Zerstörte Kirche in Mossul
International

Nach dem islamistischen Terror kehren Christen ins irakische Mossul zurück

Mossul, 23.10.18 (kath.ch) «Der Islamische Staat wollte uns komplett zerstören, aber wir bringen das Kreuz zurück mach Mossul!» Das sagt Emmanuel Adelklo (45). Der Priester steht vor seiner Kirche aus transportierbaren Fertigteilen und empfängt die Gäste aus Europa. Die Kirche trägt den Namen Sayedat-al-Bichara, «Unsere Liebe Frau von der Verkündigung». Die Pfarrei befindet sich einem Teil Mossuls, der von den massiven Bombardierungen der Anti-IS-Koalition verschont blieb.

Jacques Berset

In der sunnitischen Metropole ist es immer noch gefährlich zu leben, obwohl der Islamische Staat (IS) aus der Stadt vertrieben wurde, die zumindest theoretisch im Juli 2017 vollständig befreit wurde.

        

Trotz der noch spürbaren Spannungen sind bereits fünfzig christliche Familien zurückgekehrt. Pater Adelklo hofft, dass weitere folgen werden. Denn er will seine Pfarrei wieder aufbauen. Als die Dschihadisten 2014 einrückten und den Islamischen Staat ausriefen, verliessen die Christen die Stadt.

Eine Kirche, die funktioniert, bezeichnet der Priester als einen Zufluchtsort in schwierigen Zeiten. Adelklo gehört der syrisch-katholischen Kirche an, feiert aber auch im chaldäischen Ritus, weil die Angehörigen jener Kirche noch keinen eigenen Priester haben.

Zerstörtes Marienzentrum

In einem Vorort Mossuls liegen Ruinen der alten assyrischen Stadt Ninive. Vieles ist zerstört. Das historische Zentrum wirkt apokalyptisch. Von der Kirche al-Tahira (»Unsere Liebe Frau von der Unbefleckten Empfängnis») stehen nur noch einige Mauern. An diesem Ort kamen früher die Bewohner Mossuls zusammen, Christen und Muslime, um der Jungfrau Maria für den Schutz der Stadt zu danken.

Die islamistischen Terroristen zerstörten alle Kreuze auf den Glockentürmen und auch die grosse Marienstatue, die auf der Spitze des Kirchturms stand.

Will man in Mossul ein pulsierendes Stadtleben finden, muss man das Quartier verlassen. Denn in diesem Teil der Stadt gibt es nur zerstörte Häuser. In den Trümmern liegen noch Leichen. Die heilige Stätten und sogar die christlichen Friedhöfe wurden verwüstet.

Hoffen auf Rückkehrer

Adelklo ist der einzige Priester, der bisher in die Stadt zurückgekehrt ist. Er war im Jahr 2014 mit seiner Gemeinde vor den Dschihadisten nach Kurdistan geflohen.

Dort leitete er das grosse christliche Flüchtlingslager in Ashti. Mit Hilfe einer französischen NGO baute er eine zerlegbare und transportierbare Kirche. Diese steht heute in Mossul an der Stelle der ehemaligen Kirche der Pfarrei, die stark beschädigt und geplündert wurde.

«Sie nahmen aus den Häusern der Christen alles, was sie konnten. Auch nach der Befreiung der Stadt. Sie haben die Kirchen geplündert und alles verkauft», beklagt der Priester. Gebrauchsgegenstände, Kühlschränke, Waschmaschinen wurden mitgenommen und auf den Märkten angeboten, bestätigt Paulus Sati, ebenfalls Priester.

Rückgabe von Häusern vorantreiben

Er stammt aus Mossul und lebte ab 1997 in Europa. Dort betreute er die chaldäische Gemeinschaft in Antwerpen und Luxemburg. Er leitet heute die Chaldäische Katholische Eparchie in Kairo. Paulus Sati begleitete die Delegation des katholischen Hilfswerks «Kirche in Not» nach Mossul und in die Dörfer der Ninive-Ebene, wo die christliche Präsenz wieder aufgebaut werden soll.

Mit Hilfe der Armee und der Sicherheitskräfte hat Emmanuel Adelklo ein Komitee gegründet. Dieses will die Häuser von Christen wieder frei machen, welche Muslime besetzt haben.

Weiterhin Gefahrenzone

Die Lage in Mossul ist weiterhin unsicher. Die islamistischen Terroristen unterhalten in der Stadt «schlafende Zellen». Dennoch will Adelklo seine Pfarrei wieder aufbauen. Er will neben seiner Fertigbauteil-Kirche eine Unterkunft für christliche Studenten einrichten, die an der nahegelegenen Universität Mossul studieren, und ebenfalls eine für Priester.

«Wir dürfen die Muslime nicht alle in den gleichen Topf werfen, denn einige haben den vom Islamischen Staat verfolgten Minderheiten geholfen, ob Christen, Jesiden oder Schiiten», erklären der Delegation zwei Ordensfrauen, die der Gemeinschaft der kleinen Schwestern Jesu angehören.

«Es wird nicht einfach sein, Vertrauen aufzubauen, nach dem, was passiert ist.»

Sie wollen anonym bleiben. Die Schwestern arbeiteten in Mossul und in Bashiqa, einem gemischt-religiösen Dorf in der Ninive-Ebene, wo Christen, Jesiden und Schiiten seit Jahrhunderten zusammenleben.

Jesidische Mädchen wurden verkauft

Die Ordensfrauen halten ganz klar fest, dass auch viele Muslime unter den Dschihadisten gelitten haben. Ärzte wurden umgebracht, weil sie den Verkauf von Jesidinnen als «Sex-Sklavinnen» auf den Märkten anprangerten.

Die Ordensfrauen wollen zurück nach Mossul. Die Freundschaft mit muslimischen Familien bestehe weiterhin. «Es ist aber wahr, dass viele Muslime die Übernahme Mossuls durch den Islamischen Staat begrüssten. Es wird nicht einfach sein, Vertrauen aufzubauen, nach dem, was passiert ist», sagen die beiden Ordensfrauen. (cath.ch/Übersetzung: Georges Scherrer)

 

Zerstörte Kirche in Mossul | © Jacques Berset
23. Oktober 2018 | 16:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Unterstützung für Wiederaufbau

Das internationale katholische Hilfswerk «Kirche in Not», dessen Schweizer Sitz sich in Luzern befindet, hat 2017 gemeinsam mit den christliche Kirchen in der irakischen Ninive-Ebene das Programm «Zurück zu den Wurzeln» lanciert.

An diesem beteiligen sich die chaldäisch-katholische, die syrisch-katholische und syrisch-orthodoxe Kirche. Koordiniert wird das Projekt von einem Komitee mit dem Namen «Der Wiederaufbau von Ninive». (be)