Sibylle Hardegger, Radio- und Fernsehbeauftragte
Theologie konkret

Mit Jesaja sich auf Weihnachten einstimmen: Hier geht’s zum Adventskalender

Ein einziges Wort kann uns zum Nachdenken bringen. In diesem Advent lancieren das Katholische Medienzentrum, das Bistum Basel und das Schweizerische Katholische Bibelwerk einen digitalen interaktiven Adventskalender. «Es geht darum, einander zu bereichern und zu inspirieren», sagt Sibylle Hardegger.

Raphael Rauch

Bevor wir auf den digitalen Adventskalender zu sprechen kommen: Was bedeutet die Adventszeit für Sie ganz persönlich?

Sibylle Hardegger*: Ich versuche in der Adventszeit, Zeiten für mich auszusparen. Zeit, wo ich Zeit für mich habe. Ich reflektiere, was im zu Ende gehenden Jahr war und was ich im neuen Jahr an Besonderem in Angriff nehmen will. So gehe ich aufgeräumt in die Weihnachtstage hinein. Ich bereite mich also im besten Sinne auf das Weihnachtsfest vor. Und versuche nicht Erledigtes, Lästiges und Mitgeschlepptes vor Weihnachten noch zu Ende zu bringen. Dann kann ich mich auf das Fest freuen. 

Sibylle Hardegger beim "Friedensmission"-Gottesdienst in Bern.
Sibylle Hardegger beim "Friedensmission"-Gottesdienst in Bern.

Was machen Sie in der Adventszeit – ausser frühmorgendliche Rorate-Gottesdienste zu besuchen?

Hardegger: Ehrlich gesagt ist der Morgen nicht so meine Zeit (lacht). Aber ich gehe abends gerne ins Kloster Mariastein, um dort die Komplet mitzubeten. Früher habe ich an den Adventssonntagen oft Freundinnen, Freunde und Bekannte zum Essen eingeladen. Am zweiten Adventssonntag backe ich immer – mindestens zehn verschiedene Sorten Weihnachtsguetzli, die ich grosszügig verschenke. Dieses Jahr bleibt mir nicht so viel Zeit, da ich als Radio- und Fernsehbeauftragte in der Advents- und Weihnachtszeit an drei Produktionen mitarbeite.

«Wir bitten die Userinnen und User, durch das Adventstürchen einzutreten in einen digitalen Adventsraum.»

Warum gibt’s dieses Jahr auf kath.ch keinen klassischen Adventskalender, sondern einen interaktiven?

Hardegger: Was genau ist ein klassischer Adventskalender? Einer, bei dem man ein Türchen öffnen kann? Wir gehen einen Schritt weiter: Wir bitten die Userinnen und User, nicht nur ein Türchen zu öffnen, sondern täglich durch das Adventstürchen einzutreten und im digitalen Adventsraum andere zu inspirieren.

Sibylle Hardegger in der spätgotischen Basilika des Klosters Mariastein SO.
Sibylle Hardegger in der spätgotischen Basilika des Klosters Mariastein SO.

Wie genau funktioniert der interaktive Adventskalender?

Hardegger: Der Adventskalender «Adventsworte» stellt die alttestamentlichen Lesungen zum Advent aus dem Buch Jesaja ins Zentrum. Den vier Adventswochen ist jeweils ein Bibeltext zugeteilt. An jedem Morgen begrüsst uns ein Wort aus dem Wochenbibeltext. Die Besuchenden werden ermuntert, ihre Gedanken zu diesem Wort und zu den Impulsfragen im Adventskalender zu teilen. Es geht darum, einander zu bereichern und zu inspirieren. 

"Sehet die erste Kerze brennt!": Die Adventszeit hat begonnen.
"Sehet die erste Kerze brennt!": Die Adventszeit hat begonnen.

Und dann?

Hardegger: Was gefällt, darf gelikt werden. Es geht nicht darum, über die einzelnen Beiträge zu diskutieren, sondern sich von Gedanken anderer beschenken zu lassen. Man darf auch mal etwas stehen lassen, was der eigenen persönlichen Meinung nicht entspricht.

Was machen Sie, wenn jemand Unsinn aufschreibt?

Hardegger: Wie auf anderen Kanälen gilt die Netiquette. Wer sich nicht daran hält, dessen Beitrag wird – wie wir das immer handhaben – gelöscht. 

Weihnachtsbeleuchtung in Zürich
Weihnachtsbeleuchtung in Zürich

Die Adventszeit ist für viele keine Zeit der Besinnung, sondern eine sehr stressige Zeit. Wie niederschwellig ist Ihr Adventskalender?

Hardegger: Jede und jeder, der oder die das möchte, bekommt täglich ein Wort und Impulsfragen geschenkt. Ob man sich Gedanken dazu macht, ob man eine Rückmeldung dazu schreibt, ob man sich beschenken lässt von den Gedanken anderer, ist jedem und jeder selbst überlassen. Den Tagesimpuls findet man bei kath.ch mit zwei Klicks. Ich denke, das ist niederschwellig. Zudem braucht es keine biblischen Vorkenntnisse. 

