Eine glücklichen Zeiten: die Familie Klein.
Schweiz

«Er hat die ganze Welt geliebt»: Familie Klein trauert um geliebten Ehemann und Vater

Kurz vor Weihnachten hat Irina Klein (44) vom Tod ihres Mannes Christoph Klein (48) in den Bergen Patagoniens erfahren. Eine schreckliche Nachricht und ein Schicksal, mit dem sie und ihre drei Töchter nun weiterleben müssen. An Weihnachten sah sie einen orangen Schmetterling – für sie ein Zeichen von Christoph.

Wolfgang Holz

«Ich habe vom Tod meines Mannes am 19. Dezember von einer Bekannten erfahren», erzählt Irina Klein. Sie und ihre drei Töchter im Alter von 22, 19 und 15 Jahren seien absolut geschockt gewesen. Er sei auf einem Gletscherweg in Patagonien gestolpert, abgestürzt und tödlich verunglückt. 

«Christoph war kein leichtsinniger Mensch»

«Dabei waren er und sein Begleiter so vorsichtig gewesen. Sie hatten sowohl das Ziel als auch die geplante Tour aufgrund einer Lagebeurteilung verschoben», berichtet Irina Klein. Zudem verfügten sie über eine optimale Bergausrüstung sowie Satellitentelefon. «Den Notruf von Christoph erhielt ich über eine eigene Notruf-App. Patagonien war immer sein grosser Jugendtraum gewesen.»

Von links Mutter Ursula Klein, Schwiegermutter Valentina Nikitenko, Schwester Annegret Klein, Tochter Valeria, Tochter Alina, Tochter Christina, Christoph, Frau Irina.
Von links Mutter Ursula Klein, Schwiegermutter Valentina Nikitenko, Schwester Annegret Klein, Tochter Valeria, Tochter Alina, Tochter Christina, Christoph, Frau Irina.

Die Ehefrau von Christoph Klein, dem leidenschaftlichen Bergsteiger und Theologen, trauert ihrem liebevollen Mann nach, der anderen Menschen sehr viel geben konnte. Und auch das ist ihrer Familie wichtig: «Christoph war kein leichtsinniger Mensch, sondern sehr bedacht, erfahren, fit, gut ausgerüstet. Das Unglück geschah nicht irgendwo beim Klettern, sondern auf dem Rückweg, der ihn und seinen Partner sicher ins Tal bringen sollte.» 

23 Jahre Ehe

Bei aller Trauer kommen der Familie tröstende Bilder von Christoph in den Sinn: das Bild eines Mannes, der andere begeistern und mitreissen konnte. Das Bild eines liebevollen Ehemannes und Vaters, der die Herzen der Menschen berührte, denen er begegnete. 

Ein Bild aus glücklichen Tagen: die Familie Klein.
Ein Bild aus glücklichen Tagen: die Familie Klein.

Fast 23 Jahre war Irina Klein mit dem aus Deutschland stammenden Theologen und Seelsorger verheiratet. Eine intensive und wunderschöne Zeit. Eine Zeit harmonischen Familienlebens im St. Galler Rheintal.

Über die Weite der Natur und der Berge

«Am Anfang bin ich ein paar Mal mitgekommen auf Bergtouren», erzählt Irina Klein. Sie habe viele seiner Bergsteigerkollegen persönlich kennengelernt. «Ich bin dankbar, wie sehr auf den Zusammenhalt von Bergsteigerkollegen Verlass ist und wie sehr sie Verantwortung füreinander tragen. Der Einsatz der Bergretter für Christoph bewegt mich sehr.»

In den Bergen mit Christoph Klein.
In den Bergen mit Christoph Klein.

Sie erzählt weiter: «Wir sind mit der Familie sehr oft zusammen wandern gewesen, und auch unsere Töchter sind mit ihm in den Bergen geklettert.» Ihr Ehemann Christoph habe mit grosser Begeisterung die Welt in allen Facetten aufgenommen. Die Weite der Natur und der Berge habe ihn vieles in weiteren Horizonten sehen lassen. 

«Echte Hoffnung gibt es nur in aussichtslosen Lagen»

«Die Welt zu sehen und zu lieben und eben auch auf die Berge zu steigen, war sein Leben», sagt Irina Klein. Trost findet ihre Familie in den gehaltvollen Sätzen, die von Christoph stammen: «Jesus hatte keine Wunder-Shows zu bieten, sondern Einladungen, Gottvertrauen zu wagen. Ohne dieses entscheidende Wagnis, so armselig auch immer es unternommen wird, geht gar nichts.»

