Bundespräsidentin Viola Amherd im Vatikan
Schweiz

Bundespräsidentin Viola Amherd: «Frauen sollten in der Kirche mitentscheiden können»

Ukraine, Gleichberechtigung, Missbrauch: Darüber hat Bundespräsidentin Viola Amherd mit Papst Franziskus gesprochen. «Die Missbrauchsfälle haben mich sehr betroffen gemacht.» Sie wünscht sich Transparenz, sagt sie im Interview.

Jacqueline Straub

Frau Bundespräsidentin, Sie haben am Samstag Papst Franziskus getroffen. Hat er sich über die Schweizer Schokolade gefreut?

Viola Amherd*: Er hatte Freude, aber auch über die Tango-CD.

Worüber haben Sie mit Papst Franziskus gesprochen?

Amherd: Ich habe mit ihm über verschiedene Themen gesprochen. Eines war die geopolitische Lage. Also die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten. Wir haben natürlich über die Schweizergarde gesprochen und über den Neubau der Schweizergardekaserne. Schlussendlich haben wir auch über die Missbrauchsfälle in der Schweiz und die Stellung der Frau in der katholischen Kirche geredet.

Bundespräsidentin Viola Amherd trifft Papst Franziskus
Bundespräsidentin Viola Amherd trifft Papst Franziskus

Sie haben mit Papst Franziskus auch über die Ukraine-Friedenskonferenz, die im Juni in der Schweiz stattfinden wird, gesprochen.

Amherd: Ja, ich habe ihm persönlich die Einladung überreicht. Es soll ein erster Schritt von einem Friedensprozess sein. Das hat der Papst sehr begrüsst, dass die Schweiz als neutrales Land diese Initiative ergreift.

«Papst Franziskus hat gesagt, dass der Heilige Stuhl die Initiative unterstützt.»

Wird Papst Franziskus dabei sein?

Amherd: Der Vatikan ist gegenüber der Friedenskonferenz sehr positiv eingestellt. Es kam noch keine Anmeldung – die Einladung habe ich ja erst übergeben. Aber Papst Franziskus hat gesagt, dass der Heilige Stuhl die Initiative unterstützt.

Bundespräsidentin Viola Amherd und die neuen Schweizergardisten
Bundespräsidentin Viola Amherd und die neuen Schweizergardisten

Die Historikerinnen der Universität Zürich wollen Akteneinsicht zu den Missbrauchsfällen. Haben Sie dem Papst gesagt, dass der Vatikan die Akten bereitstellen soll?

Amherd: Das ist ein Entscheid von der Kirche selber. Sie sind Eigentümer von diesen Akten und sie müssen entscheiden, ob sie im Rahmen der Forschungsarbeit Zugriff geben wollen oder nicht. Ich persönlich bin für Transparenz, wenn man etwas aufarbeiten will. Aber das muss jeweils der Eigentümer von den Akten entscheiden.

Was hat die Veröffentlichung der Missbrauchsfälle mit Ihnen persönlich gemacht?

Amherd: Es hat mich sehr berührt und beschäftigt, weil es vor allem um Kinder und Jugendliche gegangen ist. Als Parlamentarierin habe ich mich immer sehr stark für Kinder- und Jugendschutz eingesetzt. Die Missbrauchsfälle haben mich daher sehr betroffen gemacht.

Bundesrätin Viola Amherd
Bundesrätin Viola Amherd

Was haben Sie dem Papst beim Thema Gleichberechtigung in der Kirche gesagt?

Amherd: Ich habe dem Papst gesagt, dass durch die Missbrauchsfälle und zum Teil auch durch die Stellung, die man Frauen in der katholischen Kirche zuspricht, immer mehr Menschen in der Schweiz aus der Kirche austreten. Das bedauere ich. Darum muss man vor allem seriös aufarbeiten. Frauen leisten sehr viel in der Kirche. Ihnen sollte der nötige Respekt entgegengebracht werden und sie mitentscheiden lassen.

«Der Beitrag der Frauen soll auch anerkannt werden.»

Wünschen Sie sich Frauen als Priesterinnen in der katholischen Kirche?

Amherd: Die Frauen, die sich engagieren wollen, sollen mitentscheiden können. Ohne Frauen würde die Kirche sehr viele Leistungen nicht mehr erbringen können. Ihr Beitrag soll auch anerkannt werden.

*Viola Amherd ist Bundesrätin und in diesem Jahr Bundespräsidentin. Seit dem 1. Januar 2019 steht sie dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) vor und ist die erste Verteidigungsministerin der Schweiz. Im Rahmen der Schweizergarde Vereidigung hat sie u.a. Papst Franziskus getroffen.

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Bundespräsidentin Viola Amherd im Vatikan | © Jacqueline Straub
7. Mai 2024 | 12:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
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