Mentari Baumann auf der Zurich Pride, 2022
Schweiz

Mentari Baumann: «Freuen uns, wenn Nemo Zugang zu queeren Themen in Kirche vereinfacht»

Es habe bestimmt viel Mut gekostet, das Lied «The Code» zu singen, sagt Mentari Baumann. Sie freut sich über Nemos Sieg beim Eurovision Song Contest. «Nemos Such- und Findungsprozess ist beeindruckend. Es ist ein Privileg, dass wir dank Nemos Lied ein kleines bisschen daran teilhaben dürfen.»

Jacqueline Straub

Haben Sie den Eurovision Song Contest 2024 live mitverfolgt?

Mentari Baumann*: Leider konnte ich den ESC nicht live schauen, ich habe die Auftritte gestern noch nachgeschaut. Auch einige meiner Kolleginnen und Kollegen aus der Steuergruppe der Allianz Gleichwürdig Katholisch haben den ESC mitverfolgt.

Nemo fasst die Entscheidung, gegen den Strom der Gesellschaft zu schwimmen.
Nemo fasst die Entscheidung, gegen den Strom der Gesellschaft zu schwimmen.

Was hat Ihnen besonders gut gefallen?

Baumann: Nemos Such- und Findungsprozess ist beeindruckend. Es ist ein Privileg, dass wir dank Nemos Lied ein kleines bisschen daran teilhaben dürfen. Auch können sich sicher einige Menschen darin wiederfinden, schliesslich sind wir alle mal suchend oder passen nicht in das gesellschaftlich erwartete Bild.

Hätten Sie damit gerechnet, dass Nemo gewinnt?

Baumann: Ich habe gehofft, dass Nemo gewinnt. Auch für Nemo habe ich es mir gewünscht. Mit einem so persönlichen Lied wie «The Code» aufzutreten, hat sicher viel Mut gekostet und ich freue mich, hat sich das ausgezahlt.

«Das ist ein Gewinn.»

Durch den Auftritt von Nemo trat das Thema nichtbinäre Geschlechtsidentität stark in den Fokus. Was erhoffen Sie sich durch diesen Sieg?

Baumann: Unsere Gesellschaft ist vielfältig und jeder Mensch ist einzigartig, auch in Bezug auf ihre Geschlechtsidentität. Das ist ein Gewinn. Nemo – und andere nichtbinäre Menschen – machen uns das immer wieder deutlich. Wir hoffen, dass durch diesen Sieg und die verstärkte Berichterstattung zum Thema diverse Geschlechtsidentitäten und andere «Abweichungen von einer sogenannten Norm» das als ganz normaler Teil der Gesellschaft angesehen und akzeptiert wird.

Kirche offen für queere Menschen
Kirche offen für queere Menschen

Denken Sie, dass queere Themen dank Nemo noch mehr in der Schweizer Kirchenlandschaft diskutiert werden?

Baumann: Queere Menschen sind Teil der katholischen Kirche: als Gläubige, als Mitarbeitende, als Freiwillige, als Verwandte, als Freundinnen und Freunde. Die Allianz Gleichwürdig Katholisch setzt sich dafür ein, dass sie alle in der Kirche gleichwürdig und gleichberechtigt sind. Um dahin zu kommen, müssen queere Themen auch in der Kirche diskutiert und ausgehandelt werden. Dabei ist wichtig, dass mit queeren Menschen und nicht über queere Menschen gesprochen wird. Wenn Nemo den Zugang zu queeren Themen und queeren Menschen in der Kirche vereinfacht, freut uns das sehr.

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*Mentari Baumann ist Geschäftsführerin der Reformbewegung «Allianz Gleichwürdig Katholisch». Sie setzt sich ein für Gleichberechtigung in der römisch-katholischen Kirche. Das Interview wurde schriftlich geführt.


Mentari Baumann auf der Zurich Pride, 2022 | © Raphael Rauch
13. Mai 2024 | 16:30
Lesezeit: ca. 2 Min.
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