Geht nach 37 Jahren in Pension: Monika Schmid.
Rauchzeichen

Monika Schmid, App «cath+kath+catt», Franz-Xaver Kaufmann: Was diese Woche wichtig wird

Nach 37 Jahren nimmt die Gemeindeleiterin Monika Schmid ihren Hut. Ab sofort gibt es die katholische News-App «cath+kath+catt». Der Schweizer Religionssoziologe Franz-Xaver Kaufmann wird heute 90. Am Wochenende gibt’s neue Kardinäle. Und mit Blick auf Stefan Isenecker wurstelt das Zürcher Generalvikariat weiter.

Raphael Rauch

Kein himmlisches Manna, dafür kühlendes Glace gab’s am Sonntag in der Pfarrei St. Martin in Effretikon ZH. Der Grund: Die langjährige Gemeindeleiterin Monika Schmid geht in Pension. 

2008 gab’s den «Prix Courage»

Wer 37 Jahre lang eine Gemeinde geprägt hat, erhält nicht nur einen Apéro, sondern einen ganzen Abschiedsreigen. Die ganze Woche feiert die Pfarrei eine der mutigsten Theologinnen der Schweiz. Dass Monika Schmid schweizweit bekannt wurde und den «Prix Courage» erhielt, hat mit Maria Lichtmess 2008 zu tun.

Abschied von Monika Schmid: In Effretikon gibt's diese Woche ein Kinderkarussell.
Abschied von Monika Schmid: In Effretikon gibt's diese Woche ein Kinderkarussell.

Bischof Vitus Huonder war damals knapp fünf Monate im Amt. Monika Schmid sagte am 2. Februar 2008 im «Wort zum Sonntag» einen Satz, der aus heutiger Sicht wenig anstössig klingt: «Ein Priester, der sich verliebt, zu seiner Liebe steht und eine Partnerschaft leben möchte, muss seinen Beruf aufgeben.»

Die Kirche misst mit zweierlei Mass

Priester hingegen, die Missbrauch begingen, würden innerhalb der Kirche versetzt und bekämen eine andere Arbeit. «Erst wenn es gar nicht mehr geht, werden Fakten geschaffen», sagte Monika Schmid. Für sie seien das Zeichen, dass «mit der katholischen Kirche etwas nicht stimmt». Die Kirche sei ihr wichtig, sei ihre Heimat. Deshalb stelle sie sich auch diese Fragen. Denn: «Ich will keine unfehlbare, sondern eine glaubwürdige Kirche.» Also eine, die transparent sei und sich den Tatsachen stelle.

Felix Hunger und Monika Schmid: Die langjährige Gemeindeleiterin lässt sich von ihrem Nachfolger segnen.
Felix Hunger und Monika Schmid: Die langjährige Gemeindeleiterin lässt sich von ihrem Nachfolger segnen.

Das war vielen in der katholischen Kirche zu ehrlich. Monika Schmid musste sich vor Bischof Vitus Huonder und dem damaligen Offizial Joseph Bonnemain rechtfertigen. Der Bischof wollte ihr die Missio entziehen; zur Strafe erhielt Monika Schmid dann nur noch eine Missio für ein Jahr, die dann immer wieder neu verlängert werden musste.

Schon vor dem Tsunami Berliner Canisiuskolleg prangerte Monika Schmid die Vertuschung an

Was bemerkenswert erscheint: Monika Schmid sprach das «Wort zum Sonntag» im Jahr 2008. Also zwei Jahre bevor der Tsunami vom Berliner Canisius-Kolleg ausging und die Missbrauchsdiskussion im deutschsprachigen Raum ans Tageslicht brachte.

Roland Trauffer (links) und Kurt Koch 2005 in Liestal.
Roland Trauffer (links) und Kurt Koch 2005 in Liestal.

Schon vor 2010 waren also die vertuschenden Machenschaften der Täterorganisation katholische Kirche bekannt. Doch der Hierarchie – egal ob Bischof Vitus Huonder oder dem Basler Generalvikar Roland Trauffer – war es wichtiger, die Institution Kirche zu schützen, als der Prophetin Monika Schmid zuzuhören.

Im Konflikt mit Vitus Huonder erhielt Monika Schmid damals Unterstützung von Hans Küng.

Hans Küng: «Vertuschen war approbierte Praxis»

Hans Küng auf seinem Grundstück in Sursee.
Hans Küng auf seinem Grundstück in Sursee.

