Jacques Berset
Schweiz

Jaques Berset: «Schaffe, schaffe!»

Ehemaliger Chefredaktor und überzeugter Katholik: Der Journalist Jacques Berset geht in den Ruhestand. Eine Hommage, die die Karriere dieses grossen Wegbereiters der katholischen Presse Revue passieren lässt. Stets hat er als Journalist nach dem schwäbischen Satz «Schaffe, schaffe!» gelebt. Er leitete lange Zeit auch die Katholische Internationale Presseagentur Kipa.

Bernard Hallet, cath.ch / Adaption: uab

«Ich bin gewissermassen ein Kind von Populorum Progressio», sagt Jacques Berset. In der 1967 veröffentlichten Enzyklika dehnte Papst Paul VI. den Friedensauftrag der Kirche auf das Engagement für den Ausgleich zwischen Nord und Süd aus. Die Übereinstimmung mit seiner eigenen Haltung habe er erst später bemerkt, sagt der Freiburger. Denn als der Papst die Enzyklika veröffentlichte, sei er erst elf Jahre alt gewesen.

Berset wuchs in der Ortschaft Cormérod im ländlichen Freiburg auf. «Damals gab es in unserer Familie kein Fernsehen. Allerdings las ich manchmal das ‘Echo Illustré’ auf dem Bauernhof meiner Grosseltern mütterlicherseits in Le Cerneux-Péquignot, in der Nähe von La Brévine. Indem ich seine sepiafarbenen Seiten verschlang, öffnete ich meine Augen für die Welt.»

Ausgegrenzte ins Auge fassen

Auch in der Schule weitet sich sein Blick. Er besucht das Internat in La Corbière bei Estavayer-le-Lax, das von den Missionaren des heiligen Franz von Sales geleitet wird. Dann wechselt er ans Collège St. Michel in Freiburg. «Wir sprachen damals über die Länder der Dritten Welt, ihre Befreiungskämpfe, die letzten Kolonien in Afrika.»

Er wollte als Freiwilliger in ein lateinamerikanisches Land gehen, aber nach zwei Jahren Studium der Sozialarbeit an der Universität Freiburg schloss er sich im Herbst 1977 der Bewegung «ATD Vierte Welt» von Pater Joseph Wresinski an, die sich für die Ärmsten und Ausgegrenzten einsetzt.

«Dort habe ich auf Baustellen als Maurer gearbeitet, dann als Forscher am Institut für Armutsforschung in Méry-sur-Oise, in der Nähe von Paris.» Zurück in Freiburg, nach eineinhalb Jahren Arbeit als Hilfsarbeiter auf den Baustellen, trat er in das Institut für Journalismus der dortigen Universität ein.

Chefredaktor der deutschsprachigen Kipa

Noch vor seinem Studienabschluss wurde Jacques Berset im Februar 1983 von Pater Bruno Holtz, dem Chefredaktor der katholischen Nachrichtenagentur Kipa, als Praktikant eingestellt. Die französischsprachige Sektion der 1917 gegründeten Agentur erhielt den Namen Apic. Diese wurde 2015 ins Westschweizer Medienzentrum Cath-Info integriert .

Nachdem Pater Holtz zum Generalsekretär der Katholischen Weltunion der Presse (Ucip) ernannt worden war, folgte ihm Jacques Berset als Chefredaktor. Die Ucip wurde 2011 aufgelöst.

Weltweit unterwegs

Dank der UCIP, die Journalisten, Verleger, Professoren und Forscher im Bereich Kommunikation auf weltweiter Ebene zusammenbrachte, knüpfte Berset ein Netzwerk auf allen Kontinenten. Während zweier Perioden war er Vizepräsident der Ucip. Die internationalen Kontakte waren in den letzten Jahrzehnten sehr nützlich, die auf weltweiter Ebene und mit dem Fall der Berliner Mauer im November 1989 insbesondere in Osteuropa zu vielen Veränderungen führten.

Berset trat auch dem Schweizer Komitee des katholischen Hilfswerks «Kirche in Not» bei. Dies war für ihn eine weitere Gelegenheit, Verbindungen zu knüpfen, «wo immer Christen leiden», und zahlreiche, manchmal riskante Reisen zu unternehmen – etwa nach Mossul .

Der Mann in Weiss neben Johannes Paul II.

