Kundgebung für eine Kirche ohne Missbrauch, vor der Luzerner Synode vom 8. November 2023
Schweiz

Luzern tritt als erste Landeskirche der IG für Missbrauchsbetroffene bei

Die Luzerner Landeskirche tritt der IG MiKU bei, der Interessengemeinschaft für Missbrauchsbetroffene im kirchlichen Umfeld. Sie wolle damit ihre Solidarität ausdrücken und aufzeigen, dass sie die Ziele der IG mittrage. Sie baut damit ihr Engagement gegen Missbrauch aus.

Die römisch-katholische Landeskirche des Kantons Luzern engagiert sich als erste Kantonalkirche der Schweiz in der IG MiKU, der Interessengemeinschaft für Missbrauchsbetroffene im kirchlichen Umfeld, wie es in einer Mitteilung heisst. Die IG MiKU ist die Betroffenenorganisation der Deutschschweiz.

Missbrauch, Übergriff
Missbrauch, Übergriff

«Kein Nährboden für Missbrauch»

Sie trage die Ziele der IG MiKU nun offiziell mit, lässt die Luzerner Landeskirche verlauten. Und erkläre sich mit den Missbrauchsbetroffenen solidarisch und stehe «unmissverständlich dafür ein, dass Missbrauch im kirchlichen Umfeld aufgearbeitet, nicht weiter vertuscht wird und keinen Nährboden mehr findet».

Die Luzerner Landeskirche übernimmt mit diesem Schritt weitere Verantwortung für die Missbrauchsaufarbeitung. Sie findet: «Auch staatskirchenrechtliche Einrichtungen – Kirchgemeinden, Kantonalkirchen – tragen eine Mitverantwortung für das Geschehene.»

IG-Präsidentin reagiert positiv

Die Präsidentin der IG MiKU, Vreni Peterer, begrüsst den Beitritt der Luzerner Landeskirche als «ein sichtbares und deutliches Zeichen». Die Missbrauchsbetroffene tritt seit der Publikation der Missbrauchs-Pilotstudie im letzten September immer wieder öffentlich auf.

Vreni Peterer wirkt als Opfer-Vertreterin als Peer.
Vreni Peterer wirkt als Opfer-Vertreterin als Peer.

Auch Luzerner Katholikinnen und Katholiken setzen sich seit der Publikation der Pilotstudie besonders deutlich für einen angemessenen Umgang mit dem Missbrauch in der Kirche ein.

Luzerner am Drücker

Anfang November 2023 hatte das Parlament der Landeskirche des Kantons Luzern eine dringliche Motion verabschiedet, in dem sie Bischof Felix Gmür dazu aufforderten, Missbrauchsfälle konsequent aufzuarbeiten. Es wurde gefordert, allenfalls gewisse Geldbeiträge ans Bistum zurückzubehalten.

Sie verlangten in der Motion eine unabhängige Untersuchungskommission für den Umgang der Bischöfe mit Missbrauchsfällen, eine schweizweite unabhängige Meldestelle und ein nationales Strafgericht mit Fachpersonen und Laien. Auch einen Stopp der Aktenvernichtung und ein Ende der «lebensfeindlichen Sexualmoral» listeten sie auf. In einem Manifest hatten mehrere hundert Menschen vor der Synodensitzung die Forderungen an einer Kundgebung in Luzern bereits publik gemacht.

Rebellische Kirchgemeinde Adligenswil

Bereits eine Woche nach der Publikation der Missbrauchsstudie hatte die Luzerner Kirchgemeinde Adligenswil angekündigt, ihren Beitrag ans Bistum per sofort auf ein Sperrkonto einzuzahlen, solange die Bischöfe die versprochenen Massnahmen gegen Missbrauch nicht umsetzten. Der Kirchenrat forderte andere Kirchgemeinden in der ganzen Schweiz dazu auf, dasselbe zu tun. Auch die sechs Kirchgemeinden des Pastoralraums Willisau gaben wenige Tage später bekannt, kein Geld mehr ans Bistum zu überweisen.

Monika Koller Schinca ist Kirchenratspräsidentin in Adligenswil.
Monika Koller Schinca ist Kirchenratspräsidentin in Adligenswil.

Der Zusammenschluss der Kantonalkirchen, die Römisch-katholische Zentralkonferenz (RKZ), nahm einige dieser Forderungen aus der Basis im Dezember 2023 auf und fügte andere hinzu. Im Interview mit kath.ch sagte RKZ-Generalsekretär Urs Brosi zuvor, dass die Plenarversammlung der RKZ eine Reduktion der Zahlungen an die Bischofskonferenz beschliessen könnte. Anfang Dezember 2023 ruderte dann die RKZ allerdings zurück und übte doch keinen finanziellen Druck auf die Schweizer Bischöfe aus. Der Grund hierfür war: Die Kantonalkirchen waren dagegen.

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Die Schweizer Bischöfe hatten am 23. September erste Massnahmen gegen den Missbrauch in der katholischen Kirche kommuniziert. Darunter befinden sich: eine nationale Meldestelle, schweizweit psychologische Abklärungsverfahren, eine Professionalisierung der Personalakten und ein kirchliches Straf- und Disziplinargericht.

Selbsthilfegruppe von Missbrauchsbetroffenen

Die IG MiKU ist eine Selbsthilfegruppe für Betroffene von sexuellem oder spirituellem Missbrauch im Umfeld der katholischen Kirche. Sie fordert, dass die Kirche für Folgen von Missbrauch die Verantwortung übernimmt, dass Betroffene professionell begleitet werden und Missbrauchstäter aus kirchlichen Tätigkeiten ausgeschlossen werden. Ihre Präsidentin, Vreni Peterer, ist seit der Publikation der Pilotstudie zum Missbrauch in der katholischen Kirche im letzten September, in den Medien präsent. Sie ist selbst Betroffene von Missbrauch in der Kirche und nimmt Stellung zu aktuellen Fragen dazu. (rp)


Kundgebung für eine Kirche ohne Missbrauch, vor der Luzerner Synode vom 8. November 2023 | © Roberto Conciatori
26. März 2024 | 17:09
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