Schweizergardist während eines Gottesdienstes.
Rauchzeichen

Luzerner Nein, synodaler Prozess, Franziskus Knoll: Was diese Woche wichtig wird

Nach dem Nein in Luzern ist bei der Schweizergarde Wunden lecken angesagt. Der synodale Prozess geht auf nationaler Ebene weiter. Die Pastoraltheologie setzt aufs falsche Thema – und muss ihre Tagung absagen. Gut, dass der neue Pastoraltheologe Franziskus Knoll in Chur für frischen Wind sorgt.

Raphael Rauch

Für die Schweizergarde ist der 25. September ein wichtiger Tag, schliesslich ist es der Festtag des Garde-Patrons Bruder Klaus. Flavio Bundi, Bündner Ex-Gardist und RTR-Chefredaktor, stellt in seiner eigens komponierten Gardehymne den Schweizer Nationalheiligen ins Zentrum: «O Bruder Klaus, du Schutzpatron, zeig uns den Weg, das Ziel…»

Auf das katholische Luzern ist kein Verlass mehr

Doch der gestrige Abstimmungssonntag brachte der Schweizergarde kein Glück: Ausgerechnet das katholische Luzern verweigerte dem Kasernen-Neubau die Gefolgschaft.

Nun ist das eingetreten, wovor Altbundesrätin Doris Leuthard im Vorfeld gewarnt hatte: «Es würde mich sehr enttäuschen, wenn der Kanton Luzern diesen Beitrag ablehnen würde. Der Kanton ist historisch eng verbunden mit der Schweizergarde, durch das Söldnerwesen, vor allem aber auch durch die vielen Kommandanten, die aus dem Luzernischen kamen. Hinzu kommt, dass Luzern ein mehrheitlich katholischer Kanton ist.»

Stephan Leimgruber: «Mein Geist ist betrübt!»

Die Reaktionen fielen am Sonntag unterschiedlich aus. Der Luzerner Chorherr Stephan Leimgruber sagte zu kath.ch: «Mein Geist ist betrübt!»

Markus Ries
Markus Ries

Und der Luzerner Kirchenhistoriker Markus Ries findet: «Ein Mitglied des Nein-Komitees spricht von einer ›Absage an den Katholizismus im Kanton Luzern’. Wenn die politisch einflussreichsten Leute so denken, dann sollten Kirchenvertreterinnen und Angehörige religiöser Minderheiten es ernst nehmen.»

Wo Schweiz draufsteht, muss auch Schweiz drinstecken

Auch wenn die Schweizergarde im Luzerner Nein kein Misstrauensvotum sieht: Ein paar Probleme sind durchaus hausgemacht. Man kann nicht behaupten, Schweizer Werte zu vertreten, ohne Schweizer Werte auch tatsächlich zu leben. Wo Schweiz draufsteht, muss auch Schweiz drinstecken.

Eine Frau kann VBS-Chefin werden - aber nicht Schweizergardistin.
Eine Frau kann VBS-Chefin werden - aber nicht Schweizergardistin.

Doch noch gilt für die Schweizergarde nicht das, was für den Bund gilt: «Die Sicherheit der Schweiz ist weiblich.» Warum hat die Schweizergarde Papst Franziskus nicht dazu gedrängt, endlich Frauen in die Schweizergarde aufzunehmen? Das hätte manche Luzernerin dazu gebracht, am Sonntag mit Ja zu stimmen.

Jurist rechnet nicht mit einem Domino-Effekt

Manche befürchten nun einen Domino-Effekt: Könnten andere Kantone ihre Zusage rückgängig machen? Der Zürcher Jurist Patrice Zumsteg geht nicht davon aus, dass im Kanton Zürich der Entscheid zur Vatikan-Kaserne rückgängig gemacht wird. Die Zusage der Finanzierung durch den Zürcher Regierungsrat, sagt Patrice Zumsteg zu kath.ch, ist bereits am 1. Dezember 2021 beschlossen worden. «Das wird der Regierungsrat nun kaum rückgängig machen können. Und allfällige Beschwerdefristen sind bereits verstrichen.» 

Patrice Zumsteg ist Jurist und FDP-Mitglied.
Patrice Zumsteg ist Jurist und FDP-Mitglied.

Der Beschluss des Zürcher Regierungsrats sieht vor: «Im Falle einer Nichtrealisierung des Neu- oder Umbauvorhabens oder der Auflösung der Stiftung für die Renovation der Kaserne der Päpstlichen Schweizergarde im Vatikan ist der gewährte Betrag dem Kanton Zürich zurückzuerstatten.» Will heissen: Pacta sunt servanda!

