Der Moskauer Patriarch Kyrill
Schweiz

Schweizer Bundespolizei: Kyrill war ein KGB-Agent

Schon länger gibt es Gerüchte, wonach der heutige Moskauer Patriarch Kyrill während des Kalten Kriegs in Genf als KGB-Agent tätig war. Akten im Schweizer Bundesarchiv bestätigen diesen Eindruck. Laut Bundespolizei war Kyrill ein KGB-Agent.

Raphael Rauch

Im Schweizer Bundesarchiv in Bern liegt ein Dossier über «Monsignor Kirill», wie die «SonntagsZeitung» berichtet. Darin werde bestätigt, dass Kyrill dem KGB angehörte. 

«Vorsicht vor diesen Priestern, denn das sind KGB-Agenten»

37 Einträge lassen sich zwischen Juli 1969 und Februar 1989 in Kyrills Fiche finden. Die meisten bezögen sich «lediglich auf seine Visaanträge und Einreisen in die Schweiz», schreibt die «SonntagsZeitung». «Zweimal wird allerdings vermerkt, dass der Priester in einem Verzeichnis von sowjetischen Funktionären stehe, gegen die Massnahmen ergriffen wurden. Welche Massnahmen das waren, wird nicht erläutert.»

"Public Eye" macht auf Verbindungen von Patriarch Kyrill zur Schweiz aufmerksam.
"Public Eye" macht auf Verbindungen von Patriarch Kyrill zur Schweiz aufmerksam.

Das Blatt zitiert einen Genfer, der sich an die Zeit des Kalten Krieges erinnert: «Uns wurde gesagt: Vorsicht vor diesen Priestern, denn das sind KGB-Agenten.» Im Gespräch mit Kyrill habe er «immer das Gefühl» gehabt, «dass er nach Informationen sucht. Er war sehr freundlich, aber stellte viele Fragen über die Exilgemeinde und den Klerus.» 

Kyrill sollte im Weltkirchenrat Kritik an der UdSSR verhindern

Laut dem deutschen Theologen Gerhard Besier hat der KGB in den 1970er- und 1980er-Jahren versucht, Einfluss auf den Weltkirchenrat zu nehmen. Dieser sollte «auf Kritik an der Einschränkung der Religionsfreiheit in der UdSSR» verzichten «und stattdessen die USA und deren Verbündete» kritisieren.

Putin und Kyrill im November 2021.
Putin und Kyrill im November 2021.

In Genf lebt ein Neffe Kyrills. Er sagt, sein Onkel sei damals wohl kein Agent gewesen, aber «unter strikter Kontrolle des KGB» gestanden. Das habe aber keineswegs «die Aufrichtigkeit seines Engagements für die ökumenische Arbeit mit anderen Kirchen beeinträchtigt», zitiert ihn das Blatt.

Russische Ölgeschäfte in der Schweiz

Auch berichtet die «SonntagsZeitung» über finanzielle Interessen der russisch-orthodoxen Kirche in der Schweiz. Das Blatt zitiert einen ehemaligen Schweizer Bundespolizisten, wonach der damalige Patriarch Alexei II. in den 1990er-Jahren im Privatjet nach Genf geflogen sei, um die von der russischen Regierung zugeteilten Ölkontingente zu verkaufen. 

Pro-Ukraine-Protest vor der russischen Vertretung in Genf.
Pro-Ukraine-Protest vor der russischen Vertretung in Genf.

Zwar gebe es keine Belege dafür, dass der heutige Patriarch Kyrill in die Genfer Ölgeschäfte verwickelt war. «Allerdings war er von 1989 bis 2008 für die Aussenbeziehungen der russisch-orthodoxen Kirche zuständig und stand dem Patriarchen Alexei II. sehr nahe», schreibt die «SonntagsZeitung».

2006 ehrte Barbara Hallensleben Kyrill mit der «Silbernen Rose»

Am 19. Mai 2006 erhielt Kyrill die von der Freiburger Dogmatikerin Barbara Hallensleben ins Leben gerufene und gestiftete Auszeichnung »Silberne Rose des heiligen Nikolaus». Damals hiess es, die «Silberne Rose» ehre «Menschen, die sich um die Einheit der Kirchen des Ostens und des Westens bemühen».

Video-Konferenz in Rom im März 2022: Papst Franziskus und Kardinal Kurt Koch mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill und Metropolit Hilarion.
Video-Konferenz in Rom im März 2022: Papst Franziskus und Kardinal Kurt Koch mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill und Metropolit Hilarion.

Davon kann heute keine Rede mehr sein: Das Moskauer Kirchenoberhaupt gilt als wichtiger Verbündeter Putins. Kyrills Unterstützung für den russischen Einmarsch in die Ukraine sorgte wiederholt international für Empörung. Grossbritannien, Litauen und Kanada belegten ihn mit Sanktionen. EU-weite Strafmassnahmen gegen den Patriarchen scheiterten am Veto Ungarns. Papst Franziskus warnte Kyrill in einem VideoGespräch davor, Putins Messdiener zu werden.

Die Auferstehungskirche in Zürich hält zu Kyrill

Erst am Donnerstag lobte Kyrill den russischen Präsidenten Putin: «Er ist orthodox, nicht um sich beliebt zu machen, nicht um gewählt zu werden, sondern ein echter Orthodoxer, der die heiligen christlichen Sakramente empfängt und ein kirchliches Leben lebt. Nicht immer waren die Zaren so orthodox wie jetzt unser Präsident», sagte Kyrill.

Patriarch Kyrill I. 2016 in der russisch-orthodoxen Auferstehungskirche Zürich.
Patriarch Kyrill I. 2016 in der russisch-orthodoxen Auferstehungskirche Zürich.

Laut der «SonntagsZeitung» hat Kyrill nach wie vor enge Verbindungen zur Schweiz. Im Dezember 2016 predigte er in der russisch-orthodoxen Auferstehungskirche in Zürich. Laut dem dortigen Diakon Daniel Schärer wird hier Kyrill nach wie vor im Hochgebet erwähnt.

Kyrill kommt als Gesundheitstourist in die Schweiz

Kyrill sei in den letzten Jahren immer wieder in der Schweiz gewesen, um sich gesundheitlich behandeln zu lassen, berichtet das Blatt. Der Weltkirchenrat teilte zu den Recherchen mit, dass er «keine Informationen» über Kyrills KGB-Tätigkeit habe.


Der Moskauer Patriarch Kyrill | © Keystone
5. Februar 2023 | 08:33
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