Ethan Hawke besuchte am Samstag das Zurich Film Festival
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Ethan Hawke: «Das Kino war schon immer die Kirche meiner Wahl»

Der US-Filmemacher Ethan Hawke war zu Besuch in Zürich. In einem Gespräch mit dem Publikum am Zurich Film Festival sprach er über seinen neuen Film «Wildcat», in dem der Glaube eine wichtige Rolle spielt und darüber, wie es um seine persönliche Religiosität bestellt ist.

«Als Teenagerin entdeckte meine Tochter Maya Flannery O’Connors ‹Gebets-Tagebuch›. Maya war von deren Tagebuch an Gott, das diese im Alter von 18 bis 22 Jahren führte, beeindruckt. Flannery O’Connor war eine junge Schriftstellerin, die in der Jim-Crow-Ära – also der Rassentrennungsgesetze – im Süden der USA aufwuchs, einer sehr turbulenten Zeit in der amerikanischen Geschichte. Sie war sich der Heuchelei um sie herum in Bezug auf christliche Werte sehr bewusst.

«Flannery O’Conners unerschütterlicher Glaube war ihr dabei immer etwas, an das sie sich halten konnte.»

Sie erkrankte an Lupus und dachte, sie würde daran sterben. Wir haben die Handlung im Film um diese Zeit herum angesetzt. Sie starb schlussendlich nicht an Lupus, war aber davon überzeugt, dass sie nur noch einige Monate zu leben hätte. Deshalb sind ihre Werke durchdrungen von diesem Sinn für Sterblichkeit, mit der sie in sehr jungen Jahren in Berührung kam. Sie betrachtete ihren Alltag und ihr Leben anders, als die meisten von uns es tun. Ihr unerschütterlicher Glaube war ihr dabei immer etwas, an das sie sich halten konnte. Etwas, das ihr Kraft gab.

Filmstill aus dem Film "Wildcat" in dem Maya Hawke die US-Schriftstellerin Flannery O'Connor spielt.
Filmstill aus dem Film "Wildcat" in dem Maya Hawke die US-Schriftstellerin Flannery O'Connor spielt.

Als junger Mann hatte ich selbst ein enormes Interesse an Spiritualität. Ich habe mich mit der Sinnsuche und Bedeutung des Lebens intensiv auseinandergesetzt. Als ich 50 Jahre alt wurde, kurz nachdem ich den Film ‹First Reformed› gedreht hatte, fiel mir das wieder ein und ich konnte nicht fassen, dass ich nie mehr darüber nachgedacht habe. Das fand ich sehr enttäuschend. Dann wurde mir aber klar, dass das nicht ganz richtig war. Meine spirituelle Energie ist immer durch meine Kunst geflossen. Durchs Filmemachen, Theater spielen oder Schreiben. Das ist die Manifestation meines inneren Lebens.

«Wir versuchen uns mit etwas zu verbinden, das sich für uns authentisch anfühlt. Darin liegt für mich der Glaube.»

Ich würde mich deshalb nicht als religiös bezeichnen. Doch ich denke, jeder Mensch sucht nach einem Sinn in seinem Leben. Dabei spielt es keine Rolle, woher wir kommen oder welcher Arbeit wir nachgehen. Am Ende zählt, was für Menschen wir sein wollen, was für Freunde, Ehepartner oder Elternteile. Wir versuchen uns mit etwas zu verbinden, das sich für uns authentisch anfühlt. Darin liegt für mich der Glaube und dieser muss nicht an ein Dogma geknüpft sein. Für mich war das Kino immer die Kirche meiner Wahl.»

Hollywood-Schauspieler und Regisseur Ethan Hawke sprach am Zurich Film Festival (ZFF) über seinen neuen Film «Wildcat», der dort Europapremiere feiert. In dem unkonventionellen Biopic spielt Hawkes Tochter Maya unter seiner Regie die US-amerikanische Schriftstellerin Flannery O’Connor, die überzeugte Katholikin war. Der Film läuft am ZFF nochmals am Mittwoch, den 4. Oktober und Freitag, den 6. Oktober. (sas)


Ethan Hawke besuchte am Samstag das Zurich Film Festival | © Joshua Sammer/Getty Images for ZFF
3. Oktober 2023 | 16:00
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