Der Erzbischof von Vaduz, Wolfgang Haas, mit der Ernennungsurkunde am 21. Dezember 1997 in der Sankt-Florin-Kirche in Vaduz.
International

Eine Mini-Diözese, um einen Skandal-Bischof loszuwerden: Seit 25 Jahren gibt's das Erzbistum Vaduz

25 Jahre Erzbistum Vaduz: Dieses Datum ist für die meisten Menschen in Liechtenstein kein Grund zum Feiern. Erzbischof Wolfgang Haas steht für die letzte kontroverse Bischofsernennung der 1980er-Jahre im deutschen Sprachraum. Auch der Wiener Kardinal Groër, sein Kölner Kollege Meisner und Bischof Krenn von St. Pölten regierten ihre Diözesen in Unfrieden.

Alexander Brüggemann

Wer je ein Haus gebaut hat, weiss: Nichts hält länger als Provisorien. Johannes Paul II. (1978–2005), Heiliger und als Pontifex oberster Brückenbauer der katholischen Kirche, schuf vor 25 Jahren mit dem Erzbistum Vaduz ein Provisorium, das schon ein Vierteljahrhundert hält. Und wenn es nach dem Willen von Erzbischof Wolfgang Haas geht, dann wird es auch künftig weiterbestehen.

Neuer Job für Bischof Haas

Im Priesterrat des Erzbistums Vaduz nannte Haas dies als sicheres Szenario. Alles werde in Liechtenstein so weiterlaufen wie bisher, auch wenn er dem Papst im August 2023 zum 75. Geburtstag seinen Amtsverzicht anbiete. Vor wenigen Tagen schob Haas dann einen eher süffisant wirkenden Hirtenbrief nach, in dem er alles, was geschehen wird, unter den Schirm der Vorsehung stellt.

Protest vor der Kathedrale in Chur gegen Bischof Wolfgang Haas am 17. Juni 1990.
Protest vor der Kathedrale in Chur gegen Bischof Wolfgang Haas am 17. Juni 1990.

Am 2. Dezember 1997, vor 25 Jahren, erhielt das Fürstentum Liechtenstein das eigene Erzbistum Vaduz, das vom Schweizer Bistum Chur abgetrennt wurde. Warum? Vor allem brauchte es eine neue Verwendung für den damaligen Churer Bischof Haas, der mit seiner äusserst konservativen Amtsführung und seinem Kommunikationsstil dort nicht mehr zu halten war.

Der letzte Überlebende

Haas ist der letzte Überlebende aus einer Riege sehr kontroverser und entschieden konservativer Bischofsernennungen der späten 1980er-Jahre im deutschen Sprachraum unter Papst Johannes Paul II. (1978–2005). Die Kardinäle Hans Hermann Groër (Wien) und Joachim Meisner (Köln), die Bischöfe Kurt Krenn (Sankt Pölten) und Haas (Chur) regierten Diözesen in Unfrieden. Groër stolperte über den Missbrauch eines Minderjährigen, Krenn über einen Sex-Skandal in seinem Priesterseminar.

Kurt Krenn
Kurt Krenn

Haas war in Chur vom Vatikan direkt ernannt worden. Auf Bitten des damaligen Churer Bischofs Johannes Vonderach wurde er im März 1988 vom Papst zum Koadjutor (Helfer des Bischofs) mit Nachfolgerecht ernannt. Damit wurde das Recht des Domkapitels auf freie Bischofswahl umgangen – eine Möglichkeit, die das Kirchenrecht freilich vorsieht.

Haas wurde in seine Heimat versetzt

In Chur stiess Haas durch seinen Kurs und seine Personalentscheidungen auf erbitterten Widerspruch bei den an Mitbestimmung gewöhnten Katholikinnen und Katholiken. Nach Jahren vieler Unruhe und Konflikte fand der Vatikan 1997 schliesslich eine Lösung für die Churer Querelen: Das rund 160 Quadratkilometer kleine Fürstentum Liechtenstein, seit 1806 staatlich souverän, aber kirchenrechtlich von alters her zum Schweizer Bistum Chur gehörig, wurde zur selbstständigen Erzdiözese mit Bischofssitz in der Hauptstadt Vaduz erhoben.

Tempi Passati: Erzbischof Wolfgang Haas 1998 mit Fürst Hans-Adam II. (links), Fürstin Marie und Erbprinz Alois.
Tempi Passati: Erzbischof Wolfgang Haas 1998 mit Fürst Hans-Adam II. (links), Fürstin Marie und Erbprinz Alois.

Die Nachricht sorgte damals bei vielen in Liechtenstein für Empörung. Sie drohten mit einer Kirchenbesetzung und einer Störung der Amtseinführung. Die Regierung, fast der gesamte Landtag und der Kirchenchor boykottierten die Feier. Fürst Hans Adam II. dagegen stellte sich hinter Haas und das neue Erzbistum.

Gläubige «komplett isoliert»

Auch das folgende Vierteljahrhundert im katholisch geprägten Liechtenstein blieb keineswegs frei von Reibungen. Der Theologe Günther Boss spricht von einem Erzbistum mit nur zehn Pfarreien, das «in dieser Kleinheit absurd» sei. Nicht nur die Gläubigen seien «komplett isoliert»; auch Wolfgang Haas habe sich zunehmend isoliert, sagte Boss im Interview mit kath.ch. «Niemand kommt mehr an ihn heran. Teilweise nicht mal mehr sein eigener Klerus.»

Demonstration in Liechtenstein 1997 gegen die Inthronisation von Wolfgang Haas als Erzbischof von Vaduz.
Demonstration in Liechtenstein 1997 gegen die Inthronisation von Wolfgang Haas als Erzbischof von Vaduz.

Eine Beteiligung am von Papst Franziskus ausgerufenen weltweiten synodalen Prozess lehnte Erzbischof Haas als «unnötig» ab. In Liechtenstein, argumentierte er, könne man jederzeit miteinander sprechen. Allerdings, kritisierte Boss, zeige Haas «keinerlei inhaltliches Interesse an der Meinung der Gläubigen». Deshalb brachten Boss und sein «Verein für eine offene Kirche» einen eigenen synodalen Weg für Liechtenstein auf den Weg – am Erzbischof vorbei.

Weiterhin unter Käseglocke?

Günther Boss ist überzeugt: «Es braucht eine Öffnung nach aussen; eine stärkere Einbindung in eine Bischofskonferenz und eine Verbindung zu anderen Bistümern und Bischöfen.» Und wenn das auch nach der Ära Haas nicht geschieht? «Dann bleiben wir weiterhin unter einer Käseglocke.» (kna)


Der Erzbischof von Vaduz, Wolfgang Haas, mit der Ernennungsurkunde am 21. Dezember 1997 in der Sankt-Florin-Kirche in Vaduz. | © KNA
27. November 2022 | 15:45
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!