Chefredaktor Charles Martig im Newsroom von kath.ch
In eigener Sache

Gericht verurteilt Journalistin: Es geht um die Pressefreiheit

Das Bezirksgericht Zürich hat eine Journalistin von kath.ch wegen übler Nachrede verurteilt. In dem Fall geht es um grundsätzliche Fragen der Pressefreiheit. Chefredaktor Charles Martig und das Team von kath.ch stehen hinter ihrer Kollegin und finden: Presseschaffende müssen über umstrittene Haltungen von öffentlichen Personen berichten können. Ein Kommentar «in eigener Sache».

Charles Martig

Das heutige Urteil des Bezirksgerichts Zürich bringt grundsätzliche Fragen auf den Tisch. Darunter diese: Wie gehen Schweizer Gerichte in Zukunft mit Journalistinnen und Journalisten um, die von finanziell gut ausgestatteten Klägern oder Klägerinnen mit Prozessen konfrontiert werden?

Seriöse Quellen

Worum geht es? In einem Artikel vom November 2022 hat eine Journalistin von kath.ch über einen öffentlich relevanten Vorfall berichtet: Ein deutscher Manager wurde vom Churer Generalvikar ausgeladen. Das geplante Referat des Managers vor der Dekanatsversammlung wurde abgesagt, nachdem sich verschiedene kirchliche Mitarbeitende irritiert gezeigt hatten ob der Gerüchte um seine politische Gesinnung.

Bezirksgericht Zürich
Bezirksgericht Zürich

Vor dem Bezirksgericht Zürich ging es heute um die Frage, ob und in welcher Form über die Gründe der Absage berichtet werden darf. Das Gericht kam heute zu dem Schluss, dass in dem konkreten Fall eine Verurteilung wegen übler Nachrede gerechtfertigt sei.

Das Team von kath.ch und ich als Chefredaktor stehen voll und ganz hinter unserer Kollegin. Sie hat im Auftrag der Redaktionsleitung gehandelt. Und sie hat sich für ihren Bericht auf glaubwürdige Quellen gestützt. Die Journalistin zitierte international anerkannte Leitmedien und Aussagen des amtierenden offiziellen Antisemitismus-Beauftragten des deutschen Bundeslands Baden-Württemberg.

Grosses Medieninteresse

Das vergleichsweise grosse Medieninteresse an dem Prozess – sda und Tamedia waren heute vor Ort – zeigt, dass es um mehr geht als den konkreten Fall. Es geht um die Frage, wo die Grenzen der Presse- und Informationsfreiheit liegen und wie eng die staatlich gesteckten Grenzen in Zukunft ausfallen. Diese Frage betrifft nicht nur kath.ch, sondern sämtliche Medien in der Schweiz.

Meiner Meinung nach ist es wichtig: Journalistinnen und Journalisten sollen über umstrittene Haltungen von öffentlichen Personen berichten können. Und sie sollen auch benennen, um was es konkret geht. In diesem Sinne hat die Journalistin von kath.ch ihren Auftrag ernst genommen. Ob die Verurteilung zu Recht geschehen ist, wird wohl das Obergericht Zürich klären müssen.


Chefredaktor Charles Martig im Newsroom von kath.ch | © Regula Pfeifer
23. Januar 2024 | 17:25
Lesezeit: ca. 1 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!