Bischof Jean-Marie Lovey
Schweiz

Neujahrsempfang in Sitten: Bischof Lovey findet keine Worte für die Krise

Auf dem Neujahrsempfang der Walliser Regierung düpiert Staatsratspräsident Christophe Darbellay Bischof Jean-Marie Lovey. Der Staatsrat findet Worte für die Krise der Kirche. Der Bischof erwähnt diese mit keinem Wort. Das Schweigen des Bischofs wirft Fragen auf.

Annalena Müller

Am Montag fand in Sitten der Neujahrsempfang der Walliser Regierung statt. Staatsratspräsident Christophe Darbellay und Bischof Jean-Marie Lovey empfingen auf dem Campus Energypolis das kantonale «Who is Who». Während Darbellay in seiner Ansprache auch die Missbrauchskrise der katholischen Kirche ansprach, erwähnte der Bischof diese mit keinem Wort.

KI und (keine) Kirchen-Krise?

In seiner Ansprache betonte der Staatsratspräsident Christophe Darbellay die «symbolische Bedeutung dieses atypischen Ortes». Ein visionärer Rahmen, der dazu ermutigen solle, eine umfassendere Perspektive auf die Zukunft des Kantons einzunehmen

Christophe Darbellay
Christophe Darbellay

Neben der Bedeutung neuer Technologien sprach Darbellay auch den «Elefanten» im Raum an, die Missbrauchskrise. «Die katholische Kirche, eine zentrale Institution unserer Gesellschaft, wird durch die Wiederholung von Sittlichkeitsaffären erschüttert», sagte der Staatspräsident. Angesichts all dieser Veränderungen können wir uns nicht mit der Nostalgie der Vergangenheit begnügen und uns darauf beschränken, «Früher war alles besser!» zu sagen.»

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Bischof Lovey fand in seiner Ansprache hingegen keine Worte für die existentielle Krise, in der sich die Kirche in der Schweiz, besonders auch im Wallis, befindet. Er selbst steht unter Vertuschungsverdacht. Und die seinem Bistum benachbarte Abtei St. Maurice steht inmitten eines Missbrauchsskandals, der seinesgleichen sucht. Innert weniger Monate mussten sowohl der Abt und sein Interims-Nachfolger in den Ausstand treten.

Zwischen den Zeilen lesen

Auf Nachfrage von kath.ch, wieso der Bischof dieses zentrale Thema mit keinem Wort erwähnte, erklärte der Pressesprecher des Bistums, Pierre-Yves Maillard: Der Bischof habe das Thema durchaus angesprochen – «bildhaft.»

Neujahrsempfang des Staatsrats: Bischof Lovey bei seiner Ansprache im Kanton Wallis
Neujahrsempfang des Staatsrats: Bischof Lovey bei seiner Ansprache im Kanton Wallis

«Tatsächlich erwähnte er es auf eine bildhafte, aber dennoch sehr deutliche Weise, indem er von der Kathedrale in Paris sprach, die nach dem Brand wieder aufgebaut wird. Er sprach also von der Notwendigkeit, die Kirche wieder aufzubauen. Damit wollte er auf die notwendigen Reformen der Kirche hinweisen, um sie auf eine neue Grundlage zu stellen.» Man müsse einfach zwischen den Zeilen lesen, so Maillard.

Das Schweigen des Bischofs

Aber selbst zwischen den Zeilen ist die Referenz zur Missbrauchskrise schwer zu erkennen. Im Kontext der Möglichkeiten, die sich mit neuer Technologie für den Wiederaufbau der abgebrannten Kathedrale ergäben, sagte Bischof Lovey:

«Unsere französischen Nachbarn bieten uns ein schönes Bild. In Wirklichkeit sind es nicht nur sie, sondern die ganze Welt, die sich nach dem Brand von Notre-Dame in Paris mobilisiert hat. Dieses Bild ist die Aussicht auf die Einweihung der wiederhergestellten Kathedrale. Sie wird am 8. Dezember dieses Jahres stattfinden. Notre-Dame de Paris, ein Ort der Schönheit, ein Ort, an dem die schöpferische Intelligenz zum Ausdruck kommt! Notre-Dame de Paris ist eine Baustelle, die in der Lage ist, die kühnsten Fertigkeiten mit den fortschrittlichsten Technologien zu vereinen. Notre-Dame de Paris ist ein Zeichen der Erhebung, zu der jeder Mensch eingeladen ist.»

Auch nach der Re-Lektüre der Ansprache von Bischof Lovey samt Interpretationshilfe durch Bistumssprecher Yves-Pierre Maillard bleiben Fragen offen.


Bischof Jean-Marie Lovey | © Studio Bonnardot
10. Januar 2024 | 12:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
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