Bischof Charles Morerod
Schweiz

Bischof Morerod ruft Missbrauchsopfer der Gemeinschaft Verbe de Vie zur Meldung auf

Die Gemeinschaft Verbe de Vie wird wegen «ernsthaften und systembedingten Störungen» aufgelöst, wie im Juni bekannt wurde. Nun ruft der Westschweizer Bischof Charles Morerod auf, mögliche Fälle von spirituellem oder sexuellem Missbrauch zu melden.

Barbara Ludwig

Bischof Charles Morerod ruft ehemalige und aktuelle Mitglieder sowie Freunde der Freiburger Niederlassung der Gemeinschaft Verbe de Vie auf, mögliche Fälle von spirituellem oder sexuellem Missbrauch in der Gemeinschaft der Polizei oder dem Bistum zu melden. Dies teilte die Kommunikationsabteilung des Bistums Lausanne, Genf und Freiburg am Mittwoch mit.

Nicht verjährte Fälle der Polizei melden

Bei nicht verjährten Straftaten solle man sich an die Polizei wenden. Bei Vorfällen, die nicht strafrechtlich relevant oder verjährt seien, an das Bistum. Laut Mitteilung kümmert sich ein Team von Psychologen um Mitglieder, die von Missbrauch betroffen sind. Informationen dazu gibt auf der Webseite der Gemeinschaft.

Priester suspendiert

Ein Priester, der der Gemeinschaft angehört und im Bistum Lausanne, Genf und Freiburg inkardiniert ist, sei teilweise und vorübergehend von seinem Amt suspendiert worden, heisst es in der Mitteilung weiter. Der Betreffende habe sein Amt seit einigen Jahren im Ausland ausgeübt. Bevor ein Gerichtsurteil gefällt werde, werde man keine weiteren Informationen zu diesem Fall kommunizieren.

Neue Geistliche Gemeinschaft

Die charismatische Gemeinschaft Verbe de Vie hat in Belgien, Frankreich und der Schweiz Niederlassungen. Im Kanton Freiburg führt sie seit 1993 das Haus Saint-Dominique in Pensier. Verbe de Vie zählt zu den sogenannten Neuen Geistlichen Gemeinschaften, in die vor allem Papst Johannes Paul II. grosse Hoffnungen für eine kirchliche Neubelebung setzte. Kirchenrechtlich ist sie dem Erzbistum Mecheln-Brüssel angegliedert. In den Gemeinschaften leben Familien, zölibatär lebende Laien und geweihte Personen zusammen.

«Schwerwiegende und systemische Störungen»

Am 24. Juni entschied der Brüsseler Kardinal Jozef De Kesel, die Gemeinschaft per 1. Juli 2023 aufzulösen. Eine bischöfliche Überprüfung, die von Januar bis April erfolgte, hatte «schwerwiegende und systemische Störungen» zutage gebracht. Die drei mit der Prüfung beauftragten Visitatoren hörten laut einem Bericht der Tageszeitung «La Croix» mehr als 200 Menschen an und hätten dabei «schwerwiegende und systemische Störungen» beobachtet. Innerhalb von 30 Jahren haben 240 Mitglieder die Gemeinschaft verlassen.

Manipulativer Umgang mit Mitgliedern

Laut der französischen Wochenzeitung «La Vie» hätten die Visitatoren insbesondere bemerkt, dass «die Verantwortlichen für Verbe de Vie alles getan haben, um die Wahrheit vor den Bischöfen zu verbergen und sie zu manipulieren». Dem Gründerpaar und seinen engen Mitarbeitern wird laut den Berichten ein manipulativer Umgang mit den Mitgliedern vorgeworfen. Mit der Verwaltung der Gemeinschaft ist der Bischof von Châlons (F), François Touvet, bis zu ihrer Auflösung beauftragt.


Bischof Charles Morerod | © Bernard Hallet
7. Juli 2022 | 16:37
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