Hearing zum synodalen Prozess in Luzern

Am heutigen Montag kommen in Luzern ausgewählte Delegierte zu einer Fortsetzung des synodalen Prozesses zusammen. Bislang wurde darüber geredet, wie eine synodale Kirche in der Schweiz konkret werden kann. Nun sollen auch erste Schritte gegangen werden.

Die Spurgruppe organisiert die nächsten Schritte, um die Schweizer Kirche synodaler zu gestalten.
Die Spurgruppe organisiert die nächsten Schritte, um die Schweizer Kirche synodaler zu gestalten.

Der Handlungsbedarf ist gross. Das hat auch eine interne Evaluations-Sitzung des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds gezeigt, die auf die Sakramentalität-Tagung in Freiburg zurückgeschaut hat. Der Blutdruck mancher Frauen, so wird berichtet, soll hoch gewesen sein. Die Bischöfe hätten alles weggelächelt und nichts Konkretes zugesagt, ist zu hören. Und den Lippenbekenntnissen für eine synodale Kirche folgte ein klerikaler Gottesdienst.

Kritik an Bischof Felix Gmür

Unmut gab es auch an der geschlossenen Gesellschaft: Anders als im akademischen Kontext üblich, legte die Bischofskonferenz Wert darauf, dass die Tagung hinter verschlossenen Türen stattfand. Wenig Verständnis haben die Teilnehmenden der Zoom-Reflexionsgruppe für die rigide Kommunikationspolitik der Bischofskonferenz. Dem Vernehmen nach liess die Bischofskonferenz mehrere Medienanfragen einfach unbeantwortet.

Brennstab und Kühlelement? Bischof Felix Gmür und Monika Schmid in Freiburg.
Brennstab und Kühlelement? Bischof Felix Gmür und Monika Schmid in Freiburg.

Auch ein Interview, dass Bischof Felix Gmür verschiedenen Pfarrblättern gab, kommt nicht nur gut an. So behauptet der Bischof von Basel: «Ich reagiere nicht, ich agiere.» Man fragt sich nur: Wo agiert denn der Bischof? 

Das Bistum Basel ist kein Vorreiter

Weder bei der Missbrauchsprävention noch bei LGBTQ-Themen schreitet das Bistum Basel voran. Im Gegenteil: Hier versteckt sich Bischof Felix Gmür immer wieder hinter seinen Kollegen und spricht davon, man müsse auf Deutschschweizer Ebene Lösungen finden. Nähme man das zum Massstab, dann dürften auch heute noch keine Frauen im Bistum Basel trauen. Schliesslich gibt es auch hier noch keine Deutschschweizer Lösung.

Kein Vorprescher: der Basler Generalvikar Markus Thürig.
Kein Vorprescher: der Basler Generalvikar Markus Thürig.

Grabenkämpfe anderer Art werden in Fulda geführt, wo die Deutsche Bischofskonferenz zu ihrer Vollversammlung zusammenkommt. Es dürfte eine ausführliche Nachlese zum Synodalen Weg geben, den das Umfeld der Benedikt-Schülerkreise am Wochenende in Rom spontan in den «suizidalen Weg» umtaufte. Wir werden berichten.

«Was Krisen uns erzählen»

Am Mittwoch steht in Luzern die Otto-Karrer-Vorlesung an – dieses Jahr mit Melinda Nadj Abonji. Der Titel könnte passender kaum sein: «Was Krisen uns erzählen».

Melinda Nadj Abonji
Melinda Nadj Abonji

Die ungarisch-schweizerische Schriftstellerin setzt sich mit den grossen Herausforderungen dieser Tage auseinander: «Der Krieg in der Ukraine und die Massenflucht aus dem Osten, der Klimawandel, das Artensterben und die zunehmende Nahrungsmittelknappheit stellen vor tiefgreifende Fragen, die uns alle betreffen in Kirche, Politik und Gesellschaft: Wohin bewegen wir uns? Und vor allem: Wie?», schreibt die Universität Luzern in ihrer Ankündigung.

Warum packt die Schweizer Pastoraltheologie die heissen Eisen nicht an?

Veranstaltungen brauchen nicht nur ein spannendes Thema, sondern auch den entsprechenden Kairos, um zu zünden. Diesen Kairos hat die Schweizer Pastoraltheologie verpasst. Mit dem Thema Mission hatte sie zwar an sich ein spannendes Thema für ihre Jahrestagung. Allerdings dürften in kirchenpolitischen Zeiten wie diesen andere Themen sich eher aufdrängen. 

