Kardinal Marc Ouellet.
Vatikan

Vatikan reagiert scharf auf Vorwürfe von Ex-Nuntius Viganò

Rom, 8.10.18 (kath.ch) Mit einem Doppelschlag hat der Vatikan am Wochenende auf Vorwürfe des Ex-Diplomaten Carlo Maria Viganò gegen Papst und Vatikan reagiert. Fehleinschätzungen von Seiten des Vatikans werden aber nicht ausgeschlossen.

Am Samstag veröffentlichte das vatikanische Presseamt eine Erklärung, am Sonntag versandte es einen dreiseitigen offenen Brief des Leiters der Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, an Erzbischof Viganò.

Kritik an Vorgehen von Viganò

Dieser hatte Papst und Kurie der Vertuschung im Fall des früheren Washingtoner Erzbischofs Theodore McCarrick bezichtigt und Franziskus zum Rücktritt aufgefordert. In seinem Brief vom Sonntag schliesst Ouellet Fehleinschätzungen der Kurie in Sachen McCarrick nicht aus.

Gleichzeitig weist er nahezu alle Vorwürfe Viganòs zurück und kritisiert umgekehrt das Verhalten des früheren Nuntius in Washington.

«Anweisungen», keine Sanktionen

Zwar habe es Anweisungen an McCarrick nach seiner Emeritierung gegeben, er solle wegen Vorwürfen früheren sexuellen Fehlverhaltens gegenüber erwachsenen Seminaristen ein zurückgezogenes Leben führen, bestätigt Ouellet. Diese seien aber keine «Sanktionen» durch Papst Benedikt XVI. gewesen, die Franziskus dann aufgehoben hätte.

Anders als heute habe es damals nicht genügend Beweise gegeben.

In den Unterlagen der Kongregation fänden sich auch keine entsprechenden Dokumente mit Unterschriften eines der beiden Päpste. Seinen Brief schreibe er mit Erlaubnis von Franziskus, so Ouellet, basierend auf der Aktenlage in seiner Behörde sowie persönlicher Kontakte.

Anders als heute habe es damals nicht genügend Beweise gegeben, die eine offizielle Sanktion gerechtfertigt hätten. Auch sei in den Unterlagen, die Viganò bei seinem Amtsantritt in Washington von der Bischofskongregation mitbekommen habe, der Name McCarrick gar nicht erwähnt.

Unverständliche Karriere trotz Gerüchte

Ouellet räumte ein, er frage sich heute, warum McCarrick trotz umlaufender Gerüchte in der Kirchenhierarchie so hoch habe aufsteigen können. Man müsse aber verstehen, dass päpstliche Entscheidungen stets von den Informationen abhängen, die jeweils vorlegt werden.

Den verantwortlichen Personen aber grundsätzliche Verdorbenheit und Komplizenschaft vorzuwerfen, sei ungerecht.

Aufruf zur Versöhnung mit dem Papst

Abschliessend wirft Ouellet Viganò vor, vom Skandal sexuellen Missbrauchs profitieren zu wollen, um der moralischen Autorität des Papstes «einen unerhörten und unverdienten Schlag zu versetzen». Er rief Viganò auf, aus seinem derzeitigen Versteck aufzutauchen, zu bereuen und sich mit dem Papst zu versöhnen.

Die relevanten Daten sollten «ermittelt und objektiv bewertet werden».

Bereits am Vortag hatte der Vatikan informiert, dass Papst Franziskus in der gesamten Kurie eine gründliche Untersuchung aller Akten zum Fall McCarrick angeordnet habe. Die relevanten Daten sollten «ermittelt, in ihren historischen Zusammenhang gestellt und objektiv bewertet werden».

Sonderbehandlungen nicht mehr toleriert

Die Erklärung vom Samstag bekräftigt, eine «Sonderbehandlung von Bischöfen, die Missbrauch begangen oder vertuscht haben», sei «eine Form von Klerikalismus, die nicht länger zu akzeptieren ist».

Dabei erinnert der Vatikan an das geplante Treffen der Leiter aller Bischofskonferenzen im Februar im Vatikan. Bereits am Montag soll US-amerikanischen Medienberichten zufolge der Papst erneut mit der Führung der US-Bischofskonferenz zusammentreffen. (cic)

Kardinal Marc Ouellet. | © KNA | © KNA
8. Oktober 2018 | 06:21
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