Stacheldraht im Gefängnis
International

Päpstlicher Bann der Todesstrafe fordert US-Katholiken heraus

Washington, 8.8.18 (kath.ch) Der Katholik Joe Deters meint, seine «lieben Freunde» im Klerus verstünden nicht so genau, womit er es täglich zu tun habe. «Es gibt Böses in der Welt, das die Gesellschaft vor die Aufgabe stellt, sich dagegen zu verteidigen.» Darum müsse er sich als Staatsanwalt kümmern. Manchmal, so seine Auffassung, sei es nötig, bei den schlimmsten der schlimmen Verbrechen ein Todesurteil zu erwirken.

Die ausnahmslose Ächtung der Todesstrafe durch Papst Franziskus habe an seiner Haltung wenig geändert, sagte der Ankläger von Hamilton County im US-Bundesstaat Ohio örtlichen Medien. Ohnehin bleibe er dem dem weltlichen Recht verpflichtet. Ohio gehört zu den 31 Bundesstaaten der USA, in denen es die Todesstrafe gibt. Der Gerichtsbezirk Deters gilt in dieser Hinsicht als besonders aktiv. Dort wird die Höchststrafe relativ häufig verhängt.

Unantastbares Menschenleben

Vor einigen Tagen änderte Papst Franziskus eine Formulierung im Katechismus der Katholischen Kirche. Darin hiess es zuvor, die Kirche schliesse die Todesstrafe unter bestimmten Bedingungen nicht aus, wenn dies der einzige Weg wäre, Menschen vor einem Aggressor zu schützen. In dem aktualisierten Artikel heisst es nun, die Todesstrafe sei «unzulässig, weil sie gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstösst». Deters kann sich nun nicht mehr auf den Katechismus als Argumentationshilfe berufen.

Bischof Frank Dewane von Venice (Florida), in der US-Bischofskonferenz für das Thema zuständig, erklärte, alle Rechtfertigungsgründe für die Todesstrafe seien entfallen. Der Papst habe klargestellt, «dass nicht einmal ein Mörder seine personale Würde verliert, und Gott selbst versprochen hat, dies zu garantieren». Dewane wies auch darauf hin, dass bereits Franziskus’ Vorgänger Johannes Paul II. und Benedikt XVI. dafür geworben hätten, die Todesstrafe abzuschaffen.

Falscher Zeitpunkt wegen Missbrauchskrise?

Während die US-Bischofskonferenz die Entscheidung des Papstes begrüsste, tun sich nicht wenige Gläubige im Land schwer damit. Insgesamt befürwortet laut einer aktuellen Umfrage des Pew Research Center sogar eine Mehrheit von 54 Prozent der US-Bürger die Todesstrafe für verurteilte Mörder. Unter Katholiken ist der Wert fast identisch (53 Prozent).

Die klare Positionierung des Papstes zur Todesstrafe fällt obendrein zusammen mit dem Wiederaufflammen der Missbrauchskrise in der katholischen US-Kirche. Kritiker hinterfragen daher, ob der für die Klarstellung im Katechismus gewählte Zeitpunkt der richtige gewesen sei.

Diskussion dauert an

In jedem Fall wird in den USA die Debatte über die Todesstrafe weitergehen – auch weil es keine einheitliche und juristisch einwandfreie Form der Hinrichtung gibt. Zuletzt verklagte etwa ein Pharma-Unternehmen mehrere Bundesstaaten, die ein Medikament des Konzerns für Hinrichtungen einsetzen wollen.

2018 sind wurden landesweit 14 Menschen hingerichtet worden; alle durch Giftinjektion. Mehr als 2800 Verurteilte sitzen in den Todeszellen der US-Gefängnisse. (kna)


Stacheldraht im Gefängnis | © pixabay.com CC0
8. August 2018 | 06:14
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Katholische Kirche verurteilt Todesstrafe offiziell

Die katholische Kirche hat die Todesstrafe in ihrer Lehre offiziell ausgeschlossen. In einer am 2. August vom Vatikan veröffentlichten Änderung des Katechismus heisst es, die Todesstrafe sei «unzulässig ist, weil sie gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstösst». Die Kirche setze sich daher «mit Entschiedenheit» für die Abschaffung der Todesstrafe in der ganzen Welt ein. In der bislang gültigen Fassung hiess es, die Kirche schliesse die Todesstrafe unter bestimmten Bedingungen nicht aus, wenn dies der einzige Weg wäre, Menschen vor einem Aggressor zu schützen.

Der aktualisierte Katechismus-Artikel 2267 führt aus, heute gebe es «ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass die Würde der Person auch dann nicht verloren geht, wenn jemand schwerste Verbrechen begangen hat». Zudem habe sich das Verständnis vom Sinn von Strafsanktionen gewandelt. Auch gebe es inzwischen wirksamere Haftsysteme, die sowohl die Sicherheit der Bürger garantierten als auch eine Besserung des Täters erlaubten.

Der neue Katechismus-Text verweist als Quelle auf eine Ansprache von Papst Franziskus am 11. Oktober 2017. In einer Rede vor Kurienvertretern anlässlich der Veröffentlichung des Katechismus von 25 Jahren sprach er sich für eine offizielle Verurteilung der Todesstrafe aus. (cic)