Silvia Balmer Tomassini von der Katholischen Kirche m Aargau
Schweiz

Silvia Balmer über Pfarrei-Praktika: «Die Arbeit in den Pastoralräumen ist so vielfältig»

Erleben, was im Religionsunterricht passiert? Im Jugendtreff mithelfen oder die Seelsorgerin beim Trauerkaffee begleiten? Die katholische Kirche im Kanton Aargau bietet Interessierten Praktika und Schnupperlehren in Pfarreien an. Laut Silvia Balmer, Mitarbeiterin der Fachstelle Katechese-Medien, will die Kirche mit dieser Aktion ihre Türen öffnen.

Wolfgang Holz

Frau Balmer, die katholische Kirche bietet Interessierten Praktika in Pfarreien an. Warum gibt es eigentlich kein «Pfarrerpraktikum», bei dem man dem Pfarrer bei seiner Arbeit über die Schulter schauen kann?

Silvia Balmer: Das Schnupperpraktikum soll eben gerade sein, dass man dem Pfarrer bei der Arbeit über die Schultern schauen kann. Ihm, der Pfarreiseelsorgerin und allen anderen im Team. Oft sind die Ideen und Vorstellungen, welche die Pfarreimitglieder und auch andere von der Pfarreiarbeit haben, weit von der Realität entfernt.

Vorbereitung zum Gottesdienst: Sakristan zündet Kerzen an
Vorbereitung zum Gottesdienst: Sakristan zündet Kerzen an

Einmal bei einer Teamsitzung dabei zu sein, zu erleben, wie lebendig und vielfältig die Arbeit auf dem Sekretariat, beim Sozialarbeiter oder der Katechetin ist und was es braucht, bis eine Beerdigung vorbereitet ist – dies soll das Praktikum ermöglichen.

«Es gibt noch Leute, die meinen, der Pfarrer hätte nicht anderes zu tun, als die Sonntagspredigt vorzubereiten.»

Sie wollen weitere Praktikumspfarreien gewinnen. Wie viele machen schon mit und weshalb?

Balmer: Wir haben schon sieben Pastoralräume beziehungsweise Pfarreien aus dem Aargau im Team. Sie machen mit, weil sie sich gerne über die Schultern schauen lassen. Weil sie Freude haben an der täglichen Arbeit mit den Menschen und für die Menschen in ihren Pfarreien.

Die Kirche öffnen und alte Rituale wiederentdecken: Christian Walti während der Sonntagspredigt in der Friedenskirche Bern
Die Kirche öffnen und alte Rituale wiederentdecken: Christian Walti während der Sonntagspredigt in der Friedenskirche Bern

Und vielleicht auch, weil sie immer wieder auch merken, dass es noch Leute gibt, die meinen, der Pfarrer hätte nicht anderes zu tun, als die Sonntagspredigt vorzubereiten. Die Arbeit in den Pastoralräumen ist vielfältig und manchmal auch herausfordernd. Das dürfen interessierte Menschen ein wenig mitbekommen in einem Praktikum.

«Aber unser Angebot ist nicht primär darauf aus, Menschen für kirchliche Berufe zu rekrutieren.»

Besteht ein Mangel Berufsleuten wie Sigristinnen, Sozialarbeiter und Katechetinnen?

Balmer: Es gibt nicht nur zu wenig Theologinnen und Theologen, es fehlen auch Katechetinnen und Katecheten, Religionspädagogen sowie Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter.

Schüler im Religionsunterricht
Schüler im Religionsunterricht

Aber unser Angebot ist nicht primär darauf aus, Menschen für kirchliche Berufe zu rekrutieren, sondern wir wollen die Türen öffnen, um unsere Arbeit zu zeigen. Natürlich dürfen sich auch Menschen melden, die Gedanken an einen Wechsel zu einem kirchlichen Beruf haben und sich mit dem Praktikum einen Einblick verschaffen wollen.

Wer kann an solchen Praktika teilnehmen – gibt es Altersbeschränkungen oder Qualifikationsvoraussetzungen?

Balmer: Auf unseren Flyern steht ganz klar: Alle, die interessiert und neugierig sind, können ein Praktikum absolvieren. Lanciert haben dieses Projekt übrigens die beiden Fachstellen Katechese-Medien sowie Jugend und Junge Erwachsene zusammen.

Was für Leute haben sich bisher für Praktika gemeldet?

Balmer: Es haben sich zum Beispiel Menschen gemeldet, die ein Zwischenjahr machen und etwas Zeit haben.

Mini-Dienst in Arlesheim: Carla Hagenbach (3.v.r.) ist Scharleiterin
Mini-Dienst in Arlesheim: Carla Hagenbach (3.v.r.) ist Scharleiterin

Menschen in Umbruchsituationen, die mal schauen wollen, ob eine Arbeit im kirchlichen Umfeld etwas für sie wäre. Kantonsschülerinnen und Kantonsschüler, die ein Sozialpraktika absolvieren müssen und dies gerne in einer Pfarrei machen möchten. Ehemalige Ministranten nach der Matura, die noch nicht wissen, wohin der Weg sie führen soll…

«Ich wünsche mir, dass es ein langsames und stetiges Angebot sein darf, das vor allem auch durchs Weitersagen lebt.»

Haben sich denn schon zahlreiche, interessierte Personen angemeldet?

Balmer: Unser Projekt läuft erst seit diesem Sommer und wir haben schon einige interessierte Personen vermittelt. Ich wünsche mir, dass es ein langsames und stetiges Angebot sein darf, das vor allem auch durchs Weitersagen lebt. Und wir alle von der Landeskirche und den Pastoralräumen freuen uns auf gute Praktika, weil es auch spannend ist, wenn jemand von aussen einen Blick auf die Arbeit wirft und ein Feedback gibt.

Wer kann diese Schnupperlehre absolvieren? Angesprochen sind laut Landeskirche «alle Menschen aller Geschlechter ab 14 Jahren». Es braucht keine Voraussetzungen, ausser «Neugierde und Offenheit». Interessierte finden weitere Informationen unter www.kathaargau.ch/ausbildung. Ebenfalls möglich ist der Kontakt via Mail praktika@kathaargau.ch. Das Interview wurde schriftlich geführt.


Silvia Balmer Tomassini von der Katholischen Kirche m Aargau | © zVg
7. September 2023 | 14:00
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