Herbert Gut, Theologe und Seelsorger.
Schweiz

Herbert Gut zum Privatleben-Anliegen: «Bischof Gmür hätte sich auf das Nicht-Diskriminierungsgebot berufen können»

Der Pfarreileiter von St. Johannes in Luzern hätte sich mehr erhofft von Bischof Felix Gmür. Auf das Anliegen, das Privatleben der kirchlichen Mitarbeitenden solle nicht mehr anstellungs- oder kündigungsrelevant sein, habe der Bischof inhaltlich nicht geantwortet. Dabei hätte er sich auf «Gaudium et spes» berufen können.

Regula Pfeifer

In einem Brief an die Luzerner Synodalen forderten sechs Seelsorgende, dass die Missio – also die bischöfliche Beauftragung – künftig unabhängig von der Lebensform erteilt werden soll. Das Bistum solle sich nicht mehr ins Privatleben einmischen. Auf die Forderung reagiert der zuständige Bischof von Basel, Felix Gmür, in einer Sendung von Radio SRF.

Bischof Felix Gmür
Bischof Felix Gmür

«Ich finde es nicht gut, wenn die Seelsorgenden die Verantwortung einfach auf die Kirche abschieben.»

Bischof Felix Gmür

Er sagt: «Es ist einfach wichtig, dass man die Personen, die es angeht, ernst nimmt und dass sie sich selbst auch ernst nehmen. Ich finde es nicht gut, wenn sie die Verantwortung einfach auf die Kirche abschieben. Die Kirche als diejenige, die die Missio gibt, kann sich auch nicht einfach jeder Verantwortung lossagen.» Die «Challenge» sei, so der Bischof, einen guten Weg zu finden, der allem gerecht werde: dem Auftrag der Kirche und der Persönlichkeit des einzelnen Menschen, der als Seelsorger oder Seelsorgerin gut tätig sei.

Inhaltliches Argument fehlt

Von diesen Aussagen zeigt sich Herbert Gut, einer der Initianten des Luzerner Briefes, enttäuscht. «Wir sechs Seelsorgende würden uns freuen, wenn Bischof Felix Gmür inhaltlich auf unser Anliegen, beziehungsweise auf die vierte Forderung der RKZ, dem Dachverband der Landeskirchen, eingehen würde», schreibt Herbert Gut an kath.ch. Im Beitrag von Radio SRF habe Bischof Felix Gmür «leider nicht inhaltlich argumentiert, sondern gesagt, dass alle Beteiligten eine Verantwortung tragen. Dies jedoch ist nichts Neues», so Herbert Gut.

Auch in der katholischen Kirche fordern ReformerInen Inklusion, Traditionalisten lehnen sie ab.
Auch in der katholischen Kirche fordern ReformerInen Inklusion, Traditionalisten lehnen sie ab.

Der Pfarreileiter von St. Johannes in Luzern würde sich freuen, wenn Bischof Felix Gmür in seiner Antwort vom Schreiben «Gaudium et spes» (29) ausginge, das die katholische Kirche im Zweiten Vatikanischen Konzil veröffentlichte. «Alle Menschen in der Kirche müssen ihren Teil dazu beitragen», sagt Herbert Gut und zitiert aus dem Konzilsschreiben: «dass ‹jede Form einer Diskriminierung (…) überwunden und beseitigt werden muss, da sie dem Plan Gottes widerspricht›». Darauf könnte sich Bischof Gmür berufen, findet Herbert Gut.

Schweigen oder keine Missio

Herbert Gut hat im Oktober – gemeinsam mit weiteren fünf Luzerner Seelsorgenden – einen Brief an die Luzerner Synodalen geschrieben, in dem sich die sechs kirchlichen Angestellten outeten, «durch die Bistumsleitung ungebührliche Eingriffe in unser Privatleben erfahren» zu haben. Sie unterstützten deshalb die Forderung nach einer Missio, «die unabhängig der Lebensform erteilt wird», schrieben sie im Brief.

Seelsorgende brechen das Schweigen: diskriminiert wegen Lebensform
Seelsorgende brechen das Schweigen: diskriminiert wegen Lebensform

Gut lebt nach einer Scheidung seit zwölf Jahren in einer neuerlichen Partnerschaft, die er gemäss Vorgaben bei der Einstellung nicht offen zeigen dürfte. Unter den Unterzeichnenden des Briefes befinden sich unter anderem auch eine Frau und ein Mann, die in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft leben und ein Priester, der zu Frau und Kind stand. Sie erhielten aufgrund ihrer Lebensform keine Missio vom Bischof oder wurden zur Verheimlichung ihrer Beziehung angehalten.

Forderung der RKZ

Hintergrund des Briefes der Luzerner Seelsorgenden ist: Ende September stellte die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (RKZ) im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche vier Forderungen auf, die zu einem Kulturwandel und einer Veränderung in der Struktur der Kirche beitragen sollten. Eine dieser Forderungen lautet: «Das Präsidium der RKZ will, dass die Schweizer Bischöfe in gleicher Weise wie ihre deutschen Kollegen anerkennen, dass das partnerschaftliche Leben der kirchlichen Mitarbeitenden – abgesehen von den zum Zölibat verpflichteten Personen – weder anstellungs- noch kündigungsrelevant ist.»

Lokal aufgenommen

Diese Forderung ist in der katholischen Kirche der Schweiz inzwischen mehrfach aufgenommen worden. Nicht nur in der Luzerner Kirchensynode, sondern vor kurzem auch in der Zürcher Synode. In St. Gallen brachte die Initiative «Reformen jetzt» die Forderung vor – und in ein Gespräch mit der Bistumsleitung.


Herbert Gut, Theologe und Seelsorger. | © zVg
16. Dezember 2023 | 14:00
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