweigen Benedikts XVI. und seiner Berater wirkt umso dröhnender.

«Humor ist eine Medizin»

Die TV-Gemeinde konnte gestern Abend einen gut gelaunten Pontifex erleben: «Humor ist eine Medizin.» Franziskus bekam wohlwollende Fragen gestellt. Kirchenpolitik? Fehlanzeige. Neuigkeiten? Weniger. Dafür einen kurzweiligen Rundumschlag seiner Anliegen: von der Solidarität mit Flüchtlingen bis «Laudato si’», Kritik an der Ausbeutung von «Mutter Erde», die Vision des «buen vivir», des guten Lebens, und die Geisselung des Klerikalismus: «Der Klerikalismus ist eine Perversion der Kirche.» Was er gegen diese «Perversion» macht, sagt Franziskus freilich nicht.

Bischöfe und Kardinäle in Rom, 2018
Bischöfe und Kardinäle in Rom, 2018

Franziskus ist überzeugt: «Jedes Land muss sagen, wie viele Migranten es aufnehmen kann.» Er drängt auf mehr Solidarität zwischen den Nationen für diejenigen, die in Europa auf ein besseres Leben hoffen. Vielleicht ein Impuls für die Schweizer Politik. Heute reisen Bundespräsident Ignazio Cassis und Nationalratspräsidentin Irène Kälin nach Niger: in das ärmste Land der Welt, in dem viele Menschen auf der Flucht sind.

Hans Küng taucht im Münchner Protokoll auf

Diese Woche wird eine Erklärung von Franziskus’ Vorgänger erwartet, von Benedikt XVI. Die Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl hatte für ihr Missbrauchsgutachten auch den früheren Papst Benedikt XVI. zu seiner Zeit als Münchner Erzbischof (1977-1982) befragt. Dieser gab zunächst an, er habe an einer Ordinariatssitzung am 15. Januar 1980 nicht teilgenommen. Diese Darstellung hat er inzwischen korrigiert. Der Fehler sei «Folge eines Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung». Dies tue ihm «sehr leid», und er bitte, dies zu entschuldigen.

Im Kontext dieser Ordinariatssitzung fällt im Protokoll auch der Name Hans Küng:

«Der Herr Kardinal berichtet über die Trauerfeier in Berlin aus Anlass des Todes von Kardinal Bengsch und informiert über den letzten Versuch von Bischof Moser und Papst Johannes Paul II., den Fall Professor Küng im Guten zu regeln. Er berichtet ferner über das Gespräch, das Papst Johannes Paul II. am 28. Dezember 1979 mit einigen deutschen Bischöfen im Fall Prof. Küng geführt hat.»

Ein seltenes Bild aus der Konzilszeit: Joseph Ratzinger (ganz links) und Hans Küng (rechts).
Ein seltenes Bild aus der Konzilszeit: Joseph Ratzinger (ganz links) und Hans Küng (rechts).

Für die Anwaltskanzlei steht fest: «Wer anders, als Kardinal Ratzinger/Papst Benedikt XVI. sollte in der Ordinariatssitzung über diese, auf höchster Ebene behandelten kirchenpolitisch brisanten Themen Bericht erstattet haben? Es kann nach Auffassung der Gutachter nur Kardinal Ratzinger/Papst Benedikt XVI. gewesen sein, wie dies im Übrigen auch der Protokollierung entspricht.» Das zeigt zugleich, wo Ratzingers Prioritäten waren: nicht beim Thema Missbrauch.

Synodaler Prozess im Bistum Chur

Der Weg der Kirche in die Zukunft sei eine Kirche auf dem Weg, sagt Papst Franziskus in der italienischen Talkshow. Ein Ergebnis dieser Haltung ist der synodale Prozess, der gerade auch die Schweiz beschäftigt. Am Mittwoch findet für das Bistum Chur in Zürich eine diözesane Versammlung statt, am Sonntag folgen Gespräche mit Jugendlichen und dem entstehenden Jugendrat.

