Abt Phrathep Kittimolie
Schweiz

Selbstbeherrscht, enthaltsam und fastend: Ein Leben im buddhistischen Kloster

Thaibuddhistische Mönche befolgen 227 Regeln, Nonnen sogar 311. «Wir versuchen uns selbst zu kontrollieren», sagt Phrathep Kittimolie (73), Abt des Tempels in Gretzenbach.

Alice Küng

Der «Wat Srinagarindravararam» in Gretzenbach ist Tempel und Kloster in einem. Phrathep Kittimolie lebt seit über 33 Jahren dort. «Die anderen Mönche wechseln alle paar Jahre», sagt der Abt. Zurzeit sind sie zu viert. Maximal sechs Mönche hätten Platz.

In der Gemeinschaft im Kanton Solothurn leben nur Mönche. Nonnen hat es keine – aus Platzgründen. «In geschlechtergemischten Klöster müssen Frauen und Männer in verschiedenen Gebäuden wohnen.» Dafür seien die meisten Klöster in der Diaspora zu klein.

Seit 2003 steht der Tempel «Wat Srinagarindravararam» im Kanton Solothurn.
Seit 2003 steht der Tempel «Wat Srinagarindravararam» im Kanton Solothurn.

Das Gelübde der Enthaltsamkeit steht an oberster Stelle. «Wir dürfen nicht mit einer Frau alleine in einem Zimmer sein und sie nicht berühren.» Die Kontrolle darüber liege in den Händen der Männer. «Frauen können gefährlich sein», sagt der Abt.

Jeden Tag fasten

Das monastische Leben von Thaibuddhisten ist von Regeln geprägt. Novizen im Alter von zehn bis zwanzig Jahren befolgen zehn Vorschriften. «Nach der Ordination verpflichten sich vollordinierte Mönche für 227 Regeln.»

Der Tempel umfasst drei Bereiche: Haupttempel, Nebentempel und Schulungsraum für die Sonntagsschule.
Der Tempel umfasst drei Bereiche: Haupttempel, Nebentempel und Schulungsraum für die Sonntagsschule.

Eine dieser ist der Verzicht auf jegliche Speisen in der Zeit nach dem Mittagessen und bis zum Frühstück am nächsten Tag. «Wir versuchen uns selbst zu kontrollieren und den Hunger zu überwinden», sagt Kittimolie. Lebensmittel seien für das Überleben da – nicht für den Genuss. Alkohol ist immer tabu.

Nonnen versus Mönche

Das Leben vollordinierter Nonnen ist noch stärker eingeschränkt. Sie befolgen 311 Regeln. «Sie dürfen keinen Knoblauch essen.» Einige Regeln unterstellen sie den Mönchen. Und: «Eine buddhistische Nonne darf nicht alleine leben. Sie muss immer in Begleitung einer Mitschwester sein.»

Vier Mönche leben im Moment im Tempel.
Vier Mönche leben im Moment im Tempel.

Frauen müssen sich auf Lebzeit dem Kloster verpflichten. «Mönche hingegen können wieder gehen», sagt der Abt. Das Leben thaibuddhistischer Nonnen bezeichnet er als «sehr schwierig». Deshalb gebe es nur wenige.

Offen für Nicht-Buddhisten

Das Kloster in Gretzenbach nimmt auch immer wieder nicht-buddhistische Gäste auf. Für einige Wochen können Schweizer Frauen und Männer einziehen. «Bei ihnen sind wir im Aufnahmeprozess strikter. Sie wissen nicht immer, wie sich richtig zu verhalten.»

Überall stehen Buddha-Statuen.
Überall stehen Buddha-Statuen.

Vor dem Klostereintritt haben sie deshalb ein Training zu absolvieren. «Interessenten müssen die Disziplin der Meditation, der Selbstbeherrschung und des ‹Chanten› lernen.» Wem das nicht gelingt, lehnt das Kloster ab.

Der Wert der Gemeinschaft

Selbstbeherrschung ist für das gemeinschaftliche Leben im Tempel zentral. «Das ist der Grund, warum wir praktisch keine Probleme miteinander haben», sagt Phrathep Kittimolie. Diese Selbstdisziplin helfe auch beim Einhalten des strikten Tagesrhythmus’.

Alle Mönche stammen aus Thailand und tragen das traditionelle buddhistische Gewand in Orange.
Alle Mönche stammen aus Thailand und tragen das traditionelle buddhistische Gewand in Orange.

«Morgens um sechs und abends um halb neun ‹chanten› wir je eineinhalb Stunden.» Dazwischen empfangen die Bewohner Besuche oder führen Rituale durch. «Wir leiten die Zeremonien gemeinsam.»

Das Geben im Buddhismus

Neben ihren religiösen haben die Mönche auch Bildungsaufgaben. Sie unterrichten an der klosterinternen Schule. «Wir sind dafür qualifiziert und haben einen Uniabschluss», sagt Kittimolie. Den Thaikindern bringen die Mönche die thailändische Kultur bei und den Erwachsenen die Sprachen Deutsch oder Thailändisch.

Typisch für thaibuddhistische Tempel ist das Gebäude aussen golden verziert.
Typisch für thaibuddhistische Tempel ist das Gebäude aussen golden verziert.

Das Kloster in Gretzenbach lebt von Spenden. «Geben ist im Buddhismus sehr wichtig. Das hat uns Buddha gelehrt», sagt der Abt. Und dies praktizierten die Gläubigen bis heute. Staatliche Unterstützung für buddhistische Klöster gebe es keine – weder in der Schweiz noch im Herkunftsland Thailand.

Fastenzeit: 40 Tage Klöster

Das Christentum verändert sich. Und auch die Klöster sind im Wandel. Sie haben schon viele Krisen durchgemacht – und müssen sich weiter ändern, um ihr Nachwuchsproblem zu lösen. In der Fastenzeit beleuchten wir Geschichten über Klöster und Orden in verschiedenen Facetten.


Abt Phrathep Kittimolie | © Seraina Boner
13. März 2021 | 12:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!

weitere Artikel der Serie «Klöster»