Jonas Amherd - Bundespräses der Jubla in Luzern
Schweiz

Jonas Amherd: «Wir können inhaltlich voneinander profitieren»

Die beiden katholischen Jugendorganisationen Jungwacht Blauring (Jubla) und katholische Pfadi (VKP) bieten erstmals gemeinsam eine Einführung in die Präses-Aufgabe an. Das sei keine Sparmassnahme, sondern diene dem Austausch – gerade in Sachen Spiritualität, sagt Jubla-Bundespräses Jonas Amherd.

Regula Pfeifer

Jubla und Pfadi bieten erstmals zusammen eine Präses-Ausbildung an. Ist das eine Sparmassnahme?

Jonas Amherd: Nein, eigentlich ist es im Moment aufwändiger für uns, gemeinsam diesen Kurs anzubieten. Wir müssen uns öfters treffen und absprechen, um das Programm zu entwickeln. Auch personell sind wir nicht weniger.

Längerfristig vielleicht?

Amherd: Längerfristig kann es gewinnbringend sein. Etwa, wenn man nur ein Kurshaus mieten muss. Aber das war nicht im Fokus der Überlegungen. Vielmehr wollen wir inhaltlich voneinander profitieren.

«Von uns kann die Pfadi wiederum lernen, Spiritualität im Alltag natürlich zu leben.»

Inwiefern denken Sie, inhaltlich profitieren zu können?

Amherd: Unsere Verbände Jungwacht Blauring (Jubla) und katholische Pfadi (VKP) haben teilweise einen anderen Zugang zu denselben Themen. Spirituelle Animation ist zum Beispiel in der Jubla sehr breit gefasst. In der Pfadi haben sie dafür klar definierte Methoden. Beides hat Vor- und Nachteile. Unter Zeitdruck ist eine klare Strukturierung nach Pfadi-Vorbild sicher besser. Von uns kann die Pfadi wiederum lernen, Spiritualität im Alltag natürlich zu leben. Nicht als eingeschobener, künstlicher Block, sondern als natürlicher Teil des Anlasses.

Gemeinsame Puzzle-Suche - Aktivität in einem Präses-Kurs
Gemeinsame Puzzle-Suche - Aktivität in einem Präses-Kurs

Wie kam es zur Jubla-Pfadi-Zusammenarbeit?

Amherd: Wir haben bei der Jubla früher immer wieder Präses gehabt, die aus der Pfadi kamen. Und umgekehrt hatte die Pfadi Jubla-Präses. Das kann sein, wenn man als Kind bereits in dem einen oder anderen Verband aufgewachsen ist, oder beim Jobwechsel von einer Pfarrei zur nächsten wechselt. Dann betreut man vielleicht als Jubla-Person eine Pfadi-Schar, weil es da keine Jubla gibt. Deshalb ist es gut, im Präses-Kurs bereits Informationen zu beiden Verbänden zu erhalten.

An wen richtet sich euer Präses-Kurs?

Amherd: An alle Neu-Präses der Jubla und der katholischen Pfadi. Wir sind aber auch offen, falls ein oder eine Präses eine Auffrischung wünscht oder bereits einige Jahre als Präses tätig war, aber bis jetzt noch keine Gelegenheit hatte, den Präses-Kurs zu besuchen. Wir vermitteln im Kurs Grundlagen, jedoch ist der Austausch unter den Teilnehmenden auch sehr wichtig. Hier können wir alle gegenseitig von unseren Erfahrungen profitieren.

«Auch Lehrpersonen sind hervorragend geeignet.»

Katechetin und Erstkommunion-Bub geben einander ein Zeichen des Friedens.
Katechetin und Erstkommunion-Bub geben einander ein Zeichen des Friedens.

Welche Voraussetzungen müssen angehende Präses mitbringen: ein Theologiestudium?

Amherd: Wir haben einen Leitfaden herausgegeben über das Profil von Präses. Unsere Empfehlung sind eine Ausbildung und Anstellung im Bereich von Begleiten. Prädestiniert sind neben Theologinnen und Theologen auch Religionspädagoginnen und Katecheten. Aber auch Lehrpersonen, Sozialpädagoginnen und -pädagogen, sind hervorragend geeignet.

«Scharen beziehungsweise Abteilungen haben ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Präses-Person.»

Wer käme sonst infrage?