"Wir fühlen uns nicht gehört", steht auf einem Plakat zum synodalen Prozess des Bistums Chur in Einsiedeln.
"Wir fühlen uns nicht gehört", steht auf einem Plakat zum synodalen Prozess des Bistums Chur in Einsiedeln.

«Mich hat erschreckt, wie wenig Menschen an der ›Wir sind Ohr’-Umfrage im Bistum Chur mitgemacht haben», sagt RKZ-Generalsekretär Daniel Kosch. Auch in Basel und in St. Gallen haben nur wenige an der Umfrage teilgenommen – doch im Bistum Chur waren die Werte im Verhältnis zur Bistumsbevölkerung am niedrigsten. «Es genügt nicht, die Umfrage auszuwerten – es gilt, auch das dröhnende Schweigen und die Nicht-Beteiligung von vielen Mitarbeitenden, Gremien- und Behördenmitgliedern sehr ernst zu nehmen», findet Kosch.

Kein falscher Perfektionismus

Inspiriert vom Synodalen Weg in Deutschland ist Kosch überzeugt: «Es wird immer Menschen geben, die gegen etwas sind – und es bringt nichts, das dann zum 17. Mal in einem Forum hin- und herzukauen.» Vielleicht eine Anregung: «Es gibt keinen Perfektionismus, sondern die Texte sollen ‘gut genug für jetzt’ sein. Mit dieser Haltung kommen wir als Kirche voran.»

Das Bistum St. Gallen informiert am Freitagabend in Wil über die Ergebnisse der «Wir sind Ohr»-Umfrage.

Bischof Felix Gmür: Anliegen von Frauen hat Gewicht

«Das Anliegen von Frauen und die Öffnung des Zölibats haben Gewicht», sagt der Bischof von Basel, Felix Gmür, im kath.ch-Interview. Er dürfte sich auch vom Synodalen Weg in Deutschland bestätigt fühlen, wo entsprechende Schritte eingeleitet wurden. Was daraus konkret wird, ist freilich unklar – und liegt weder in der Hand von Gmür noch von seinen deutschen Kollegen.

Helena Jeppesen-Spuhler in Rom.
Helena Jeppesen-Spuhler in Rom.

Helena Jeppesen von der «Allianz Gleichwürdig Katholisch» warnt vor einer «klerikalen Falle» im synodalen Prozess: «Viele engagierte Katholikinnen und Katholiken befürchten, dass einige Themen von der Bischofskonferenz nicht aufgenommen werden und ihre Anliegen gar nicht bis nach Rom kommen.» Es müsse ein schweizweites synodales Treffen geben, das den Schlussbericht partizipativ erarbeite. Auch sollten bei der europäischen kirchlichen Versammlung nicht nur Bischöfe die Schweiz vertreten: «Die Schweizer Kirche mit ihrem dualen System kann sehr viel synodale Erfahrung beitragen zum weltweiten Prozess.»

Denis Theurillat ist ein Jahr emeritiert

Morgen ist es ein Jahr her, dass Papst Franziskus den Rücktritt des Basler Weihbischofs Denis Theurillat angenommen hat. Mal schauen, wie lang es noch dauert, bis Papst Franziskus einen Nachfolger ernennt. Und am Donnerstag jähren sich drei Jahre «Gebet am Donnerstag» im Kloster Fahr.

Priorin Irene Gassmann im Kloster Fahr.
Priorin Irene Gassmann im Kloster Fahr.

Am Sonntag stehen in der Schweiz mehrere Abstimmungen an. Eine Übersicht zu den nationalen Abstimmungen liefert «Ethik 22: Institut für Sozialethik».

Was wird nächste Woche wichtig? Wir freuen uns über Ihren Input an rauchzeichen@kath.ch.

Einen guten Start in die Woche wünscht Ihnen

Ihr

Raphael Rauch


Papst Franziskus im italienischen Fernsehen. | © RAI
7. Februar 2022 | 08:29
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