Mystikerin, Heilige und Patronin Europas: Birgitta von Schweden

Ihre Visionen der Geburt Jesu prägten die Frömmigkeit und Bildende Kunst. Sie gründete einen Orden, der bis heute existiert. Und seit 1999 ist Birgitta von Schweden Schutzpatronin Europas. Heute vor 650 Jahren verstarb eine der wichtigsten Heiligen Europas.

Annalena Müller

Es ist keine Übertreibung, Schweden im 14. Jahrhundert als das Ende der Welt zu bezeichnen. Karges Land und politische Instabilität charakterisierten das skandinavische Mittelalter. Just diese Welt, fernab der urbanen, theologischen und religiösen Zentren Europas, brachte eine der wichtigsten christlichen Mystikerinnen hervor: Birgitta von Schweden (1303-1373).

Adelige von Welt

Birgittas Leben als Mystikerin war ihr zweites. Ihr erstes Leben war das einer Adeligen, die an der Seite ihres Mannes Europa bereiste. Nur wenige Schweden und Schwedinnen des 14. Jahrhunderts verfügten über solche Möglichkeiten. Die Eindrücke, die Birgitta auf diesen Reisen sammelte, prägten sie und ihren Glauben nachhaltig.

Klosterruine Alvastra, Schweden
Klosterruine Alvastra, Schweden

Birgittas zweites Leben begann, als ihr Mann 1344 starb. Verwitwet zog sich Birgitta in das Zisterzienserkloster Alvastra zurück. Dort ereilten sie alsbald Visionen. In diesen befahl Jesus ihr, einen neuen Orden zu gründen.

Ein Orden der Frauen

Auch die Ordensregel erhielt Birgitta im Rahmen dieser Visionen direkt von Christus. 1349 reiste sie nach Rom, um die päpstliche Anerkennung ihrer Regel zu erhalten. Dort stiess sie auf Widerstände. Es sollte schliesslich zwanzig Jahre dauern, bis der avignonesische Papst, Urban V. (1362-1370), Birgittas Regel approbierte.

Papst Urban V. approbierte den Birgittinenorden 1370.
Papst Urban V. approbierte den Birgittinenorden 1370.

Birgitta hatte sehr genaue Vorstellungen vom idealen Ordensleben. In den Häusern der Gemeinschaft sollten maximal 85 Personen leben: 13 Priester, vier Diakone und acht Laienbrüder, sowie 60 Frauen. Männer und Frauen lebten dabei natürlich getrennt. Der Birgittinenorden existiert bis heute.

Mystikerin und Influencerin

Birgittas Versionen der Geburt Jesu haben nicht nur die Frömmigkeit, sondern auch die religiöse Kunst nachhaltig beeinflusst. Wurde bis anhin Maria als Wöchnerin meist als Frau im Kindbett mit Jesus in Windeln abgebildet, wurden Birgittas Visionen seit dem 14. Jahrhundert ein zunehmend beliebtes Motiv. Maria kniend mit gelösten Haaren und ohne Schuhe, wie sie das vor ihr auf dem Boden liegende nackte Kind anbetet.

Geburt Christi nach der Vision der Birgitta von Schweden.
Geburt Christi nach der Vision der Birgitta von Schweden.

Birgittas zahlreiche Visionen wurden von ihrem Beichtvater schriftlich festgehalten. Für die Frömmigkeit des Spätmittelalters waren sie prägend. Dank des Buchdrucks fanden sie ab der Mitte des 15. Jahrhunderts ein wachsendes Publikum. Der älteste Druck ihrer Visionen – auf Latein – stammt aus dem Jahr 1475. Die erste deutsche Übersetzung aus dem Jahr 1502.

1999 unterstrich Papst Johannes Paul II. Birgittas nachhaltige Bedeutung für die katholische Kirche. Zusammen mit der Mystikerin Katharina von Siena (1347-1380) und dem Shoah-Opfer Edith Stein (1891-1942) ernannte er Birgitta zur Patronin Europas. Heute vor 650 Jahren ist Birgitta von Schweden in Rom verstorben.


Birgitta von Schweden auf einem Altarbiild in Salem, Södermanland, Schweden | © Wikimedia Commons/Hermann Rode (late 15th century), Public domain
23. Juli 2023 | 12:07
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!