Christoph Schneider und Maria Chiquet-Nussberger vor dem Eingang zur St. Franziskus-Kirche in Riehen BS
Schweiz

Taizé kommt in Riehen an

Riehen/Bettingen BS, 27.11.17 (kath.ch) Die römisch-katholische Pfarrei St. Franziskus in Riehen-Bettingen ist ein Ort, der am Europäischen Taizé-Treffen in Basel Ende Jahr zahlreiche Jugendliche aufnehmen wird. Auch hier fasste die Spiritualität von Taizé Fuss mit einem einfachen Taizé-Gebet, zu dem sich anfangs kaum einer verirrte.

Vera Rüttimann

Zur Pfarrei St. Franziskus führt die Tramlinie Nr. 6. Im Morgennebel geht es vorbei an weiten Feldern, auf denen Haflingerpferde grasen und vorbei an pittoresken Kleinvillen mit hochgewachsenen Hecken. Kulturtouristen nehmen diesen Weg, um in der Fondation Beyeler Kunstausstellungen zu besuchen. Dutzende von Jugendlichen werden im Dezember dieselbe Strecke fahren. Dies um sich hier in der Kirche St. Franziskus an der Äusseren Baselstrasse 168 während fünf Tagen für Gesänge und Gespräche einzunisten.

Taizé war in Riehen unbekannt

Am Eingang der in den 1950er-Jahren erbauten Kirche mit ihrem markanten Glockenturm steht Christoph Schneider und begrüsst Musiker. In der Kirche steht eine Orchesterprobe an. Als ehemaliger Gemeindeleiter kennt er hier jeden Stein. Christoph Schneider, der heute als Spitalseelsorger im Kantonsspital Liestal arbeitet, freut sich sehr auf das Taizé-Treffen am Jahresende. Dieser Ort im Südburgund hat auch sein Leben geprägt. «Als ich 1992 erstmals in Taizé war, hat es mich gepackt.» Die Einfachheit, die Offenheit und die charismatische Gründerfigur Frère Roger –  all das liess ihn an diesem Ort innerlich Wurzeln schlagen.

«Manchmal waren wir nur zu zweit, das war hart.»

Aus dieser Begeisterung heraus initiierte der 45-Jährige vor zehn Jahren ein Taizé-Gebet in St. Franziskus. Vor Gebetsbeginn um halb sieben Uhr abends stellte er neben dem Altar eine Kerze sowie eine Ikone auf. Der Anfang begann zart. «Manchmal waren wir nur zu zweit, das war hart», erinnert er sich. Manchmal sei das Christentum eben nur noch eine kleine Flamme, die man am Leben erhalten müsse.

Flyer Taizé Basel | © Vera Rüttimann

Taizé war zu Beginn in Riehen nicht sehr bekannt. Neben der reformierten und römisch-katholischen Landeskirche gibt es verschiedene Freikirchen. Dennoch nahmen, so Christoph Schneider, von Anfang an Menschen aus verschiedenen Kirchen am Taizé-Gebet teil, das immer mehr zu gedeihen begann.

Wieder Anschluss gefunden

Mit dabei im Vorbereitungsteam wirbelt auch Maria Chiquet-Nussberger. Die gelernte Kindergärtnerin und Katechetin, die seit 1976 in Riehen lebt, war zuvor in der Clara-Pfarrei in Basel sehr aktiv und war Mitglied an der Synode 72. Nach einer längeren Phase voller begeisternder Aufbruchsstimmung habe sie jedoch durch diverse Pfarrerwechsel in St. Franziskus nicht mehr das gefunden, was sie angesprochen habe. «Erst durch das Taizé-Gebet fand ich wieder Anschluss an die Pfarrei», erklärt sie.

«Stille, was für eine Wohltat!»

Hier fand Maria Chiquet-Nussberger, die nach 1989 mit Bekannten aus der ehemaligen DDR erstmals die ökumenische Kommunität im Burgund besuchte, Anschluss an Leute, mit denen sie nun in der Kirche beim Taizé-Gebet sitzt. Was ihr besonders gefällt an dieser Gebetszeit ist auch die Stille darin. «Diejenigen, die zu uns neu ins Taizé-Gebet kommen, sagen oft als erstes: Stille, was für eine Wohltat!», erzählt sie.

