Der katholische Theologe Eugen Drewermann
Zitat

Theologe Drewermann: Johannes Paul II. hat Ratzinger untersagt Missbrauch aufzudecken

«Was da jetzt herausgekommen ist, ist nicht ein Hundertstel der Wirklichkeit. Ratzinger hat sich wohlmöglich unbedacht gegeben bei einem Missbrauchsfall, den er hätte verhindern können oder müssen und von dem er vorgibt, sich nicht zu erinnern. Die Wahrheit ist aber, als Vorsitzender der Glaubenskongregation im Vatikan, war er all die Jahre damit beschäftigt auf die Eingaben von Missbrauchsopfern zu reagieren. Das durfte er nicht, weil Johannes Paul II. es untersagt hatte. Das ist der wirkliche Skandal. Er hatte nicht die Freiheit, sich in diesen Punkten zu bewegen. Meine Vermutung ist, dass er als Papst abgedankt hat in dem Wissen, dass ihm alles um die Ohren fliegt, wenn diese Dinge weiter verfolgt werden.

Es ist kein Problem Ratzingers. Es ist ein Problem von Johannes Paul II., den man inzwischen selig gesprochen hat. Für ihn gab es keinen Missbrauch in der Kirche. Es hatte ihn nicht zu geben. Punkt.

Ich möchte, wenn dann paradoxerweise, mit viel Sympathie für den armen Ratzinger sprechen. Er tut mir wirklich leid, weil ich seine Tragödie begreife. Er hat nicht gehandelt in böser Vertuschungsabsicht. Er hat sich bemüht in einer äusserst schwierigen exponierten Stellung, das zu erfüllen, was er für seine Pflicht hielt. Dass er es für seine Pflicht hielt, ist ein schweres persönliches Problem.»

Das sagte Eugen Drewermann in einem Youtube-Video zum Missbrauchsskandal rund um Papst Benedikt XVI. Er ist deutscher Theologe und Schriftsteller. Der ehemalige katholische Priester ist 2005 aus der Kirche ausgetreten. (jas)


Der katholische Theologe Eugen Drewermann | © KNA
26. Januar 2022 | 10:50
Lesezeit: ca. 1 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!