Filmstill aus "Foudre": Elisabeth sucht Antworten.
Filmtipp

Zwischen Pflichtgefühl und Freiheitsdrang: «Foudre»

Kurz bevor Elisabeth im Sommer 1900 das Gelübde im Kloster ablegt, stirbt ihre Schwester. Sie muss zu ihrer Familie zurück. Der geheimnisvolle Tod ihrer Schwester lässt Elisabeth keine Ruhe. In «Foudre» erzählt die Genfer Regisseurin Carmen Jaquier mit überwältigenden Bildern eine weibliche Emanzipationsgeschichte.

Sarah Stutte

Die 17-jährige Elisabeth (eindringlich: Lilith Grasmug) steht im Sommer 1900 kurz davor, ihr Gelübde im Kloster abzulegen. Als ihre Schwester Innocente unerwartet stirbt, muss die Novizin jedoch auf den Familienhof in einem Walliser Tal zurückkehren, um in der Landwirtschaft zu helfen.

Junge Novizin von Nonnen getragen – Szene aus "Foudre"
Junge Novizin von Nonnen getragen – Szene aus "Foudre"

Sexualität oder Glaube?!

Zurück im Tal will Elisabeth herausfinden, warum ihre Schwester wirklich starb. Doch die Eltern schweigen und bleiben so Antworten schuldig. Dann findet Elisabeth jedoch Tagebucheinträge von Innocente. Aus ihnen wird klar, dass ihre Schwester im Ausleben ihrer Sexualität eine tiefe Verbindung zu Gott suchte. Das wurde in der konservativen Dorfgemeinschaft nicht gutgeheissen.

Das Spielfilmdebüt der Genfer Regisseurin Carmen Jaquier fängt die Rastlosigkeit einer jungen Frau ein, die mit ihren widersprüchlichen Gefühlen in Bezug auf ihren Glauben und ihr Bedürfnis nach Zuneigung kämpft.

Filmstill zu "Foudre": Der Alltag auf dem Hof ist von Arbeit und katholischer Strenge geprägt.
Filmstill zu "Foudre": Der Alltag auf dem Hof ist von Arbeit und katholischer Strenge geprägt.

Zeitlose Geschichte über Macht und Normen

In visuell berauschenden Bildern wird damit die Geschichte von weiblicher Emanzipation inmitten erdrückender Gesellschaftsnormen erzählt. «Foudre» wirkt zeitlos und doch sehr modern und ist dabei von einer tiefen Mystik durchdrungen, die unweigerlich die Verse von Teresa von Ávila ins Gedächtnis ruft.

Filmstill zu "Foudre": Der Blick geht hinaus in die Weite
Filmstill zu "Foudre": Der Blick geht hinaus in die Weite

Ein kraftvoller Film voller Aufrichtigkeit, der eine ländliche Welt zeigt, in der die Menschen mit Ängsten und Konventionen ringen, wenn es um die eigene Identität geht. Damit macht «Foudre» bewusst, dass sich ein tiefer Glaube und der Drang nach Freiheit nicht ausschliessen.

«Foudre», Schweiz 2022; Regie: Carmen Jaquier; ProtagonistInnen: Lilith Grasmug, Sabine Timoteo, Mermoz Melchior; Verleih: Sister Distribution; Homepage: www.sister-distribution.ch

Ab 13. April im Kino

«Foudre» hat im September 2022 dem Filmpreis der Zürcher Kirchen erhalten


Zum Interview von kath.ch mit der Regisseurin Carmen Jaquier:

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Filmstill aus «Foudre»: Elisabeth sucht Antworten. | © Sister Distribution
13. April 2023 | 05:00
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