«Was die Gemeindeleiterin Monika Schmid sagte, pfeifen in unseren Pfarreien die Spatzen von den Dächern: Bei der Behandlung von Priestern, die heiraten wollen, und von Priestern, die sich an Kindern vergehen, wird mit zweierlei Mass gemessen. Drei Punkte sind bei der Diskussion zu beachten.

Erstens: Man versteht immer weniger, warum Priester nur wegen Heirat ihren Beruf aufgeben müssen. Das erst im 11. Jahrhundert eingeführte Zölibatsgesetz steht im Widerspruch zum Neuen Testament, das sogar Bischöfen die Ehe ausdrücklich erlaubt, und auch im Widerspruch zum Menschenrecht auf Ehe.

Zweitens: Das Pädophilieproblem ist nicht auf den Klerus beschränkt, wird aber durch das Zölibatsgesetz verschärft. Der Skandal liegt darin, dass es von Rom und vielen Ortsbischöfen die längste Zeit stillschweigend approbierte Praxis war, Pädophiliefälle durch Vertuschen und Versetzungen zu regeln.

Drittens: Von der schweizerischen Bischofskonferenz darf erwartet werden, dass die nicht zu leugnenden Probleme, die Monika Schmid angesprochen hat, nicht abgewürgt, sondern offen und ehrlich diskutiert werden. Angesichts des immer unerträglicher werdenden Priestermangels müssen konstruktive Lösungen angestrebt werden. Immer mehr Pfarreien durch Zusammenlegungen zu liquidieren oder mit Importpriestern zu versehen, ist keine Lösung.»

Monika Schmid beim Abschied von Hans Küng in Luzern.
Monika Schmid beim Abschied von Hans Küng in Luzern.

Das Monika-Schmid-Abschiedsprogramm finden Sie hier.

App «cath+kath+catt»

kath+ ist die App für die katholische Kirche in der Schweiz. Mit der App kommt kath.ch auf Ihr Mobilgerät: katholisch, aktuell und relevant. Alles in einer Anwendung und sofort greifbar. Zudem bietet kath+ Videos aus unserem YouTube-Kanal.

Die neue App kath+.
Die neue App kath+.

Die App «cath+kath+catt» wird von den drei katholischen Medienzentren in der Schweiz herausgegeben und ist dreisprachig: deutsch, französisch und italienisch – aber auch offen für anderssprachige Katholikinnen und Katholiken. Sie zeigt die Vielfalt des katholischen Lebens in der Schweizer Kirche und leistet einen Beitrag zur katholischen Swissness. Alles zur App finden Sie hier.

90. Geburtstag von Franz-Xaver Kaufmann

Nach dem Tod von Hans Küng ist Franz-Xaver Kaufmann der letzte verbleibende Schweizer Religionsexperte von Weltruf. Vor 90 Jahren wurde er in Zürich geboren. «Integrität als Tugend – das könnte über diesem 90-jährigen Leben und seinen Suchbewegungen stehen. In diesem Sinn ist der katholische Intellektuelle Kaufmann mehr als nur statischer Wegweiser. Sondern jemand, an dessen Haltung man sich orientieren kann», schreibt der ehemalige Cheflektor des Herder-Verlags, Rudolf Walter, in einer Laudatio. 

Franz-Xaver Kaufmann
Franz-Xaver Kaufmann

Und der Religionspädagoge Stephan Leimgruber schreibt: «Franz-Xaver Kaufmann hat für seine ausgreifende Tätigkeit weitherum Anerkennung gefunden. Er referierte öfter in der Schweiz in Kenntnis der hier vorgehenden Abläufe. Er erhielt mehrere Ehrendoktorate und wurde von seinen Schülern und Schülerinnen breit rezipiert. Ins Gewicht fiel seine Beratertätigkeit der deutschen Regierung betreffend Bevölkerungsentwicklung und der Deutschen Bischofskonferenz unter Karl Lehmann in diversen Fragen und vieles mehr. Herzliche Gratulation zum 90.Geburtstag.»

«Pussy Riot» in der Schweiz

Heute Abend tritt die russische Band «Pussy Riot» auf dem Zürcher Theaterspektakel auf. Um 21 Uhr diskutieren sie am Stammtisch über «Punk als Protest». Eine weitere Performance folgt am Dienstag, 30. August, um 19 Uhr in der Mühle Hunziken in Rubigen BE.

Die Aktivistinnen von Pussy Riot 2012 in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau.
Die Aktivistinnen von Pussy Riot 2012 in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau.

