Die Kirche hat Missbrauchbetroffene lange allein gelassen.
Schweiz

Pädophiler Chorherr darf keine Sakramente mehr spenden

Ein Chorherr vom Grossen Sankt Bernhard hat Anfang 1980er-Jahre einen Schüler sexuell missbraucht. Das hält das Kirchengericht fest und bestraft ihn mit einem zehnjährigen Sakramentenspende-Verbot und fünfjährigem Hausarrest. Der Verurteilte bleibt Kleriker.

Das kirchliche Urteil gegen einen Chorherrn vom Grossen Sankt Bernhard ist gefällt worden. Er wurde für schuldig erklärt. Das berichtet die Kongregation diesen Freitag.

Internatsschüler missbraucht

Der inzwischen etwa 80 Jahre alte Chorherr hatte demnach Anfang der 1980er-Jahre einen Internatsschüler im Waadtländer Kollegium Champittet missbraucht. Der Priester arbeitete an der Schule als Lehrer und übernahm auch Aufgaben im Internat der Schule. Der Schüler war zur Tatzeit zwölf Jahre alt.

Junger Mann, zutiefst betrübt
Junger Mann, zutiefst betrübt

Ein Mitbruder hatte den Chorherrn wegen der Übergriffe angezeigt. Der Beschuldigte hatte diese zugegeben. Der Propst der Kongregation entzog ihm nach Bekanntwerden alle Ämter.

Es wurden ein Zivilverfahren und ein kanonischer Prozess eingeleitet. Im Zivilverfahren erklärte der Staatsanwalt des Kantons Waadt den Täter für schuldig. Die Taten sind jedoch verjährt.

Urteil nach altem Recht

Das kirchliche Urteil berücksichtigte keine Verjährung. Es wurde am 16. Dezember 2022 gefällt, wie die Chorherren-Kongregation nun mitteilt. Geurteilt wurde nach dem Kodex des kanonischen Rechts von 1917, der zum Zeitpunkt der Tat galt. Dieser sah keine Entlassung aus dem Klerikerstand vor, wie das heute der Fall wäre.

Psychiatrische Betreuung

Auch im kirchlichen Urteil wurde der Chorherr des sexuellen Missbrauchs des zum Tatzeitpunkt zwölfjährigen Opfers für schuldig befunden.

Folgende Strafen wurden gegen ihn verhängt:

  • Der Täter muss fünf Jahre lang im Bernhardinerhaus in Martigny verbleiben.
  • Er hat ein zehnjähriges Sakramentenspende-Verbot – ausgenommen in der Kapelle des Bernhardinerhauses.

Darüber hinaus wurde dem Chorherrn empfohlen, sich weiterhin in psychiatrische Behandlung zu begeben.

Schulleitung der Kongregation wird untersucht

Trotz des Urteils betrachtet die Kongregation die Sache nicht als abgeschlossen. Sie hat eine unabhängige Person beauftragt, den Zeitraum, in dem die Kongregation für das Kollegium Champittet zuständig war, zu untersuchen. Das war von 1951 bis 1998. Damit sollen mögliche weitere Missbrauchsfälle aufgedeckt werden.

«Das Übel bleibt bestehen und die Wunde bleibt offen», versichert die Kongregation. «Wir vergessen das nicht und gedenken einmal mehr der Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche.» (cath.ch/rp)


Die Kirche hat Missbrauchbetroffene lange allein gelassen. | © Harald Oppitz/KNA
21. Januar 2023 | 17:45
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