Amherd: Manchmal sind es Menschen mit einem ganz anderen Hintergrund, die aber einen Bezug zur Schar oder Abteilung, zur Pfarrei oder Kirche haben. Die Scharen beziehungsweise Abteilungen haben ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Präses-Person, welche die Pfarrei schliesslich einstellt. Sie schlagen etwa ein früheres Verbands- oder ein Pfarreiratsmitglied vor, mit dem sie in Kontakt waren. Wer so angefragt wird für den Job, hat schon ganz viel richtig gemacht, da bereits ein Vertrauensverhältnis zu den Jugendlichen besteht. Es ist dann unsere Aufgabe, diese Menschen in unserem Kurs gut vorzubereiten für ihre neue Rolle – ganz egal, welchen beruflichen und persönlichen Hintergrund sie mitbringen.

Vernetzungsübung in einem Präses-Kurs
Vernetzungsübung in einem Präses-Kurs

«Im Präseskurs haben wir viele junge Erwachsene.»

Sind es erwachsene Personen, die Kinder und Jugendliche begleiten?

Amherd: Ja, genau. Früher übernahm meist der Vikar oder eine jüngere Person aus der Seelsorge diese Arbeit. Inzwischen ist klar, dass das Alter nicht ausschlaggebend ist. Entsprechend gibt es keine Altersvorgaben. Im Präseskurs haben wir viele junge Erwachsene, insbesondere viele ehemalige Verbandsmitglieder. Aber wir hatten auch bereits Menschen über 60, die den Kurs besuchten.

Wo sind Präses tätig – ausser bei Scharen beziehungsweise Abteilungen?

Amherd: Wir haben in den Verbänden auf jeder Ebene Präses: In der Jubla zum Beispiel begleiten Präses auf Lokalebene eine Schar während dem Jahr und im Lager. Auch den kantonalen Verbandsleitungen steht jeweils ein oder eine Präses zur Seite. Und auf nationaler Ebene haben wir zwei Bundespräses – das sind Moritz Bauer und ich. Die Präses-Aufgaben unterscheiden sich je nach Ebene leicht. Bei den katholischen Pfadi sieht es ähnlich aus. Der Verbandspräses des VKP ist Ivo Bühler.  

Moritz Bauer in einem Café in Freiburg
Moritz Bauer in einem Café in Freiburg

Welche Aufgaben haben Präses?

Amherd: Grundsätzlich haben Präses drei Hauptaufgaben: spirituelle Animation, Begleitung und Beratung, Netzwerken oder Lobbyarbeit. Das zieht sich auf jeder Stufe so durch, einfach mit unterschiedlichen Ausprägungen.

Sind Präses ein Art Coaches?

Amherd: Ich würde gern von Begleitpersonen reden. Denn als Jugendverbände sind wir angehängt ans nationale Jugend- und Sport-Förderprogramm. Und da gibt es Coaches, die das Lagerprogramm nach den technischen Jugend-und-Sport-Anforderungen gegenlesen.

«Präses schauen eher auf Zwischenmenschliches.»

Präses schauen eher auf Zwischenmenschliches, wie die Teamdynamik. Sie helfen bei Spannungen im Leitungsteam und bei schwierigen Situationen – etwa wenn ein Teammitglied erkrankt ist oder einen Todesfall erlebt hat. Und Präses gestalten Rituale. Wir empfehlen im Kurs, einen möglichst engen Austausch zwischen den verschiedenen Begleitpersonen zu pflegen, damit die Scharen und Abteilungen optimal begleitet werden.

Kinder schauen gebannt – Pfingstlager von Jungwacht Blauring, 2022
Kinder schauen gebannt – Pfingstlager von Jungwacht Blauring, 2022

A propos spirituelle Animation: Sind Präses eine Art Priester-Ersatz?

Amherd: Priester-Ersatz ist vielleicht nicht das richtige Wort. Sie sind geistliche Begleiter. So bieten Präses etwa im lebendigen, lauten Ferienlager einen Ort der Stille an. Oder sie sind Ansprechperson bei persönlichen Problemen wie Liebeskummer oder Zukunftssorgen. Und sie sind Ansprechpersonen für alle Glaubensfragen. Können sie diese nicht selbst beantworten, etwa weil sie keine entsprechende Ausbildung haben, können sie auch den Kontakt zum örtlichen Pfarrer vermitteln.         

Der Präseskurs

Der erste gemeinsame Präseskurs von Jubla und katholischer Pfadi findet am 8. und 9. September im Pfadiheim Bollberg in Lenzburg AG statt. Beginn ist am Freitag, 10 Uhr, Ende am Samstag, 17.30 Uhr. Übernachtet wird im Pfadiheim. Weitere Infos zum Kurs und den Link zur Anmeldung finden sich auf den Webseiten des VKP und der Jubla. (rp)


Jonas Amherd – Bundespräses der Jubla in Luzern | © zVg
1. September 2023 | 12:00
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