Jacques Nuoffer, Präsident von Groupe Sapec
Schweiz

Schweizer Opfervertreter fordert konkrete Schritte vom Papst

Nidau BE, 22.8.18 (kath.ch) Konkrete Handlungsschritte verlangt ein Schweizer Vertreter von Opfern sexueller Missbräuche im kirchlichen Umfeld: Abschaffung der Verjährungsfristen, Meldepflicht an staatliche Behörden und eine Kampagne gegen Klerikalimus in Afrika und Asien, fordert Jacques Nuoffer, Präsident der Westschweizer Gruppe Sapec. Er reagiert damit auf das jüngste Schreiben des Papstes zu sexuellem Missbrauch.

Sylvia Stam

«Der Papst muss sich entscheiden!», sagt Jacques Nuoffer, Präsident der in der Westschweiz ansässigen «Groupe Sapec», welche Opfer von sexuellem Missbrauch im kirchlichen Umfeld unterstützt, gegenüber kath.ch. «Er kann nicht gleichzeitig auf der Seite der Opfer sein und auf der Seite der Bischöfe, die sich entschieden haben, die Täter statt die Opfer zu schützen.» Nuoffer anerkennt den «kleinen Schritt vorwärts», den der Papst in seinem jüngsten Brief zum Missbrauchsskandal in Pennsylvania veröffentlicht hat.

Er beanstandet jedoch die Ambivalenz des Papstes und fordert insbesondere konkrete Handlungen: Die Abschaffung der Verjährungsfristen für sexuellen Missbrauch und eine Meldepflicht an staatliche Behörden bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch «für alle Bischöfe und Ordensoberen». Zudem soll der Papst diejenigen zur Rechenschaft ziehen, die in der Vergangenheit und bis in heutiger Zeit sexuelle Übergriffe vertuscht hätten.

Kampagne gegen Klerikalismus

Auf den Klerikalismus angesprochen, den der Papst in seinem Brief geisselt, sagt Nuoffer: «Der Papst soll in Ländern oder Kulturen, in welchen der Respekt vor Priestern hochgehalten wird, eine Kampagne durchführen», um die Gläubigen zu sensibilisieren, dass ein Priester nicht in jedem Fall ein Recht auf Verehrung habe. Nuoffer denkt dabei vor allem an Afrika und Asien, wie er gegenüber kath.ch sagte.

Nuoffers Forderungen zielen in die gleiche Richtung wie jene der internationalen Opfergruppe ECA (End Clergy Abuse), zu deren Gründungsmitgliedern Nuoffer gehört.

Verbrechen, nicht nur Sünde

ECA begrüsst die neue Sprache und neue Ansätze im Brief des Papstes, schreibt die Gruppe in einer englischsprachigen Mitteilung vom Mittwoch. «Sexueller Missbrauch ist ein Verbrechen, nicht nur eine Sünde», heisst es in der Mitteilung. Tatsächlich spricht Papst Franziskus von «Gräueltaten» und im letzten Satz seines Schreibens vom «Verbrechen des Missbrauchs.» Der Papst spreche ausserdem erstmals über die Bedeutung der Abschaffung der Verjährungsfristen. Im Brief schreibt der Papst: «Die Wunden verjähren nie».

Aktionsplan mit drei Punkten

Dennoch vermisst auch ECA einen konkreten Plan, wie er die Kultur der Vertuschung beenden wolle. Die Opfervertreter schlagen dem Papst einen Aktionsplan mit drei Punkten vor: Eine weltweite Nulltoleranz. Ein einziger nachgewiesener sexueller Übergriff gegenüber einem Kind müsse zur Amtsenthebung des Täters führen. Ausserdem soll ein öffentliches Register geschaffen werden, welches die Geistlichen auflistet, denen sexuelle Übergriffe nachgewiesen werden konnten.

Exkommunikation bei versäumter Meldung

Im dritten Punkt fordert auch ECA, dass Geistliche Vorwürfe, die sexuellen Missbrauch betreffen, den staatlichen Behörden melden müssen. Nichteinhaltung der Meldepflicht soll «die sofortige Exkommunikation» zur Folge haben. Nur unter Einhaltung dieser Bedingungen könne der Papst sein Versprechen, eine bessere «Kultur des Schutzes in der Gegenwart und in der Zukunft zu gewährleisten», einlösen.

«Was immer der Papst intern tut, sein Versprechen kann nur mit Hilfe weltlicher Behörden erfüllt werden», zitiert die Mitteilung den deutschen Opfervertreter Mattias Katsch. Eine vollständige «Hausreinigung» könne nur stattfinden, wenn die internationalen und staatlichen Ermittlungen und Strafverfolgungsmassnahmen intensiviert würden. (sys)


Jacques Nuoffer, Präsident von Groupe Sapec | © Pierre Pistoletti
22. August 2018 | 15:14
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