Helena Jeppesen-Spuhler in Rom.
Schweiz

Helena Jeppesen: «Wir müssen aus der klerikalen Falle herauskommen»

Wie geht es weiter mit dem synodalen Prozess? Die «Allianz Gleichwürdig Katholisch» fordert ein nationales synodales Treffen: «Viele engagierte Katholikinnen und Katholiken befürchten, dass einige Themen gar nicht bis nach Rom kommen», sagt Helena Jeppesen (55).

Stefanie Stahlhofen

Was unterscheidet den aktuellen synodalen Prozess von früheren Synoden?

Helena Jeppesen-Spuhler*: Der wichtigste Unterschied ist, dass es nicht nur um ein Thema geht, sondern um eine neue Art Kirche zu sein. Frühere Synoden haben nach einer kurzen Vernehmlassung bei den Bischofskonferenzen Themenfelder diskutiert, zum Beispiel «Jugend» oder «Familie». Nun haben wir aber eine Synode zum Wesen der Kirche. Papst Franziskus sagt im Vorbereitungsdokument: «Genau dieser Weg der Synodalität ist das, was Gott sich von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet.»

Das heisst?

Jeppesen-Spuhler: Synodales, partizipatives Denken, Arbeiten und Entscheiden müssen wir uns jetzt auch in der Schweiz unbedingt aneignen und einüben. Es wird in diesen Tagen oft geschrieben, dass die Berichte aus den Diözesen an die Schweizer Bischofskonferenz und dann nach Rom gehen würden. Aber das ist so nicht vorgesehen.

«Alle Berichte sollen auch publiziert werden.»

Wie ist es denn geplant?

Jeppesen-Spuhler: Die Ergebnisse der Konsultationen in den Bistümern sollen in synodalen Versammlungen diskutiert und anschliessend von einer Redaktionsgruppe in ein Dokument gefasst werden. Diese diözesanen Berichte gehen an die Bischofskonferenz, dann gibt es aber noch einen Zwischenschritt: Im Vademecum zur Synode steht, dass die Berichte in einer nationalen synodalen Versammlung diskutiert und zusammengefasst werden sollen. Alle Berichte aus den Bistümern wie auch der zusammengefasste Bericht für die Schweiz, der nach Rom geht, sollen auch publiziert werden.

Schweizer Bischöfe bei Papst Franziskus.
Schweizer Bischöfe bei Papst Franziskus.

Warum ist die nationale synodale Versammlung wichtig?

Jeppesen-Spuhler: Viele engagierte Katholikinnen und Katholiken befürchten, dass einige Themen von der Bischofskonferenz nicht aufgenommen werden und ihre Anliegen gar nicht bis nach Rom kommen. Deshalb haben sich verschiedene kirchliche Akteure an die einzelnen Bischöfe und an die Bischofskonferenz gewandt mit dem Anliegen, dass es ein schweizerisches synodales Treffen gibt und dass der Schlussbericht partizipativ erarbeitet wird. Auch wir von der «Allianz Gleichwürdig Katholisch» haben dies in unserer Medienmitteilung zur synodalen Versammlung in Basel klar formuliert.

Synodaler Prozess: Der Basler Bischof Felix Gmür bei der Eröffnung der Kampagne "Wir sind Ohr".
Synodaler Prozess: Der Basler Bischof Felix Gmür bei der Eröffnung der Kampagne "Wir sind Ohr".

Wenn der Synodenbericht aus der Schweiz abgeschickt ist: Wie geht dann der synodale Prozess weiter?

Jeppesen-Spuhler: Einerseits kann in den Bistümern bereits an den Ergebnissen der Umfrage gearbeitet werden, die auf diözesaner Ebene diskutiert und umgesetzt werden können. Andererseits sollte eine nationale Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit den Bischöfen das erste «Instrumentum Laboris» studieren, das im September oder Oktober vom Synodenbüro an die Bischofskonferenzen verschickt wird. Diese Arbeitsgruppe könnte auch den Beitrag der Schweiz vorbereiten für die europäische kirchliche Versammlung, die vor März 2023 stattfindet und die ein Abschlussdokument erarbeiten wird. Dieses Abschlussdokument wird dann in die zweite Fassung des Arbeitsdokuments der Synode einfliessen.

«Der katholischen Kirche steht eine spannende Zeit synodalen Lernens bevor!»

Steht schon fest, wer von der Schweiz an der europäischen kirchlichen Versammlung teilnehmen wird?

Jeppesen-Spuhler: Nein, aber die schweizerischen Anliegen sollen nicht nur die Bischöfe vertreten. Die Schweizer Kirche mit ihrem dualen System kann sehr viel synodale Erfahrung beitragen zum weltweiten Prozess. Aber wir müssen aus der klerikalen Falle herauskommen. Der katholischen Kirche steht eine spannende Zeit synodalen Lernens bevor!

* Helena Jeppesen-Spuhler (55) arbeitet beim Hilfswerk «Fastenaktion». Sie ist zudem in der «Allianz Gleichwürdig Katholisch» aktiv. Sie hat den Start des synodalen Prozesses im Oktober 2021 in Rom verfolgt – und online die erste lateinamerikanische Kirchenversammlung in Mexiko im November 2021.


Helena Jeppesen-Spuhler in Rom. | © zVg
6. Februar 2022 | 13:59
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