Die erste Gastpfarrei

Die beiden Taizé-Begeisterten und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter im Vorbereitungsteam staunten nicht schlecht, als im Mai dieses Jahres Taizé-Brüder den Wunsch äusserten, an ihrem Gebet teilzunehmen. Zu diesem Anlass kamen auch zahlreiche Mitglieder der reformierten Kirchgemeinde von Riehen, die ebenfalls Jugendliche aufnehmen. «Es kam sofort zu guten Gesprächen und neuen Kontakten, besonders auch mit den Reformierten», erinnert sich Maria Chiquet-Nussberger. St. Franziskus wurde zu einer der ersten Pfarreien im Raum Basel, die sich bereit erklärten, Taizé-Jugendliche aufzunehmen. «Wir sagten zu, ohne genau zu wissen, was auf uns zukommt», lacht die quirlige Seniorin.

Viel Betrieb vor der Franziskuskirche | © Vera Rüttimann

Seit September brennt im Zimmer des Pfarreiheims gegenüber, wo sich das Vorbereitungsteam nun regelmässig trifft, oft bis spät in den Abend hinein das Licht. Verschiedenes muss vorbereitet werden, unter anderem der Empfang der Jugendlichen und auch der Silvesterabend mit dem Friedensgebet und dem «Fest der Nationen».

Noch fehlen einige Betten

Vor allem die Suche nach Schlafplätzen für die jungen Gäste aus ganz Europa läuft in diesen Tagen in St. Franziskus auf Hochtouren. In der Kirche befindet sich eine Art «Barometer», an dem der Stand der Übernachtungsplätze angezeigt wird. 70 Plätze hat das Vorbereitungsteam schon gewinnen können. Sogar eine 95-jährige Frau aus der Franziskus-Pfarrei, weiss Christoph Schneider, die alleine in einem Haus wohnt, möchte ihre Tür öffnen für junge Gäste.

Eine Art «Barometer» zeigt den Stand der Übernachtungsplätze an

Doch noch immer fehlen 80 Schlafplätze. In der Vorbereitungsgruppe ist man sicher, dass sich diese bis zum Treffen noch finden lassen. Notfalls, so Maria Chiquet-Nussberger, würden Diakonissinnen in Riehen ihre Tore öffnen für die jungen Leute. Woran hakt es bei der Suche nach Gastfamilien? Riehen, erklären beide, sei ein Ort mit etlichen wohlhabenden Bürgern. «Nicht jeder hat es da mit dem Pilgerweg des Vertrauens. Vielleicht ist es auch nicht so einfach, unbekannten Leuten die Türe zu öffnen.» Dass der gemeine Schweizer zudem alles exakt geplant haben möchte, verhindere zudem Spontanität und den Mut, sich auf ein Wagnis einzulassen.

Die Eigendynamik der Grosstreffen

In der Vorbereitungsgruppe hofft man, dass das Taizé-Fieber noch mehr auf Basel und Riehen übergreift. Maria Chiquet-Nussberger erinnert die derzeitige Stimmung ein wenig an die Wochen vor der heute geschichtsträchtigen ersten ökumenischen Versammlung «Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung» (GFS) im Mai 1989. Während andere begeistert seit Wochen für das Grosstreffen geworben hätten, habe sich anderswo das Engagement noch in Grenzen gehalten. Als es dann aber losgegangen sei, habe das Ereignis damals die ganze Stadt eingenommen.

Christoph Schneider ist jedoch wichtig, das Christ-Sein nicht nur an Grossevents wie jetzt am Jahresende zu leben, sondern auch dann, «wenn sich nur wenige um eine spärlich flackernde Kerze versammeln». Wie jene, die am Taufbecken in einem Nebenraum der Kirche steht. Im Glauben geht es für Christoph Schneider darum, darin standhaft zu sein und ihn durch bewegte Zeiten hindurchzutragen.

 

 

Christoph Schneider und Maria Chiquet-Nussberger vor dem Eingang zur St. Franziskus-Kirche in Riehen BS | © Vera Rüttimann
27. November 2017 | 12:02
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