Auch Eisklettern war Christoph Kleins Leidenschaft.
Auch Eisklettern war Christoph Kleins Leidenschaft.

Christoph Klein habe weiter als andere geschaut, erzählt seine ursprünglich aus Moskau stammende Ehefrau. Er habe vieles in weiteren Horizonten gesehen. Von ihm sei auch der Gedanke: «Echte Hoffnung gibt es nur in aussichtslosen Lagen. Alles andere ist nicht Hoffnung, sondern nur Optimismus.»

Firma für Bergausrüstungen gegründet

Irina Klein sagt über ihren verstorbenen Mann: «Er war ein Mensch, der sehr intensiv gelebt hat. Er hatte so viele Träume. Er hat die ganze Welt geliebt. Er war so ein begeisterter und aktiver Mensch.» Sogar eine eigene Firma für Bergausrüstungen hat er gegründet.

Christoph Klein habe in das Herz anderer Menschen blicken können: «Wenn Christoph erlebte, dass ein Mensch in Not war, ging er nicht an ihm vorbei, sondern suchte gute Lösungen», sagt Irina Klein. «So wiegt sein Verlust umso schwerer, weil er so wertvoll war für die Menschen.»

Sie telefonierten noch einen Tag vor dem Tod

Christoph Klein ist auf einem Gletscherweg in Patagonien, im Grenzland zwischen Argentinien und Chile, gestolpert und tödlich abgestürzt. «Das hätte ihm auch hier in der Schweiz zustossen können», ist die Ehefrau überzeugt. Ihr Mann habe die Sicherungsmassnahmen getroffen, die diesem Gelände entsprachen. Er hatte Steigeisen, Eispickel und Seile dabei.

Hier war Christoph Klein unterwegs: Der "Cerro Torre" gilt als einer der schwierigsten und zugleich schönsten Gipfel der Welt.
Hier war Christoph Klein unterwegs: Der "Cerro Torre" gilt als einer der schwierigsten und zugleich schönsten Gipfel der Welt.

«Ich habe mit ihm noch am 18. Dezember am Telefon gesprochen. Er hörte sich sehr motiviert an, sprach von einer eventuellen Übernachtung im Basislager am Bergfuss. Alles schien gut», berichtet Irina Klein. 

«Der Leichnam wird in Patagonien eingeäschert»

Nun gehe es darum, den Leichnam ihres Ehemanns zu bergen. Was offenbar schwierig ist, denn er ist im Grenzgebiet zwischen zwei Ländern verunglückt. Welches Land ist für die Bergung zuständig? Hier braucht es diplomatischer Zuständigkeitsklärungen. «Er wird entweder per Helikopter von chilenischer Seite oder per Fusstrupp von argentinischer Seite geborgen», sagt Irina Klein. Die Frage ist nur, wann das geschehen kann. Eine ungewisse Zeit des Wartens steht der Familie bevor. 

«Der Leichnam wird in Patagonien eingeäschert. Ich hoffe, dass ich dann bald seine Asche erhalte, damit Christoph hier in die Schweiz zurückkehrt», meint Irina Klein. Der Ort der Beisetzung ist im Moment noch nicht klar, vielleicht in Bayern im Familiengrab seines Vaters. 

«Wir sind keine Stunde allein»

Irina Klein sagt: «Eine Freundin tröstete mich damit: Hätte Christoph wählen können, irgendwann krebskrank im Bett oder in den Bergen zu sterben – er hätte bestimmt die Berge vorgezogen.»

In den nächsten Wochen, irgendwann im Januar, möchte die Familie von Christoph Klein einen «Tag der offenen Tür» zu Hause in Altstätten veranstalten. «Damit wir gemeinsam mit Freunden und Bekannten von Christoph Abschied nehmen können.» Im Augenblick erhält Irina Klein viel Zuspruch und Trost von Freundinnen und Freunden. «Wir sind keine Stunde allein.» 

Auferstehung an Weihnachten

Und wie geht es nun weiter für sie persönlich? «Das weiss ich nicht», sagt Irina Klein traurig. Sie ist überzeugt, dass sie ein positives Zeichen von Christoph Klein empfangen habe. «Am Weihnachtstag flatterte nämlich ein oranger Schmetterling direkt vor der Fensterscheibe. Und Orange ist meine und Christophs Lieblingsfarbe.» 

Achim Pasold, ein Weggefährte Christoph Kleins, bittet im Internet um Spenden: «Für die Bergung von Christoph Klein und zur Unterstützung seiner Familie.»


Eine glücklichen Zeiten: die Familie Klein. | © zVg
28. Dezember 2022 | 18:21
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