Er wird auch zahlreiche Geschichten mitbringen, die den Abenteuern der Comicserie «Tim und Struppi» würdig sind. Seine Reiseanekdoten sind innerhalb der Redaktion legendär. Jacques Berset, der mit Kleinkriminellen in den Favelas von Sao Paulo zu tun hat, Flüchtlingen in Irak begegnet ist auch auf Tuchfühlung mit den in Rot gekleideten Kardinälen.

An einer Privataudienz von Papst Johannes Paul II. erschien er in weissem Anzug. Der Pontifex lächelte über diese «Frechheit». Bersets Memoiren, angereichert mit den vielen kleinen Geschichten und Anekdoten, könnten Bücher füllen.

Nicht am Mainstream hängen

Bis Ende 2020 war Jacques Berset Redaktor beim Katholischen Medienzentrum cath.ch in Lausanne. Bis zuletzt baute er auf seine jugendlichen Impulse auf: «40 Jahre Journalismus haben mich von ‘Populorum Progressio’ meiner Jugend bis zur Enzyklika ‘Laudato Si’ von Papst Franziskus geführt. Heute dient sie mir als Kompass.»

Seinen Kollegen und Kolleginnen, die weiterhin im Journalismus tätig sind, gibt er als Botschaft mit: Information darf nicht vom Mainstream abhängig sein. «In der Strömung zu schwimmen wie ein toter Fisch, interessiert mich nicht.»

«Schaffe, Schaffe!»

«Wir müssen in der Lage sein, die Ecken und Kanten der Realität zu beleuchten, zum Beispiel die Situation der Christen im Orient oder der verfolgten Christen, auch wenn diese Themen nicht a priori Verkaufshits sind.» Für ihn ist alles interessant, es ist eine Frage der menschlichen Solidarität, aber auch der journalistischen Ethik. «Wir müssen uns um die Armen kümmern, hier und jenseits unserer Grenzen.»

Den häufigen Ausruf des ehemaligen Kipa-Apic-Chefredaktors «Schaffe, schaffe!», wenn eine Sitzung in Palaver ausartete, wird man in seiner Redaktion vermissen. Jacques Berset bleibt cath.ch als freier Mitarbeiter weiterhin verbunden.


Jacques Berset | © Bernard Hallet
7. Januar 2021 | 17:17
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Zwei «Säulen» des katholischen Journalismus in der Westschweiz

Bernard Litzler und Jacques Berset, Direktor von Kath-Info bzw. Journalist bei cath.ch, waren die Gäste an der Generalversammlung der Schweizerischen Vereinigung Katholischer Journalisten (SAJC) am 19. September. Die beiden «Säulen» des katholischen Journalismus sprachen über ihren beruflichen Werdegang und das manchmal schwierige Verhältnis zwischen Kirche und Presse.
«Bin ich ein katholischer Journalist oder ein journalistischer Katholik?», fragte sich Bernard Litzler, um die fruchtbare Spannung zwischen dem Beruf des Journalisten und seinem katholischen Glauben zu erfassen. Er ist beides, zwei Aspekte, die seiner Meinung nach nicht antinomisch sind. Er stellt fest, dass die Kirche eine Schwäche für kontrollierte Nachrichten hat. Communio et Progressio, veröffentlicht 1971, kämpft immer noch um seine Gültigkeit. Die Informationen von oben nach unten durchdringen weiterhin die kirchlichen Kreisläufe», stellt er fest.
Ein Werk der Wahrheit
Für Bernard Litzler müssen katholische Journalisten an der Wahrheit über die Kirche arbeiten, so schwierig das auch sein mag, besonders in diesen Zeiten der Enthüllung der vielen Skandale, einschließlich der Sexualskandale, die das Bild der Kirche trüben. «Wir haben keinen Grund, uns für die Ehrlichkeit der Kirche zu schämen», vorausgesetzt, dass die Informationen innerhalb der Grenzen der Deontologie des Berufsstandes liegen.
«Wir haben die Pflicht, diese Taten anzuprangern», sagte Berset, «und zwar auf professionelle und nüchterne Weise, bevor die sozialen Netzwerke diese Nachricht aufgreifen und verzerren. Dies steht nicht im Widerspruch zu seinem Glauben.
Er räumt ein, dass es schwierig ist, die Linie zu halten zwischen einerseits generalistischen Mitbrüdern, die katholische Journalisten manchmal als Kommunikatoren der Kirche – sogar als «Propagandisten» – betrachten, und andererseits Praktikern, die sie beschuldigen, das Image der Kirche zu besudeln. (bh)