Am Mittwoch herrscht seit einem halben Jahr Krieg in der Ukraine. Die Sehnsucht nach Frieden ist gross – doch er ist in weiter Ferne. Wer seiner Ohnmacht Luft machen will, erhält hierfür vielleicht von Abt Emmanuel Rutz einen Tipp: «Peaceworker Benedikt von Nursia» lautet der Titel seines Referates, das der Abt von St. Otmarsberg in Uznach am «Zentrum christliche Spiritualität» in Zürich hält. «Der heilige Benedikt hat mit seinem Regelwerk aus dem 6. Jahrhundert ein Fundament gelegt, das für die Verständigung unter Menschen, und damit für die Friedensarbeit, grundlegende Impulse gab», heisst es in der Ankündigung.

China-Versteher Stephan Rothlin in der Schweiz

Der Schweizer Jesuit Stephan Rothlin ist ein China-Versteher. Er sieht sich als Brückenbauer, der das Land der Mitte stets verteidigt, wenn es angeprangert wird. So hat Stephan Rothlin auch gegenüber kath.ch die Olympischen Winterspiele in Peking uneingeschränkt verteidigt. Kritischer als Rothlin bewertet der China-Kenner Daniel Salzgeber die aktuellen Entwicklungen im Reich der Mitte. Mehr dazu im Laufe der Woche. Am Donnerstag tritt Stephan Rothlin in der Zürcher Paulus-Akademie auf

Papst Franziskus empfängt Ursula von der Leyen im Vatikan, 22. Mai 2021 .
Papst Franziskus empfängt Ursula von der Leyen im Vatikan, 22. Mai 2021 .

Am Samstag besucht Ursula von der Leyen Taizé. Die Vorsitzende der Europäischen Kommission wird «die Brüder der Communauté treffen sowie die Jugendlichen, die in dieser Woche in Taizé sind», heisst es in einer Ankündigung. Taizé ist weit mehr als ein spiritueller Kraftort und ein ökumenisches Pionierprojekt. Nach dem II. Weltkrieg war Taizé auch ein wichtiger Beitrag für die deutsch-französische Freundschaft.

125 Jahre Zionistenkongress in Basel

Der Este Zionistenkongress in Basel jährt sich diese Woche zum 125. Mal und wird vom 28. bis 30. August gefeiert – unter anderem mit dem israelischen Staatspräsidenten Jitzchak Herzog. Über 1000 Jüdinnen und Juden aus der ganzen Welt werden in Basel erwartet.

Flagge von Israel.
Flagge von Israel.

In einem Gastbeitrag für das jüdische Magazin «Tachles» schreibt Jitzachk Herzog:

Der israelische Präsident Jitzachk Herzog zu 125 Jahren Zionistenkongress

«Es ist eine der wesentlichen Tragödien in der jüdischen Geschichte, dass der Judenstaat nicht binnen fünf Jahren gegründet wurde, wie Herzl hoffte, denn das hätte Millionen Leben unserer Brüder und Schwestern vor ihrer Ermordung im Holocaust und vor noch früherer Gewalt gerettet. 

Aber es war trotzdem eine bemerkenswerte Prophezeiung, denn fast genau 50 Jahre später, 1948, erklärte der jüdische Staat seine Unabhängigkeit. Wenn wir nun die 125 Jahre feiern, die seit der Verkündung des ambitiösen Traums von Herzl und seinen Mitdelegierten vergangen sind, lassen Sie uns rund um die jüdische Welt unser Bekenntnis zur Stärkung unseres kollektiven jüdischen Sinns der Zusammengehörigkeit erneuern. Gemeinsam, Hand in Hand.»

Diese Woche erhält die Weltkirche neue Kardinäle. Eine Übersicht finden Sie hier, wobei die Ankündigung von Ende Mai einer Aktualisierung bedarf: Der emeritierte Bischof von Gent, Luc Van Looy, hat Papst Franziskus gebeten, ihn nicht zum Kardinal zu erheben. Grund ist eine Kontroverse um Fehler des heute 80 Jahre alten Belgiers im Umgang mit Missbrauchsfällen. 

Como erhält einen Kardinal

Wer versucht, hinter Franziskus’ jüngsten Ernennungen eine Systematik zu erkennen, dürfte mit der Liebe des Papstes für die Peripherie und für ein «Uscire» der Kirche eine Erklärung erhalten. Franziskus belohnt nicht traditionelle oder mächtige Bischofssitze, sondern macht die Ernennungen ad personam: Er belohnt also Persönlichkeiten, die ihm wichtig und sympathisch sind.

