Vinzenz Wohlwend, Abt der Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau
International

Abt Vinzenz Wohlwend: «Mich schmerzt die Situation im Erzbistum Vaduz»

Der Abt von Wettingen-Mehrerau, Vinzenz Wohlwend (53), ist heute beim Papst. Als Liechtensteiner blickt er mit Sorge auf das Erzbistum Vaduz. Er wünscht sich einen Brückenbauer als Nachfolger von Erzbischof Wolfgang Haas.

Raphael Rauch

Sie sind diese Woche bei Ihrem ersten Ad-limina-Besuch in Rom. Was war bislang Ihr Highlight?

Abt Vinzenz Wohlwend*: Der schönste Termin war die Eröffnung mit einer sensationellen Predigt des Präsidenten der österreichischen Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner. Er hat über das Petrusamt gepredigt und klargestellt: Petrus hat in seinem Messias-Bekenntnis mehr bekannt als erkannt. Auch ein Petrus konnte nicht alles verstehen. Die Predigt hat uns gut auf den Ad-limina-Besuch eingestimmt: Wir sind als Kirche gemeinsam unterwegs – und es ist gut, dass wir jemanden haben, der vorangeht. Und das ist Papst Franziskus. Ich freue mich auf die Begegnung mit dem Papst am Freitag.

Die österreichische Bischofskonferenz in Rom. Zweiter von rechts: Abt Vinzenz Wohlwend.
Die österreichische Bischofskonferenz in Rom. Zweiter von rechts: Abt Vinzenz Wohlwend.

Wie bewerten Sie den synodalen Prozess?

Wohlwend: Wir sind gemeinsam auf dem Weg und haben viele Themen auf dem Tisch liegen. Wir müssen schauen: Wie können wir mit diesen Themen umgehen? Wo reden wir nicht nur, sondern kommen auch zu Entscheidungen? Für welche Fragen bräuchten wir ein Konzil? Manche Fragen können wir nicht einfach per Mehrheitsbeschluss entscheiden. Wir stehen in der Tradition einer 2000-jährigen Geschichte, die man nicht einfach über Bord werfen kann. Gleichzeitig hat sich die Kirche immer wieder verändert. Von daher ist es ganz normal, dass man manchmal gerne schneller laufen möchte und andere hinterherhinken. Oder umgekehrt.

«Wie können wir mit den Frauen in die Zukunft gehen?»

Wo wären Sie gerne schneller unterwegs?

Wohlwend: Als Abt und Präses einer grossen Kongregation stehe ich vielen Frauenklöstern vor. Von daher ist mir die Frage sehr wichtig: Wie können wir mit den Frauen in die Zukunft gehen? 

Der Abt von Mehrerau, Pater Vinzenz Wohlwend, zeigt sein Brustkreuz. Ein früherer Lehrer hat's ihm geschnitzt.
Der Abt von Mehrerau, Pater Vinzenz Wohlwend, zeigt sein Brustkreuz. Ein früherer Lehrer hat's ihm geschnitzt.

Kennen Sie Zisterzienserinnen, die gute Priesterinnen wären?

Wohlwend: Logisch, sogar sehr viele wären gute Priesterinnen. Die Frage ist aber: Wollen sie das überhaupt werden? Oder haben sie eine andere Berufung? Oder müssen wir das Priesteramt anders denken?

«Ich fühle mich daheim in einer Kirche, die immer wieder neu aufbrechen muss.»

Sie sind Liechtensteiner und stehen der schweizerisch-österreichischen Abtei Wettingen-Mehrerau vor. Fühlen Sie sich im Dreiländereck Liechtenstein, Österreich, Schweiz zuhause?

Wohlwend: Ich würde sogar von vier Ländern sprechen: Wir sind ja ganz nah an Deutschland, direkt am Bodensee. In diesem Vier-Länder-Eck fühle ich mich zuhause. Und ich fühle mich daheim in einer Kirche, die immer wieder neu aufbrechen muss.

Der Erzbischof von Vaduz, Wolfgang Haas, mit der Ernennungsurkunde am 21. Dezember 1997 in der Sankt-Florin-Kirche in Vaduz.
Der Erzbischof von Vaduz, Wolfgang Haas, mit der Ernennungsurkunde am 21. Dezember 1997 in der Sankt-Florin-Kirche in Vaduz.

Sie stammen aus Liechtenstein und gehören zu den Kandidaten, die als Nachfolger von Erzbischof Wolfgang Haas gehandelt werden. Würden Sie die Ernennung annehmen, wenn Papst Franziskus Sie darum bitten würde?

Mehrerau: Diese Spekulation kenne ich nicht, da erzählen Sie mir etwas ganz Neues (lacht). Wir dürfen in dieser Frage nicht vergessen: Wir müssen um eine gute Lösung beten. Die Situation in Liechtenstein ist nicht einfach. Wir brauchen in Liechtenstein dringend einen Brückenbauer. Jemanden, der diese Situation lösen kann und den langen Atem hat, die Kirche in Liechtenstein zu versöhnen. Mit Kirche meine ich sowohl die Kirche von Erzbischof Wolfgang Haas als auch den Verein für eine offene Kirche, der in den letzten Jahrzehnten eine ausgezeichnete pastorale Arbeit geleistet hat. Nun gilt es, Brücken zu schlagen, dass man in Ruhe zueinander findet und sich nicht gegenseitig ausgrenzt. 

