Sieben Punkte, die bei der Bischofsweihe überraschen könnten
Feststimmung in Solothurn: Um 15 Uhr beginnt die Bischofsweihe von Josef Stübi. Es gibt einen Livestream. Mit Spannung wird erwartet, was Weihbischof Josef Stübi zu seinem Wahlspruch «Hoffnung leben» sagt. Und ob die päpstliche Bulle dem Konkordat entspricht. Sieben Punkte, die für Überraschungen sorgen könnten.
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Raphael Rauch
1.) Der Wortlaut der päpstlichen Bulle
Laut dem Konkordat von 1828 hat der Bischof von Basel das Recht, einen Weihbischof zu ernennen. Der Papst bestätigt dann die Ernennung. Mit Spannung wird erwartet, ob diese völkerrechtlich bindende Vereinbarung sich im Wortlaut der päpstlichen Bulle widerspiegelt.
«Letztmals kam diese Bestimmung bei der Ernennung von Weihbischof Joseph Candolfi im Jahr 1983 zur Anwendung», sagt der Kirchenrechtler Urs Brosi zu kath.ch. «Bei den beiden nachfolgenden Ernennungen kam es zu Interpretationsdifferenzen hinsichtlich der Bedeutung des unbestimmten Artikels einen Weihbischof.»
Urs Brosi geht davon aus: «Auch wenn das Bulletin des Presseamts des Heiligen Stuhls schreibt, der Papst habe Herrn Stübi zum Weihbischof ernannt, so dürfte es sich rechtlich um eine päpstliche Bestätigung der bischöflichen Ernennung handeln.» Wenn später der Wortlaut der päpstlichen Bulle verlesen wird, wissen wir mehr.
2.) Frauenfrage
Eine Bischofsweihe ist per se klerikal – und trotzdem ist es möglich, antiklerikale Akzente zu setzen. So hat die Badener Pfarreiseelsorgerin Ella Gremme eine tragende Rolle: Sie wird zusammen mit Diakon David Rüegsegger das Evangelienbuch über Josef Stübis Haupt halten. Weihbischof Josef Stübi könnte mit weiteren Gesten antiklerikale Akzente setzen, zum Beispiel beim Friedensgruss.
3.) Predigt von Bischof Felix Gmür
Bischof Felix Gmür hat schon an mehreren Bischofsweihen teilgenommen – doch es ist die erste Bischofsweihe für seinen eigenen Weihbischof. Wie meistens wird auch heute Bischof Felix Gmür frei predigen. Erfahrungsgemäss haben seine Predigten drei Punkte. Erwartet werden nicht nur eine Auslegung des Tagesevangeliums, sondern auch wertschätzende Worte zu Josef Stübi und vielleicht eine Aussage zum synodalen Prozess.
4.) Courant normal in Post-Covid-Zeiten?
Als Joseph Bonnemain mitten im Corona-Winter, am 19. März 2021, zum Bischof von Chur geweiht wurde, herrschten strengste Corona-Massnahmen. Weihbischof Josef Stübi hingegen kann die Bischofsweihe ohne Corona-Einschränkungen feiern.
In den Pfarreien haben sich unterschiedliche Praktiken etabliert. So ist eine gewisse Vorsicht geblieben, was das Teilen des Kelches betrifft. Vielerorts wird am Altar die Kelchkommunion «per intinctionem» gepflegt.
Beim Friedensgruss heisst die Formel «Gebt einander ein Zeichen des Friedens». Ob es in Solothurn einen Handschlag, einen freundlichen Blick von nach rechts und links oder sogar eine Umarmung geben wird: wir werden sehen.
5.) Hoffnung leben – was heisst das?
Josef Stübi hat sich bewusst für einen schlichten, deutschsprachigen Wahlspruch entschieden: «Hoffnung leben». Was meint er damit?
6.) Kantonsregierungen: Wer ist anwesend?
Die Zeiten sind längst vorbei, dass Bischofsweihen für Bundesräte und Kantonsregierungen ein Pflichttermin sind. Als die Ernennung von Josef Stübi bekannt wurde, haben nicht alle Kantonsregierungen – immerhin Konkordatspartner – gratuliert. Mit Spannung wird erwartet, welche Kantonsregierungen in der Kathedrale von Solothurn vertreten sind – und welche nicht.
7.) Gibt’s eine echte Überraschung?
Bischof Joseph Bonnemain schaffte es, mit seinem Kniefall von Chur für eine echte Überraschung an seiner Bischofsweihe zu sorgen. Das Bild vom knienden Bischof auf dem roten Teppich erhielt ikonischen Charakter und steht für den Neuanfang im zerrütteten Bistum Chur. Sein Namensvetter Josef Stübi ist in einer bequemeren Situation als Joseph Bonnemain – vielleicht sorgt aber auch er für eine echte Überraschung bei der Bischofsweihe.
Um 15 Uhr beginnt heute in der Kathedrale von Solothurn die Bischofsweihe von Josef Stübi. Das Bistum Basel bietet von 14.45 Uhr an einen Livestream an.
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