Der Bischof von Como, Oscar Cantoni, ist neu Kardinal.
Der Bischof von Como, Oscar Cantoni, ist neu Kardinal.

Ungewöhnlich etwa ist die Ernennung des Bischofs von Como. Offenbar ist Franziskus der bescheidende Oscar Cantoni lieber als der Erzbischof von Mailand. Auch San Diego scheint ihm gewogener als der Erzbischof von Los Angeles oder San Francisco.

Ein Amazonas-Bischof wird Kardinal

Mit der Ernennung von Leonardo Ulrich Steiner aus Manaus lässt Franziskus nach «Querida Amazonia» auch personalpolitisch Taten folgen. Ein Interview mit Erzbischof Steiner finden Sie hier. Er ist guter Dinge, dass der Pflichtzölibat abgeschafft wird: «Es wird einen Weg geben», antwortet er auf die Frage, ob er nicht enttäuscht sei, dass Franziskus bislang keine «viri probati» zugelassen habe.

Engagement beim Klimagipfel 2015 in Paris: Der damalige französische Präsident Hollande (links) mit Bischof Steiner (zweiter von rechts).
Engagement beim Klimagipfel 2015 in Paris: Der damalige französische Präsident Hollande (links) mit Bischof Steiner (zweiter von rechts).

Ein Katholik befasst sich mit dem Neuen Testament und gründet eine Bibelgruppe: Der Luzerner Jakob Schmidli, auch «Sulzig-Joggi» genannt, wurde 1747 als subversiver Pietist auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Das erzählt der neue Film «Der letzte Ketzer», der am Sonntag in der «Sternstunde Religion» von SRF ausgestrahlt wird. Mehr über die SRF-Ausstrahlung finden Sie hier. Und eine Kritik können Sie hier nachlesen.

Update zur Causa Stefan Isenecker

Was wird aus Stefan Isenecker? Seit September letzten Jahres halten Bischof Joseph Bonnemain und Generalvikar Luis Varandas die Zürcher Katholikinnen und Katholiken hin. Am 8. September 2021 gab Generalvikar Luis Varandas bekannt, dass «Dekan und Pfarrer Stefan Isenecker per 10.9.2021» sein Vertreter «im Bereich Seelsorge im Gesundheitswesen und Inklusion sowie in der Gefängnisseelsorge» werde.

Pfarrer Stefan Isenecker im Gottesdienst in der Kirche Tann ZH.
Pfarrer Stefan Isenecker im Gottesdienst in der Kirche Tann ZH.

«Stefan Isenecker wird diese Aufgabe im Rahmen seines Dekanenamts als Vertreter des Generalvikars bis zur Neubesetzung der Stelle wahrnehmen, wofür ich ihm sehr dankbar bin», hiess es vor 244 Tagen.

Mehr Indianer, weniger Häuptlinge

Die Neubesetzung der Stelle lässt nach wie vor auf sich warten – was auch damit zu tun hat, dass sich manche im Zürcher Hirschengraben fragen, ob es die Stelle überhaupt braucht. In der Privatwirtschaft würde man sagen: Wir können beim mittleren Management kürzen. Oder: Wir brauchen mehr Indianer, weniger Häuptlinge.

Hier sind Büros des Synodalrats zuhause - und auch die Priester-WG von Bischof Joseph Bonnemain und Generalvikar Luis Varandas.
Hier sind Büros des Synodalrats zuhause - und auch die Priester-WG von Bischof Joseph Bonnemain und Generalvikar Luis Varandas.

Nun steht fest: Das Zürcher Generalvikariat wurstelt weiter. Statt Klarheit zu schaffen, gibt es nun eine neue Ad-interim-Lösung: Stefan Isenecker hilft künftig in der Pfarrei St. Anna in Opfikon mit 50 Prozent als Pfarradministrator aus – und bleibt darüber hinaus dem Generalvikariat erhalten. Was lernen wir daraus? Offenbar ist der Priestermangel im Bistum Chur nicht gross genug, dass man es sich leisten kann, die Beschäftigung eines Priesters immer wieder hinaus zu schieben.

Was wird nächste Woche wichtig? Ich freue mich über Ihren Input an rauchzeichen@kath.ch.

Einen guten Start in die Woche wünscht Ihnen

Ihr

Raphael Rauch

Geht nach 37 Jahren in Pension: Monika Schmid. | © Christian Merz
22. August 2022 | 07:03
Lesezeit: ca. 8 Min.
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