Schweiz
Aufstand der Basis: Kirchgemeinde Adligenswil verweigert Bistum Basel Kirchensteuer
Der Kirchenrat der katholischen Kirchgemeinde Adligenswil wird die Einnahmen aus den Kirchensteuern, die das Bistum Basel normalerweise erhält, per sofort auf ein Sperrkonto einzahlen. Er fordert alle Kirchgemeinden in der Schweiz auf, dasselbe zu tun. Zudem fordert er, dass «das System grundlegend umgebaut wird».
Jacqueline Straub
Der Kirchenrat der katholischen Kirchgemeinde Adligenswil im Kanton Luzern glaubt, dass die von den Bischöfen versprochenen Massnahmen gegen sexuellen Missbrauch und für eine lückenlose Aufklärung nur «Lippenbekenntnisse» bleiben, wenn die Basis nicht handle. Deswegen werde man nun den Anteil der Kirchensteuern, der normalerweise dem Bistum Basel zukommt, auf ein Sperrkonto einzahlen.
Konsequentes Durchgreifen
«Was wir in den letzten Tagen über unsere Kirche zu hören bekamen, ist beschämend und bedrückend. Wir sind betroffen und fühlen solidarisch mit allen Betroffenen», so Kirchenratspräsidentin Monika Koller Schinca in einer Medienmitteilung vom Donnerstag. «Nun gilt schonungslose Aufklärung und konsequentes Durchgreifen. Wir meinen es ernst.»
Auch wenn die Pilotstudie zu sexuellem Missbrauch gezeigt hat, dass strukturelle Probleme verantwortlich sind für das Ausmass und die Bischöfe nun einen «Kulturwandel» versprechen, befürchtet der Kirchenrat Adligenswil, dass sich die Strukturen nicht ändern und ein Kulturwandel nicht in Gang gebracht wird, wenn die Basis nicht Druck auf die Bistumsleitungen ausübt.
Der Kirchenrat will nun den «Startschuss» geben und fordert vom Bistum Basel und der Bischofskonferenz eine unabhängige Untersuchungen der von Vertuschung beschuldigten Bischöfe. «Die Untersuchungen müssen einer unabhängigen nicht kirchlichen Stelle übertragen werden», heisst es in einer Mitteilung.
Forderungen an die Bischöfe
Er fordert eine unabhängige, professionelle Ombudsstelle ausserhalb von kirchlichen Strukturen, bei welcher sich Opfer ohne Folgen für die Betroffenen melden können und die Meldungen professionell erfasst und überprüft werden. Ebenso sollen künftig alle Akten bei einer unabhängigen Stelle, etwa einen staatlichen Archiv aufbewahrt werden. Und: Der Kirchenrat fordert, dass die Archive in der Nuntiatur in Bern geöffnet werden. «Wir erwarten, dass dies konsequent eingefordert wird», heisst es in der Meldung.
«Solange diese Forderungen nicht erfüllt sind, will der Kirchenrat Adligenswil kein Bistum mehr mitfinanzieren, das nur zuschaut und nicht handelt.» Der Kirchenrat Adligenswil ruft auch andere Kirchengemeinden in der ganzen Schweiz dazu auf, ebenfalls die Kirchensteuer auf ein Sperrkonto zu platzieren.
Der Kirchenrat rechnet in der Mitteilung vor: «Die Landeskirche des Kantons Luzern liefert ein Prozent der Einnahmen aus den Kirchensteuern an das Bistum Basel ab. Würden alle zehn Kantone des Bistums mitmachen, fehlten allein dem Bistum Basel, beziehungsweise dem Bischof 3,8 Millionen Franken. Er könnte dadurch seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen.»
Aufstand der Basis
Der Kirchenrat Adligenswil erwartet von der Schweizer Bischofskonferenz, dass sie sich «unmissverständlich und dezidiert» für einen Kulturwandel einsetzen und «das System grundlegend umgebaut wird». So will er, dass der Pflichtzölibat abgeschafft und Frauen gleichberechtigt werden.
Ein «zeichensetzender Aufbruch» sei nun wichtig, ein «Aufstand der Basis». Der Kirchenrat kann nachvollziehen, wenn Menschen nun aus der Kirche austreten. Aber es bestehe die Gefahr, dass durch die fehlenden Finanzen dann die Falschen darunter zu leiden haben. Etwa Familien, die Jugend oder ältere Menschen vor Ort.
Die katholische Kirchgemeinde Adligenswil gehört zum Pastoralraum «meggerwald pfarreien» und zur Bistumsregion St. Viktor des Bistums Basel. Der Kirchenrat der katholischen Kirchgemeinde Adligenswil vertritt rund 2’700 Katholikinnen und Katholiken. Zum Bistum Basel gehören 812’000 Katholiken und Katholikinnen, das sind rund 27,7 Prozent (2021) der Wohnbevölkerung auf dem Gebiet des Bistums.
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