Helena Jeppesen-Spuhler, Mitarbeiterin des Hilfswerks Fastenaktion, beim synodalen Prozess in Prag. Sie ist nun an der Weltsynode in Rom.
Schweiz

Helena Jeppesen: «Ich habe keine Berührungsängste»

Helena Jeppesen-Spuhler hat mit ihrem selbstbewussten Auftritt bei der Vorstellung des Arbeitsdokuments im Vatikan beeindruckt. Sie ist überzeugt, dass die Weltsynode im Oktober Antworten liefern wird. «Die Weltkirche kann es sich nicht leisten, die Gläubigen zu enttäuschen», sagt Jeppesen-Spuhler. Ob sie auch im Oktober in Rom sein wird, erfährt sie Ende nächster Woche.

Annalena Müller

Wie kam es, dass Sie bei der Vorstellung des Arbeitsdokuments dabei waren?

Helena Jeppesen-Spuhler*: Da muss ich kurz etwas ausholen. Wir planen in der Schweiz schon länger eine kleine Konsultation zum Arbeitsdokument. Dabei sollen Rückmeldungen der verschiedenen Gruppen, die Kirche sind, eingeholt werden. Und diese sollen wiederum den Delegierten als Kompass für die Weltsynode gelten. Das Synodenbüro wusste von diesem Plan und fand, dass diese Schweizer Herangehensweise breiter vorgestellt werden sollte.

Konnten Sie das Dokument einsehen, bevor Sie Ihr Statement verfasst haben?

Jeppesen-Spuhler: Nein. Ich bekam das Dokument erst am Dienstagmorgen zu sehen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mein Statement schon geschrieben.

Die Schweizerin Helena Jeppesen ist als Synodalistin in Rom.
Die Schweizerin Helena Jeppesen ist als Synodalistin in Rom.

Sowohl das Arbeitsdokument als auch die Ausführung der Beteiligten – Geistlichen wie Nicht-Geweihten – blieben eher allgemein. Sie sind konkret geworden – und haben der Welt vom Schweizer dualen System berichtet. Taugt das duale System als Vorbild für die Weltkirche?

Jeppesen-Spuhler: Jede Ortskirche ist herausgefordert in ihrem spezifischen Kontext eine partizipative Kirche zu gestalten. Das duale System ist geschichtlich im demokratischen Schweizer Kontext gewachsen, der ein starkes Genossenschafts- und Verbandsdenken kennt. Dies hat den Nebeneffekt, dass Synodalität in der Schweiz eine lange gelebte Praxis ist. Ob das auf andere Länder und Kulturen eins zu eins anwendbar ist, bezweifle ich.

Sie sind während der Pressekonferenz selbstbewusst aufgetreten und haben als einzige nichtgeweihte Person beim Q & A selbstständig das Wort an sich genommen. Woher nehmen Sie Ihr Selbstbewusstsein?

Jeppesen-Spuhler: In solchen Situationen kommt mir meine Erfahrung in der Menschenrechtsarbeit bei der Schweizer Fastenaktion zugute. Das Fokussieren auf die Schwächsten und die Ausgeschlossenen in einem Staat oder einer Organisation und das Vernetzen mit anderen helfen mir die Angst vor einem übermächtigen System zu überwinden. Eventuell hat man gestern einfach gesehen, dass ich keine Berührungsängste habe.

«Ich hätte mir das Dokument etwas kürzer und vor allem präziser gewünscht.»

Der Inhalt des Arbeitsdokuments bleibt sehr vage – haben Sie sich mehr erhofft?

Jeppesen-Spuhler: Jein. Ich hätte mir das Dokument etwas kürzer und vor allem präziser gewünscht. Das Thema der Inklusion von queeren Menschen und Frauenordination sind nicht oder nur schwach im Dokument enthalten. Aber der Aufbau des Dokuments mit den angehängten Fragebögen wird gute Diskussionen ermöglichen.

Das Arbeitsdokument erwähnt Inklusion – alle sollen in der Kirche willkommen sein, heisst es dort. Andererseits ist Kardinal Hollerich der Frage einer Journalistin ausgewichen, die wissen wollte, wie Inklusion etwa von queeren Menschen und Lehramtstreue vereinbart werden sollen. Wie haben Sie das empfunden?

Jeppesen-Spuhler: Das abschätzige Verhalten und die Frage der sehr traditionalistischen Journalistin an der Pressekonferenz waren für mich weitaus problematischer als die ausweichende Antwort von Kardinal Hollerich.

Pressekonferenz zur Vorstellung des Arbeitsinstruments für die Weltsynode.
Pressekonferenz zur Vorstellung des Arbeitsinstruments für die Weltsynode.

Lassen Sie mich anders fragen: Im Oktober sollen Lösungen für konkrete Probleme gefunden werden. Sobald aber danach gefragt wird, scheuen die Verantwortlichen zurück. Bei der Pressekonferenz konnte man das auch sehen. Einerseits sagte Kardinal Hollerich die Synodalen müssten mit Hilfe des Dokuments Antworten finden. Später betonten Grech und Hollerich dann aber, dass es bei der Weltsynode um Synodaltität und keine konkreten Themen gehen solle. Machen Ihnen solche Widersprüche Sorgen?

Jeppesen-Spuhler: Dass zuerst über synodale Strukturen und auch über kirchenrechtliche Einschränkungen gesprochen wird, finde ich nicht schlecht. Die Themen werden im Oktober aber deswegen nicht ausgeklammert werden können. Die Synode muss schliesslich den Ergebnissen der weltweiten Konsultation treu bleiben. In den Fragebogen im Arbeitsdokument sind die Themen drin.

«Die Weltkirche kann es sich nicht leisten, diese zu enttäuschen.»

Sie glauben also, dass es im Oktober konkrete Ergebnisse geben wird?

Jeppesen-Spuhler: Ja. Daraufhin werden viele arbeiten, die sich im synodalen Prozess engagieren. Die Ausrufung des synodalen Prozesses durch Papst Franziskus hat schliesslich auch Erwartungen bei den Gläubigen geweckt. Die Weltkirche kann es sich nicht leisten, diese zu enttäuschen.

Sie waren bei der Kontinentalversammlung in Prag. Werden sie auch bei der Weltsynode in Rom dabei sein?

Jeppesen-Spuhler: Das weiss ich noch nicht. An der Pressekonferenz wurde gestern gesagt, dass die Liste der 80 Laien und Laiinnen, die im Oktober dabei sein werden, am 30. Juni vorgestellt wird. Ich hoffe auf viele Namen von jungen Menschen und mehr als 50 Prozent Frauen. Ob mein Name darunter ist, erfahre ich aber auch erst am 30. Juni.

* Helena Jeppesen-Spuhler arbeitet beim Hilfswerk Fastenaktion. Sie ist zudem in der Allianz Gleichwürdig Katholisch und im Catholic Women’s Council aktiv.


Helena Jeppesen-Spuhler, Mitarbeiterin des Hilfswerks Fastenaktion, beim synodalen Prozess in Prag. Sie ist nun an der Weltsynode in Rom. | © Björn Steinz/KNA
21. Juni 2023 | 17:23
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