Kampagne "Chance Kirchenberufe" – Sensibilisierungsaktion an der katholischen Kirche Aarau
Schweiz

Deutschschweizer Kampagne «Chance Kirchenberufe» hat noch nicht richtig Fuss gefasst

Aarau, 27.5.16 (kath.ch) Die Kampagne «Chance Kirchenberufe» hat innerhalb der katholischen Kirche in der Deutschschweiz noch nicht richtig Fuss gefasst. Das wurde an einem Mediengespräch deutlich, zu welchem die Kampagnen-Verantwortlichen am Mittwoch, 25. Mai, nach Aarau eingeladen hatten. Die verschiedenen Adressaten müssen untereinander besser verknüpft werden. An der Pfingstaktion haben nur wenige Kirchgemeinden teilgenommen.

Georges Scherrer

Die Kampagne will auf die verschiedenen kirchlichen Berufe hinweisen. Einerseits wird die Bevölkerung darauf aufmerksam gemacht, dass es in der Schweiz eine grosse Vielfalt an kirchlichen Berufen gibt. Andererseits will sie den Bekanntheitsgrad der Berufe heben, so dass Jugendliche bei ihrer Berufswahl möglicherweise eine solche Laufbahn ins Auge fassen. «Das ist der richtige Weg», erklärte der Präsident der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz (RKZ), Luc Humbel, vor den Journalisten. Das Projekt geht weiter. Es ist bis Ende 2019 befristet und soll dann ausgewertet werden, hiess es am Mediengespräch.

Wenn er mit Leuten über die Berufswahl spreche und den Begriff «Ständiger Diakon» fallen lasse, dann stosse er auf ein grosses Erstaunen, sagte Projektleiter Thomas Leist von der Informationsstelle für kirchliche Berufe (IKB) in Luzern. Das Angebot an kirchlichen Berufen sei für viele Menschen heute «ein Buch mit sieben Siegeln». Die Kampagne habe die Kraft, diese Siegel aufzubrechen.

Lanciert wurde die Kampagne von der Deutschschweizerischen Ordinarienkonferenz (DOK). Humbel zeigte sich beeindruckt vom Elan der DOK. Ihre Mitglieder griffen in die eigene Tasche, um die die ersten 20’000 Franken für die Kampagne locker zu machen. Die RKZ will bei der Finanzierung jedoch nicht einspringen. Vielmehr sollen die kirchlichen Körperschaften in den Kantonen für die Kosten aufkommen. So würden die Kantonalkirchen besser in die Verantwortung für die Kampagne eingebunden, schätzt Humbel.

Einsparungen investieren

In den Landeskirchen können verschiedene Stellen nicht besetzt werden, weil das geeignete Personal nicht gefunden wird. «Solange ich so viele Stellen habe, die ich nicht besetzen kann, ist es sinnvoll, einen Teil der Kosten, die ich vermeintlich einspare, für diese Kampagne einsetzen», sagte Humbel, der auch Präsident des Kirchenrats der Römisch-Katholischen Landeskirche des Kantons Aargau ist.

Humbel meinte in Aarau, dass das Bewusstsein für die Ziele der Kampagne in den Kirchgemeinden und Landeskirchen noch nicht stark genug stark sei. Bis vor einiger Zeit hatte die Kirche Schweiz genug Personal. Notfalls kamen die kirchlichen Mitarbeiter zudem aus Deutschland. Dort ist aber das Potential an pastoralen Mitarbeitern unterdessen ebenfalls eingebrochen, sagte Leist, was das Problem in der Schweiz verschärfe. Die Kirche Schweiz müsse darum reagieren und Gegensteuer geben.

Sinnvolle Image-Kampagne

Selbstmitleid ist der falsche Weg, betonte der leitende Priester des Pastoralraums Aarau, Adrian Bolzern. Oder in den Worten von RKZ-Präsident Humbel: «Wir würden die Kampagne auch machen, wenn wir genug Leute hätten. Auch die Polizei führt regelmässig Image-Kampagne durch.» Die Kampagne «Chance Kirchenberufe» unterscheidet sich denn auch von der Image-Kampagne «Auch darum stehe ich zu ihr», die das Bistum St. Gallen aktuell durchführt. «Chance Kirchenberufe» will die «besten Leute» für einen Beruf in der Kirche gewinnen und muss sich darum auf dem Stellenmarkt bewähren. Die Kirche muss zeigen, dass sie attraktive Berufe anbietet, sagt Humbel. «Und das hat die Kirche lange Zeit nicht gemacht.»

Es mangle akut an Personen, die Theologie studiert haben. Wenn es der Kirche gelinge, die Attraktivität ihrer Berufe besser bekannt zu machen, dann werde die Zahl der Theologiestudierenden zunehmen. Davon sind die Macher der Kampagne überzeugt.

Wie schwierig es ist, die Verbindung zwischen Kirchenberuf und der Kampagne herzustellen, drückte die 16-jährige Victoria Dvorak aus. Um mit der Kampagne auch die Jugend zu erreichen, wurde eine Umfrage bei Jugendlichen durchgeführt, die als Ministranten, Firmlinge oder über Jugendorganisationen oder den Religionsunterricht mit der Kirche in direkter Verbindung stehen. Victoria Dvorak nahm an der Umfrage teil, zeigte sich in Aarau aber überrascht, dass diese mit dem Projekt «Chance Kirchenberufe» in Verbindung stand.

Warum so wenige Pfarreien?

Die Resultate der Umfrage unter den Jugendlichen wurden an Pfingsten in den Pfarreien bekannt gemacht. Gemäss dem Kommunikationsunternehmen Weissgrund AG in Zürich, welches das Projekt managet, haben zwanzig Pfarreien an der Pfingst-Aktion teilgenommen. «Warum so wenige?», wurde am Mediengespräch gefragt. Es müsse noch allerhand «Verknüpfungsarbeit» zwischen Pfarreien, Kampagnen-Machern und Zielpublikum geleistet werden, bemerkt der Aargauer Priester Adrian Bolzern.

Was gar nicht so einfach ist, ergänzte Thomas Leist. Je nach Altersgruppe erwarte das Zielpublikum etwas anderes von der Kirche. Ältere Kirchgänger suchen die spirituelle Erfahrung, jüngere Menschen geben, wie die Umfrage gezeigt habe, der Erfahrung von Gemeinschaft einen höheren Stellenwert. Bei jenen Personen, die eine Anstellung in der Kirche suchen, dürfte auch der «gute Lohn» neben «Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit» ein wichtiger Anreiz für das kirchliche Engagement sein.

Die Leute sollen über die Kirche als Arbeitgeber reden. Die Kampagne wolle darum nicht ein «freundliches Porträt» der Kirche präsentieren, sondern Leute zeigen, die sich auch kritisch mit der Kirche auseinandersetzen und trotzdem für einen Kirchenberuf entscheiden. Die Kampagne soll das «Buch mit sieben Siegeln» öffnen, damit Interessierte den Weg zur Kirche finden und künftige Mitarbeiter sich beruflich auch entfalten können, sagte Leist. (gs)

Kampagne «Chance Kirchenberufe» – Sensibilisierungsaktion an der katholischen Kirche Aarau | © 2016 Georges Scherrer
27. Mai 2016 | 10:11
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