Synodaler Prozess im Bistum Chur
Synodaler Prozess im Bistum Chur

So überrascht nicht, dass die Jahrestagung 2022 wegen mangelnder Teilnehmerzahl abgesagt wurde. Schade, dass die Schweizer Pastoraltheologie – wie auch andere Disziplinen – so wenig Agilität an den Tag legt. Warum hat man nicht spontan das Thema geändert – und nochmals die Werbetrommel gerührt? Ich gehe jede Wette ein, dass mit folgenden Alternativ-Themen die Bude eingerannt worden wäre:

Alternative Themen für die Schweizer Pastoraltheologie

  • Von wegen liturgischer Missbrauch: So vielfältig ist unsere Liturgie 
  • Streit um Churer Verhaltenskodex: Wie weiter?
  • Simon Peng-Keller vs. Isabelle Noth: In welche Richtung entwickelt sich die Spitalseelsorge?
  • 18 Monate Bischof Joseph Bonnemain – Brücken bauen, aber wie?
  • Die Zukunft der Theologischen Hochschule Chur: Neuer Regens, neues Glück?
  • Missio für alle – oder Missio ganz abschaffen? Wie gehen wir mit Seelsorgenden um, die queer oder wiederverheiratete Geschiedene sind?

Nun liegt es am neuen Pastoraltheologen Franziskus Knoll, der Schweizer Pastoraltheologie neuen Schwung zu geben. Er hält am Donnerstag in Chur seine Antrittsvorlesung zum Thema: «Machen, worauf es ankommt! Herausforderungen diakonischer Pastoral heute.»

Wie kann eine Friedenskundgebung unpolitisch sein?

Am Donnerstag findet in Freiburg ein interreligiöser Marsch für den Frieden statt. Der Marsch beginnt um 19 Uhr in der Nähe eines muslimischen Gebetshauses und führt über eine reformierte Kirche schliesslich zum Python-Platz, also in die Nähe des Ursulinenklosters. 

Regenbogenfahne mit Aufschrift "No War".
Regenbogenfahne mit Aufschrift "No War".

«An jeder Station wird ein interreligiöses Friedensgebet gesprochen», heisst es in der Ankündigung. Ein Satz jedoch irritiert: «Die Mitglieder aller Religionsgemeinschaften des Kantons Freiburg sind eingeladen, sich diesem Friedensmarsch anzuschliessen, der unpolitisch sein wird.» Wie kann eine Friedenskundgebung unpolitisch sein? Es kann doch nicht sein, dass der russische Aggressor nicht beim Namen genannt werden darf!

Filmpreis der Zürcher Kirchen

Ebenfalls am Donnerstag wird der Filmpreis der Zürcher Kirchen verliehen. Das Zürcher Filmfestival bietet mit der Reihe «#MyReligion» viele religiös musikalische Filme. Aber auch darüber hinaus gibt es viele sehenswerte Filme. Der Eröffnungsfilm «The Swimmers» ist ein eindringlicher Appell, das Massensterben von Geflüchteten im Mittelmeer zu beenden. Besonders eindrucksvoll fand ich die Drohnen-Aufnahmen von Schwimmwesten, die zu einer Art «Ikone des Todes» werden.

Royal-Fans können von Donnerstag an zum Grab Ihrer Majestät pilgern: Die königliche Residenz öffnet wieder am 29. September. In einer Seitenkapelle, die zur grossen St.-Georges-Kapelle gehört, ist die neue Grabplatte mit dem Namen «Elizabeth II» zu sehen.

Franziska Driessen-Reding predigt in Luzern

Am Sonntag findet in Luzern das Franziskusfest statt. Um 10 Uhr beginnt der Gottesdienst. Die Festpredigt hält Franziska Driessen-Reding, Präsidentin des Zürcher Synodalrates. Dem Gottesdienst steht der Kapuziner Willi Anderau vor. Danach gibt’s ein Risotto-Essen.

Was wird nächste Woche wichtig – ausser der Heiligsprechung von Giovanni Battista Scalabrini und Artemide Zatti? Ich freue mich über Ihren Input an rauchzeichen@kath.ch.

Einen guten Start in die Woche wünscht Ihnen

Ihr

Raphael Rauch


Schweizergardist während eines Gottesdienstes. | © Oliver Sittel
26. September 2022 | 12:21
Lesezeit: ca. 6 Min.
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