Wolfgang Haas ist noch Erzbischof von Vaduz.
Wolfgang Haas ist noch Erzbischof von Vaduz.

Haben Sie Kontakt zu Erzbischof Wolfgang Haas? 

Wohlwend: Wir haben immer wieder mal brieflich Kontakt. Einen persönlichen Austausch hatten wir schon länger nicht mehr. Das ist auch meiner Aufgabe als Abt geschuldet. Ich bin viel unterwegs, um alle Klöster zu besuchen.

Papst Johannes Paul II. trifft bei seinem Besuch in Liechtenstein Bischof Johannes Vonderach (8. September 1985 in Vaduz).
Papst Johannes Paul II. trifft bei seinem Besuch in Liechtenstein Bischof Johannes Vonderach (8. September 1985 in Vaduz).

Sie sind in Liechtenstein aufgewachsen, als das Fürstentum noch zum Bistum Chur gehörte. Wer hat Sie gefirmt?

Wohlwend: Das war Bischof Johannes Vonderach. Er hat mir auch die erste heilige Kommunion gespendet. Meine Heimatpfarrei wurde damals renoviert und die Erstkommunion fiel mit der Altarweihe zusammen. Von daher gab’s eine Erstkommunion mit Pontifikalamt. 

Tempi Passati: Erzbischof Wolfgang Haas 1998 mit Fürst Hans-Adam II. (links), Fürstin Marie und Erbprinz Alois.
Tempi Passati: Erzbischof Wolfgang Haas 1998 mit Fürst Hans-Adam II. (links), Fürstin Marie und Erbprinz Alois.

Welche Beziehungen pflegen Sie zum offiziellen Fürstentum Liechtenstein?

Wohlwend: Ich habe einen sehr guten Draht zur Botschafterin Liechtensteins in Wien, Maria-Pia Kothbauer Prinzessin von und zu Liechtenstein. Wir haben uns über die Bregenzer Festspiele kennen gelernt – diese sind für uns beide immer ein schöner Termin. Und ich schätze auch die Zusammenarbeit mit Prinz Stefan von und zu Liechtenstein, dem Botschafter Liechtensteins am Heiligen Stuhl.

Maria-Pia Kothbauer Prinzessin von und zu Liechtenstein ist die Botschafterin Liechtensteins in Wien.
Maria-Pia Kothbauer Prinzessin von und zu Liechtenstein ist die Botschafterin Liechtensteins in Wien.

Haben Sie mitbekommen, dass Erzbischof Wolfgang Haas das «Heilig-Geist-Amt» mit den Abgeordneten abgesagt hat, weil ihm der Landtag nicht mehr katholisch genug ist?

Wohlwend: Das habe ich nicht mitbekommen. Aber ich finde das sehr, sehr schade. Mich schmerzt die Situation im Erzbistum Vaduz. Viele leiden darunter. Es tut weh, wirklich sehr weh. Dennoch ist es wichtig, hier nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern aufrecht und mit Rückgrat sich vor den Herrn zu stellen. Das tönt jetzt furchtbar fromm, aber: Das Beten ist sehr, sehr wichtig. Lassen wir uns anschauen. Lassen wir auch die Situation anschauen. Das Wichtigste ist jetzt zu beten, dass mit dem Heiligen Geist eine gute Lösung gefunden wird. Mit einem Menschen, der es versteht, im Dialog die Parteien an einen Tisch zu bringen und die Diözese zu versöhnen.

Von links Erzbischof Franz Lackner, Kardinal Christoph Schönborn und Kardinal Marc Ouellet.
Von links Erzbischof Franz Lackner, Kardinal Christoph Schönborn und Kardinal Marc Ouellet.

Sie waren während des Ad-limina-Besuchs auch bei Kurienkardinal Marc Ouellet, der für die Bischofsernennungen zuständig ist. Hatten Sie das Gefühl, dass er sich für Sie ganz besonders interessiert und er gar ein informelles Bewerbungsgespräch mit Ihnen geführt hat?

Wohlwend: Nein (lacht). Liechtenstein war bei der österreichischen Bischofskonferenz kein Thema. Aus historischen Gründen ist das Thema Liechtenstein näher an der Schweizer Bischofskonferenz.

* Der Zisterzienser Vinzenz Wohlwend (53) ist Abt der Territorialabtei Wettingen-Mehrerau in Vorarlberg und Abtpräses der Zisterzienserkongregation von Mehrerau. Er stammt aus Liechtenstein.


Vinzenz Wohlwend, Abt der Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau | © Raphael Rauch
16. Dezember 2022 | 12:01
Lesezeit: ca. 4 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!