Ein Chormädchen ist als schwedische Lichterkönigin Lucia mit Lichterkranz verkleidet.
Ein Chormädchen ist als schwedische Lichterkönigin Lucia mit Lichterkranz verkleidet.

Sie haben früher in Schweden gearbeitet und dort das Fest St. Lucia schätzen und lieben gelernt. Da Jesaja nichts von der heiligen Lucia wusste, kommt sie im Adventskalender auch nicht vor, oder?

Hardegger: Ich gehe davon aus, dass Jesaja Lucia nicht kannte! Dennoch gibt es Verbindungen. Der Gedenktag der heiligen Lucia ist der 13. Dezember. Er ist oft verbunden mit Lichtriten. Auch in den Schriften Jesajas ist das Lichtmotiv präsent. Der Prophet Jesaja kündet eine endzeitliche Wende an, konkret: universalen Frieden und Gerechtigkeit. Ebenfalls kündet er einen zukünftigen Messias als gerechten Richter und Retter der Armen an. In all diesen Ankündigungen spielen Pracht, Glanz, Heil und Licht eine zentrale Rolle.

Detlef Hecking, Pastoralverantwortlicher im Bistum Basel
Detlef Hecking, Pastoralverantwortlicher im Bistum Basel

Sie arbeiten mit dem Bistum Basel und dem Schweizerischen Katholischen Bibelwerk zusammen. Ist die Zusammenarbeit einfacher, wenn es um ein digitales Projekt geht?

Hardegger: Es ist immer schön, wenn mehrere sich zusammentun – dann kann die Arbeit aufgeteilt werden. Vertreter des Bistums Basel kamen auf mich zu und signalisierten Interesse am Bereich der digitalen Glaubenskommunikation, die wir vom Katholischen Medienzentrum mehr und mehr ausprobieren wollen. So entstand die Idee mit dem digitalen interaktiven Adventskalender. 

Winfried Bader leitet die Bibelpastorale Arbeitsstelle.
Winfried Bader leitet die Bibelpastorale Arbeitsstelle.

Und wie kam die Zusammenarbeit mit dem Bibelwerk zustande?

Hardegger: Da wir als Grundlage den gedruckten Kalender «Adventsworte» des deutschen Katholischen Bibelwerkes verwenden dürfen, haben wir beim Schweizer Katholischen Bibelwerk angefragt, ob es das Projekt nicht auch mittragen will. Die Antwort war positiv – und so gestalten wir diesen Adventskalender nun zusammen.

Sibylle Hardegger mit Patriarch Pierbattista Pizzaballa.
Sibylle Hardegger mit Patriarch Pierbattista Pizzaballa.

Sie engagieren sich auch für die Kinderhilfe Bethlehem. Wie wird der Advent im Kinderspital in Bethlehem gefeiert?

Hardegger: Im Spital wird nicht in erster Linie gefeiert. Da geht es um Gesundwerden und manchmal auch um Leben und Tod. Aber natürlich gibt es im Caritas Baby Hospital auch Adventsdekorationen, Sterne, Engel und Weihnachtsbäume. Weihnachtsbäume stehen allerdings meist schon vor dem ersten Adventssonntag da (lacht). Aber warum sollte es im Spital anders sein als auf dem Krippenplatz von Bethlehem, wo die Lichter am Weihnachtsbaum auch schon Wochen vor Weihnachten entzündet werden. 

Lucia Corradin, franziskanische Elisabethenschwester aus Padua, neben einer Marienstatue in der Kapelle des Caritas Baby Hospitals in Bethlehem.
Lucia Corradin, franziskanische Elisabethenschwester aus Padua, neben einer Marienstatue in der Kapelle des Caritas Baby Hospitals in Bethlehem.

Und was geschieht an Weihnachten?

Hardegger: Zu Weihnachten erhalten die Kinder im Spital ein kleines Geschenk, ein Spielzeug oder sonst eine kleine Aufmerksamkeit. Ebenso gibt es einen traditionellen Adventsbesuch des lateinischen Patriarchen von Jerusalem. Er feiert mit den Angestellten einen Gottesdienst und bleibt für ein anschliessendes Beisammensein. Das wird sehr geschätzt und unterbricht den strengen Spitalalltag. Denn in der Advents- und Weihnachtszeit ist das Spital immer voll belegt wegen der Grippesaison. In diesem Jahr sind die Zahlen besonders hoch. Da gönne ich allen Mitarbeitenden einen Moment der Besinnung und der Pause.

* Sibylle Hardegger (55) ist Radio- und Fernsehbeauftragte des Katholischen Medienzentrums, das auch kath.ch betreibt. Zusammen mit dem Bistum Basel und dem Schweizerischen Katholischen Bibelwerk hat das Katholische Medienzentrum einen digitalen interaktiven Adventskalender entwickelt. Mehr dazu hier


Sibylle Hardegger, Radio- und Fernsehbeauftragte | © Christian Merz
27. November 2022 | 07:08
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